ONLINE KI in der Verwaltung Paradigmenwechsel oder netter Bonus? Wie jede neue Technologie benötigt auch künstliche Intelligenz gewisse Spielregeln, damit sie Gesellschaft und Wirtschaft voranbringt und nicht schädigt. Dieser Rahmen soll jetzt durch den EU AI Act abgesteckt werden. Expertinnen und Experten aus Europapolitik und Digitalisierung erklären, was KI in der Verwaltung kann und im Einklang mit den EU-Regeln können darf. Im Dezember 2023 hatten sich der Europäische Rat und das Europäische Parlament nach zähem Ringen auf einen Kompromiss beim AI Act geeinigt. Grundlegend sieht die EU vor, KI-basierte Anwendungen in drei Risikostufen einzuteilen: minimales Risiko, hohes Risiko und unannehmbares Risiko für die Rechte und Sicherheit der europäischen Bürgerinnen und Bürger. Anhand der Kategorisierung gelten für die Anwendung unterschiedliche Anforderungen. Auch deutsche Behörden überlegen bereits, wie sie KI am besten nutzen können. Dabei haben sich drei große Anwendungsbereiche herauskristallisiert: Kommunikation mit Kundinnen und Kunden, Routineaufgaben übernehmen und Übersetzen. Das soll die Kolleginnen und Kollegen entlasten, die dadurch mehr Zeit haben, sich komplexeren Aufgaben zu widmen. KI ist zudem sehr gut darin, große Datensätze auszuwerten, was in der Verwaltungsarbeit ebenfalls hilfreich sein kann. Das Ziel ist, dem Fachkräftemangel durch „KI-Kollegen“ entgegenzuwirken. „KI kann zum Beispiel für Tools wie Antragsassistenten genutzt werden, die Prozesse in einfache Sprache übersetzen und zugänglicher machen“, erklärt Geraldine de Bastion, Co-Gründerin und Leiterin des Beratungsunternehmens Konnektiv, das unter anderem das Bundesministerium für Arbeit und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit zur digitalen Transformation berät. „KI kann genutzt werden, um die Beantwortung repetitiver Anfragen zu vereinfachen oder, wenn entsprechende Daten zur Verfügung stehen, um konkrete Prozesse wie Verkehrsplanung zu unterstützen.“ Als Beispiel nennt sie das Programm „F13“, welches die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der badenwürttembergischen Landesverwaltung schon seit einigen Monaten nutzen. Das KI-gestützte Programm kann aus langen Texten verständliche Zusammenfassungen erstellen oder in der Textdatenbank recherchieren. In den 20 Ländern, aus denen 2022 die meisten Menschen nach Deutschland eingewandert sind, werden über 20 verschiedene Sprachen gesprochen. Wenn die Deutsch- oder Englischkenntnisse der Einreisenden nicht ausreichen, kann KI als Übersetzungshilfe herangezogen werden. Alle, die bereits mit Übersetzungssoftware – mit KI oder ohne – gearbeitet haben, wissen allerdings, dass deren Ergebnisse oft mit Vorsicht zu genießen sind. Gerade das berüchtigte Behördendeutsch kann die Übersetzung zu einer Herausforderung machen. Doch auch hier kann KI helfen: Das bayerische KI-Start-up SUMM AI entwickelt eine KI, die die amtssprachlichen Brocken in leicht verdauliche Häppchen in einfacher Sprache umwandelt. Wenn künstliche Intelligenz menschliche Fehler macht Philipp Otto, Geschäftsführer des Digitalisierungs-Thinktanks iRights, gibt jedoch zu bedenken, dass KI kein Allheilmittel für bestehende Probleme ist. „KI-Systeme verarbeiten bestehende Daten und Informationen und sind deshalb immer ein Abbild © Alexander Mils/Unsplash.com 24 FOKUS dbb magazin | Januar/Februar 2024
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