dbb magazin 1-2/2024

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat das Streikverbot für Beamtinnen und Beamte in Deutschland am 14. Dezember 2023 bestätigt. Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „dbb forum ÖFFENTLICHER DIENST digital“ diskutierte dbb Chef Ulrich Silberbach am 24. Januar 2024 mit dem renommierten Europa- und Beamtenrechtler Prof. Dr. iur. Matthias Pechstein von der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder), der den dbb in Straßburg vertreten hatte. Seit Ende 2018 waren beim EGMR Individualbeschwerden von vier Lehrkräften anhängig, die zur relevanten Zeit an Schulen in verschiedenen Bundesländern als Beamtinnen und Beamte tätig waren. Sie hatten trotz eindeutigen Streikverbots für alle Berufsbeamtinnen und -beamten in Deutschland in den Jahren 2009 und 2010 an gewerkschaftlichen Streikmaßnahmen während der Unterrichtszeit teilgenommen. Die Verfahren richteten sich gegen die Bundesrepublik Deutschland und wurden von der DGB-­ Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) durch Rechtsschutz unterstützt. In der Klage wurde die Ansicht vertreten, Rechte aus der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) seien verletzt worden: Das Streikverbot für Beamtinnen und Beamte sei gesetzlich nicht vorgesehen, unverhältnismäßig und im Vergleich zu angestellten Lehrerinnen und Lehrern diskriminierend. Bereits vor dem Urteil des EGMR hatte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) im Jahr 2018 klar, eindeutig und umfassend entschieden, dass das Streikverbot für deutsche Beamtinnen und Beamte verfassungsgemäß und europarechtlich rechtmäßig ist, und damit die Rechtsauffassung des dbb bestätigt. Demnach ist das beamtenrechtliche Streikverbot eng verknüpft mit den verfassungsrechtlichen Fundamenten des deutschen Berufsbeamtentums, insbesondere dem Dienst- und Treueverhältnis, dem Lebenszeitprinzip und dem Alimentationsprinzip. Dieses wechselseitige System lässt „Rosinenpickerei“ nicht zu. Das BVerfG hat darüber hinaus klargestellt, dass das Streikverbot mit dem Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes vereinbar ist sowie explizit mit der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte im Einklang steht. Wegweisendes Urteil In der Diskussion mit Matthias Pechstein bezeichnete Silberbach das Urteil als „Erfolg auf ganzer Linie“. Es sei richtig und wichtig, dass der dbb vor dem EGMR klar Stellung bezogen und das Wesensmerkmal des Streikverbots für das deutsche Berufsbeamtentum herausgestellt habe: „Die Entscheidung der Richterinnen und Richter in Straßburg deckt sich in allen relevanten Punkten mit den Feststellungen des deutschen Bundesverfassungsgerichts und den rechtlichen und gewerkschaftspolitischen Einordnungen des dbb. Darüber freue ich mich ganz besonders“, sagte Silberbach. „Beamte haben so wichtige Aufgaben für die Funktionsfähigkeit des Staates auf allen seinen Ebenen, dass dort nicht gestreikt werden darf. Als Beamtinnen und Beamte hätten auch diese Lehrkräfte ihre Arbeit nicht niederDBB FORUM Prof. Dr. iur. Matthias Pechstein, Moderatorin Ines Arland und Ulrich Silberbach (von links). dbb forum ÖFFENTLICHER DIENST digital Deutsches Berufsbeamtentum und Menschenrechte – gab’s da ein Problem? © Jan Brenner (2) 30 INTERN dbb magazin | Januar/Februar 2024

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