dbb magazin 4/2024

Wie die Verteilmasse zustande kommt, ist jedem Bundesland selbst überlassen. Es haben sich mehrere Modelle etabliert: Die meisten Bundesländer nutzen das Verbundquotenmodell, bei dem die Verteilung über Quoten geregelt ist. Ein paar Bundesländer berücksichtigen die gesamten Einnahmen von Kommunen und Land sowie die Belastungen der Aufgabenerfüllung. Hessen und Sachsen sind die Exoten: Nur Hessen nutzt ein Verstetigungsmodell, bei dem mögliche Schwankungen in der Verbundmasse durch einen Stabilitätsfonds abgefedert werden. Sachsen nutzt als einziges Bundesland das Bedarfssystem, bei dem die Menge und die Verwendung der finanziellen Ausstattung rein von der Leistungsfähigkeit der Kommune abhängig sind, welche jährlich ermittelt wird. Keins dieser Modelle ist das objektiv beste, da jedes seine Vor- und Nachteile hat. Die individuelle Ausgestaltung der Verteilung würde für diesen Artikel den Rahmen sprengen. Frust-Hotspot Rheinland-Pfalz Wie eingangs erwähnt, steht Rheinland-Pfalz im Zentrum des Unmuts über den KFA. Das Land hat im September 2022 seinen neuen Finanzausgleich vorgestellt, nach dem der alte vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig eingestuft wurde. Geklagt hatten 2020 die Stadt Pirmasens und der Landkreis Kaiserslautern, da die Anforderungen und Aufgaben der Kommunen gestiegen waren und die Finanzierung durch das Land dafür nicht mehr ausreichte. Das neue Paket enthält circa 275 Millionen Euro mehr für die Kommunen. Trotzdem ebbte der Protest gegen den Haushalt nicht ab. Vier Landkreise, darunter wieder Kaiserslautern, monierten gemeinsam neben den zu geringen finanziellen Mitteln die fehlende Transparenz bei der Mittelverteilung. Besonders prekär: Das neue Landesfinanzausgleichsgesetz sieht vor, dass Kommunen einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen müssen, was sie im Falle von Schulden aber nicht können. Deswegen traten 2023 in gleich zwei Gemeinden (Bosenbach und Freisbach) Bürgermeister und Gemeinderat geschlossen zurück. Die Möglichkeit, ihre Einnahmen durch die Erhöhung der Steuern zu steigern, hatten sie abgelehnt. Wie stark manche Kommunen auf das Geld aus dem KFA angewiesen sind, zeigt ein junges Beispiel – ebenfalls aus RheinlandPfalz: Da die Auszahlungssoftware wegen des neuen KFA neu programmiert werden musste und nicht rechtzeitig fertig wurde, erhielten die Kommunen die Zahlung erst einige Monate später. 17 der 24 Landkreise mussten daraufhin zusammengerechnet fast eine Million Euro an Krediten aufnehmen. Der Grund, warum das gerade in Rheinland-Pfalz so problematisch ist und bei vielen Gemeinden zu Frust führt, liegt an der hohen Verschuldung der Gemeinden. In kaum einem anderen Bundesland schreiben so viele Gemeinden rote Zahlen wie hier; rheinland-pfälzische Städte und Landkreise belegen regelmäßig die Spitzenplätze im Ranking der höchsten Verschuldung – darunter auch die Landkreise, die gegen den alten KFA geklagt hatten. Die Zahlungen, die die Gemeinden erhalten, werden häufig direkt von den Schulden geschluckt – ohne die Verschuldung maßgeblich zu reduzieren. Kommunaler Zündstoff Rheinland-Pfalz ist ein Extrembeispiel, in den anderen Bundesländern funktioniert der KFA (bisher) relativ geräuschlos. Wie zufrieden die Kommunen mit dem KFA sind, lässt sich allerdings schwer ermitteln. Einerseits will natürlich keine Empfängerkommune im Wettkampf um die Gelder zugeben, dass sie genug hat. Andererseits gibt es auch für die Geberkommunen keinen Anreiz, mehr zu geben als notwendig. Da die genaue Ausgestaltung der vertikalen Verteilung nicht genau geregelt ist, sorgt diese oft für Streit zwischen den Ebenen. Diese Konflikte gehen häufig bis zum jeweils zuständigen Verfassungsgericht. Mit der angespannten Haushaltslage in den Kommunen werden die Diskussionen über den KFA immer wieder hochkochen. Um das zu vermeiden, ist laut Hemsing jedoch eine grundsätzliche Neuregelung der kommunalen Finanzausstattung notwendig: „Der KFA sollte die gleichwertigen Lebensverhältnisse als Ziel haben. Für die immer steigende Aufgabenlast der Kommunen – 25 Prozent der staatlichen Aufgabenerledigung wird von den Kommunen getragen und nur 14 Prozent des Steuereinkommens kommt bei den Kommunen an – ist eine grundsätzliche Änderung der kommunalen Finanzierung notwendig. Jede staatliche Aufgabe muss in der Gebietskörperschaft, die diese prägt, direkt und ausreichend finanziert sein.“ Gleichzeitig müssen die Landesregierungen bei den Beschlüssen der Zuteilungen mehr auf die Kommunen zugehen. Auch die Bundespolitik hat den Handlungsbedarf mittlerweile erkannt: So hat sich der Finanzausschuss des Bundestages Mitte März für eine Änderung des Gemeindefinanzreformgesetzes ausgesprochen. dsc © Erdacht mit KI FOKUS 15 dbb magazin | April 2024

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