straße verlaufende und durch die Französische Straße geteilte Riegel, der einmal der Stammsitz der Deutschen Bank war und zu DDR-Zeiten vom Ministerium des Innern genutzt wurde. Ältere Ostberliner erinnern sich an einen düsteren, hermetisch abgeriegelten, geradezu feindselig wirkenden, klotzigen Bau. Das stark sanierungsbedürftige Gebäude wurde nach einer Phase der Zwischennutzung ab 2017 ertüchtigt, weil das Bundesgesundheitsministerium Bedarf angemeldet hatte. In einen zweiten Gebäudeteil ist nun das Bundesfamilienministerium eingezogen. Das Bauvorhaben in Kooperation mit den Unternehmen Hochtief und Zech hatte mit erheblichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Die Größenordnung der zu entsorgenden Schadstoffe war viel zu niedrig eingeschätzt worden: Es tauchten mehr mit Teer abgedichtete Decken auf als angenommen. Und der Schwarzschimmel- befall war wesentlich weiter fortgeschritten als vermutet. Während der Tiefbauarbeiten wurde ein weiteres Kellergeschoss entdeckt. Und nicht zu vergessen: die Coronapandemie und die Baupreissteigerungen infolge des Krieges in der Ukraine. Und dennoch nennt Reuß das Projekt ein „totales Erfolgsmodell“. Die gesamte Gebäudetechnik ist auf dem neuesten Stand. Die zum Zeitpunkt der Planung der Gebäudesanierung geltende Energieeinsparverordnung (EnEV) wird übererfüllt, die EGB40, und das ist die Crux, jedoch nicht. „Wir haben auch eine Verpflichtung gegenüber einem Gebäude. Und das ist uns hier mustergültig gelungen“, unterstreicht Reuß. Jeder, der das Gebäude besichtigen kann, wird das bestätigen. Ein helles, freundliches Haus. Um die Orientierung in dem sich um mehrere Innenhöfe gruppierenden Komplex nicht zu verlieren, wurden in den Ecken des Blocks auf allen Etagen unterschiedlich farbige Meeting Points geschaffen. Auf dem Dach befindet sich eine Kita. Im Bereich einer früheren Kassenhalle liegt unter einer Glaskuppel die Cafeteria des Hauses. In das bestehende Gebäude ist ein ganzer Gebäudeteil eingefügt worden, den man von außen gar nicht sieht. Selbstverständlich ist das Gebäude für Rollstuhlfahrer barrierefrei befahrbar und es gibt ein Wegeleitsystem für Blinde. Besondere Sorgfalt ist auf die denkmalgerechte Sanierung der erhaltenen Originalbauteile des Hauses gelegt worden. Der Paternoster aus DDR-Zeiten ist erhalten worden – wenn er auch nur von Menschen mit Paternoster-Führerschein genutzt werden darf. Die Treppenhäuser aus unterschiedlichen Epochen wurden restauriert – bis zu sieben Farbschichten mussten dafür an den Treppengeländern entfernt werden. Letztere erhielten zusätzliche normgerechte Sicherungen, weil sie zu niedrig waren. Nicht nur im wiederhergestellten Versammlungssaal von Franz Ehrlich aus den Fünfzigerjahren, sondern überall im Gebäude sind Kunstwerke in die Innenarchitektur eingebunden, zum Beispiel eine Installation der Künstler Hartmann und Paul, die Ludwig Wittgenstein zitiert: „Die Welt des Glücklichen ist eine andere als die des Unglücklichen.“ Wie man an der Geschichte des Hauses gut erkennen kann. ada „Wir haben auch eine Verpflichtung gegenüber einem Gebäude. Und das ist uns hier mustergültig gelungen.“ Manfred Reuß Die Meeting Points in unterschiedlichen Farben sollen bei der Orientierung im Gebäude helfen. Auch Baudetails der DDR-Nachkriegssanierung wie Heizungsverkleidungen und Deckenleuchten wurden integriert. Das Blindenleitsystem des Gebäudes. © Anke Adamik (3) © HOCHTIEF Die Handläufe der Geländer mussten normgerecht erhöht werden. 18 FOKUS dbb magazin | April 2024
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