dbb magazin 3/2024

dem Schwermetall vergiftet hätte. Extrem auch: Weihnachtsbeleuchtung, die eine große deutsche Supermarktkette im vergangenen Jahr verkaufen wollte. Beim Anschließen hätte es unmittelbar einen Stromschlag gegeben. „Nicht auszumalen, was passiert wäre, wenn wir das nicht entdeckt hätten.“ Nicht gefährlich, aber ärgerlich ist für Unternehmen der Handel mit gefälschten Markenprodukten, da er immensen wirtschaftlichen Schaden verursacht. Laut Statistik beschlagnahmte der Zoll im Jahr 2022 Waren im Wert von knapp 435 Millionen Euro. Auch für dieses Phänomen beherbergt die Sammlung des Zollamts zahlreiche Beispiele. Böhm deutet auf die Kleiderständer in der Ecke des Raumes: „Grundsätzlich gibt es geschützte Namen und geschützte Bildzeichen“, erklärt er. Geschützt sind also nicht bloß die Namen „Adidas“ und „Nike“, sondern auch die zugehörigen drei Streifen und der Haken. Die Verletzung des Markenrechts ist vor allem ein Problem im Internethandel. Am BER stellt der Zoll jährlich 40 bis 50 Tonnen gefälschte Kleidung sicher. Wer online kauft, sollte nur bei seriösen Anbietern bestellen. Sonst drohe Post von Anwälten, die eine Unterlassungserklärung einfordern, berichtet der Zöllner. Die fällige Gebühr könne durchaus 4 000 Euro betragen. Anders verhält es sich, wenn jemand ein gefälschtes Markenprodukt aus dem Urlaub mitbringt. In diesem Fall sind keine Konsequenzen zu befürchten. „Aber nur, wenn kein gewerblicher Zweck dahintersteckt.“ Markenpiraterie betrifft jedoch nicht nur Kleidung: Einmal werden die Berliner Zöllner bei Bausätzen von Comicfiguren misstrauisch. Auf der Verpackung sind Iron Man, Optimus Prime, Alien und Predator abgedruckt. Eine Nachfrage beim Markeninhaber ergibt: Die Bilder von der Verpackung reichen nicht, um zu entscheiden, ob eine Urheberrechtsverletzung vorliegt. „Da blieb uns nichts anderes übrig, als die Figuren zusammenzubauen“, erzählt Böhm, der selbst Comicfan ist, und lacht. Die Kollegen seien sehr motiviert bei der Sache gewesen. Ergebnis: Es handelte sich tatsächlich um eine Urheberrechtsverletzung. Der Anbieter der Bausätze hatte keine Genehmigung der Markeninhaber eingeholt. Wenn der DFB anruft Ganz oben auf einem Regal thront eine Nachbildung des FIFAWM-Pokals. Böhm greift die Trophäe, Erinnerungen werden wach. Ob es sich dabei ebenfalls um eine Markenfälschung handelt? Nein, dahinter verbirgt sich eine ganz andere Geschichte: Juli 2014, die deutsche Fußballnationalmannschaft hat gerade die Weltmeisterschaft in Brasilien gewonnen. Beim Zoll in Tegel klingelt das Telefon. Dran ist jemand vom Deutschen Fußballbund, der die Ankunft des Siegerfliegers organisiert. Es geht um die Zollanmeldung für die Siegertrophäe – also um die Nachbildung, denn das Original ist so wertvoll, dass die Mannschaft es nach der Siegesfeier wieder abgeben muss. Die Sache ist schnell geregelt. Doch später klingelt das Telefon erneut: „Herr Böhm, wir kommen mit dem Original“, heißt es. „Ne, ihr könnt doch nicht mit dem Original kommen!“, antwortet Böhm. „Wieso überhaupt?“ Die Erklärung: Ein Fußballer – den Namen verrät der Zöllner nicht – habe die Trophäe mit aufs Hotelzimmer genommen und sei damit eingeschlafen. Was nun? Zollrechtlich lässt sich die Situation mit einem sogenannten Verwendungsschein lösen. Aber dann klingelt das Telefon wieder: „Herr Böhm, wir kommen doch mit der Kopie. Wir sind ins Zimmer geschlichen und haben das Original geholt.“ Als Dankeschön für die Organisation – und das damit verbundene Wirrwarr – hat der DFB dem Zoll die Kunststoffnachbildung der Trophäe geschenkt. Mutmaßlich der einzig legale Gegenstand, der es in die Sammlung des Zollamts am Flughafen geschafft hat. cdi Das Warenaufkommen steigt kontinuierlich Die Schwerpunkte der Arbeit richten sich nach den Flugverbindungen – weil die meiste Luftfracht aus Fernost kommt, fokussiert sich der Zoll am Flughafen Berlin Brandenburg vor allem auf Produktsicherheit und die Wahrung von Markenrechten. Der Artenschutz hingegen spielt nur eine geringe Rolle, weil es kaum Flugverbindungen von Afrika und Südamerika nach Berlin gibt. Aktuell sehen sich die 45 Mitarbeitenden mit einem erhöhten Warenaufkommen konfrontiert: Bis zum Sommer 2023 mussten sie 300 bis 350 Pakete am Tag abfertigen, inzwischen sind es etwa 2 500. Um die Aufgaben zu bewältigen, erfolgen Neueinstellungen. „Wenn das neue Personal da ist, sehe ich uns in der Lage, die Paketmenge zu bewältigen“, sagt Zollamtsleiter Christian Böhm. Bestimmte Risikoparameter, etwa Herkunftsländer und Empfänger, ermöglichen zielgerichtete Kontrollen. Mithilfe eines modernen Röntgengeräts lassen sich Sendungen zeiteffizient prüfen. „Natürlich ist auch immer das Bauchgefühl der Beamtinnen und Beamten von Bedeutung.“ Das Zollamt am Flughafen BER Eine legendäre Trophäe mit nicht minder legendärer Zollgeschichte. 16 FOKUS dbb magazin | März 2024

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