nalisieren und pauschale Verdächtigungen aussprechen, sondern die wirklich Kriminellen identifizieren.“ Seine Rede schloss der Finanzministerminister mit den Worten: „Mit diesem Gesetzentwurf zeigen wir der organisierten Finanzkriminalität die Rote Karte, denn wir machen unsere Behörden schlagkräftiger.“ Ob das so ist? Werden die Behörden durch die Reform schlagkräftiger? Die Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft (BDZ), Deutsche Steuer-Gewerkschaft (DSTG) und Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG), die sich unter dem Dach des dbb mit dem Vorhaben befassen, sind skeptisch und üben scharfe Kritik. Sie fordern deutliche Nachbesserungen – teils auch gänzlich andere Wege, um die Finanzkriminalität zu bekämpfen. BDZ: Beweislastumkehr einführen Thomas Liebel, Vorsitzender des BDZ Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft, sieht in der neuen Behörde BBF zwar grundsätzlich die Chance, Ermittlungen nicht nur wie bisher gegen das „Fußvolk“ der Geldwäscher, sondern gegen die Hinterleute zu richten. Damit in der Praxis ein Mehrwert entsteht, kommt es aus Sicht des BDZ im weiteren Gesetzgebungsverfahren aber darauf an, dass das neue Finanzkriminalamt auch tatsächliche, schlagkräftige Befugnisse erhält. „Nach dem aktuellen Gesetzentwurf hat das Herzstück des BBF, das Ermittlungszentrum Geldwäsche, keine echte Kernkompetenz, sondern wirkt nur als zusätzlicher Player mit“, sagt Liebel. „Dafür wird nun ein langwieriges Mammutprojekt gestartet. Es kann gelingen, aber der Start hätte deutlich besser laufen können.“ Kritisch sieht Liebel vor allem, dass der ohnehin mühselige und langwierige Aufbau des BBF anfangs zulasten des Haushalts der Zollverwaltung geht, aus deren Reihen viel erfahrenes Personal rekrutiert werden soll. Zudem hätten die örtlichen Zollbehörden zusätzlich zu ihren bestehenden Aufgaben künftig Einsatzunterstützung für Ermittlungsverfahren des BBF zu leisten, ohne dass dafür zusätzliche Ressourcen bereitgestellt würden. „Das ist zunächst keine Stärkung der Bekämpfung von Geldwäsche und Organisierter Kriminalität durch den Zoll“, mahnt Liebel. Dabei habe die Ampelkoalition genau das im Koalitionsvertrag versprochen. Enttäuscht zeigt sich der BDZ auch von der im aktuellen Gesetzentwurf fehlenden Kompetenz des BBF für sogenannte administrative Vermögensermittlungen – die rechtliche Möglichkeit, verdächtige Vermögenswerte auch außerhalb eines strafrechtlichen Verfahrens einzuziehen. Liebel: „Wenn Sozialleistungsempfänger mit Luxuskarossen posieren, muss doch die Frage des Staates erlaubt sein, woher die Gelder stammen, um sich ein solches Auto zu leisten.“ Solche Fälle würden die Zollfahnder immer wieder sehen. Das BBF würde unter dem vorliegenden Konzept daran aber nichts ändern. „Die Beweislastumkehr wäre das schärfste Schwert im Kampf gegen Geldwäsche gewesen“, betont Liebel. Neben einer strengen Barzahlungsobergrenze fordert der BDZ diese schon lange. DSTG: Behörden besser koordinieren Der Bundesvorsitzende der Deutschen Steuer-Gewerkschaft (DSTG), Florian Köbler, teilt zwar die Problemanalyse des Bundesfinanzministers: „Deutschland gilt als der absolute GeldwäscheHotspot in Europa“, sagt er. „Mafia und Clans nutzen unser Land systematisch für ihre Machenschaften.“ Auch bei Kryptogeschäften werde in großem Stil betrogen. Das Geldwäschevolumen hierzulande liege nach einer neuen Studie bei rund 200 Milliarden Euro pro Jahr, berichtet Köbler. „Das ist absolut inakzeptabel. Das Thema Geldwäsche und Finanzkriminalität muss zur Chefsache werden. Der Staat muss jetzt alle Register ziehen, um kriminellen Machenschaften ein Ende zu setzen.“ Was die Lösungen betrifft, kommt Köbler jedoch zu einem anderen Ergebnis als Lindner: „Die bisherigen Pläne der Bundesregierung sind zwar ein wichtiger Schritt, jedoch bei Weitem nicht ausreichend.“ Es brauche dringend weitere gesetzliche Änderungen. Konkret: eine Bargeldobergrenze, die Registrierkassenpflicht und Beweislastumkehr, wie es auch der BDZ fordert. Italien habe seine Lektion bereits gelernt. „Durch die Einführung der Beweislastumkehr nimmt der italienische Staat heute eine Führungsrolle in Sachen Geldwäschebekämpfung ein. Die Waffe wirkt. Jetzt muss die hiesige Politik zügig nachziehen.“ Um Geldwäsche und Finanzkriminalität effektiv zu bekämpfen, komme es vor allem auf ein koordiniertes Vorgehen zwischen Polizei, Steuerbehörden und Staatsanwaltschaften an. Das beinhalte auch eine kompatible IT-Infrastruktur, die intelligent und leistungsfähig ist – woran es aktuell hapert. „Werden nur halbe Sachen gemacht, ist das Projekt von vornherein zum Scheitern verurteilt. Das Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz ist den Namen nicht wert, denn es fehlt an notwendigen Zuständigkeiten und Kompetenzen“, resümiert der DSTG-Vorsitzende. DPolG: „Stück aus dem Tollhaus“ Aus Sicht von Rainer Wendt, dem Bundesvorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), ist die Sicherheitsarchitektur in Deutschland bislang schlüssig und konsequent organisiert. Polizei und Staatsanwaltschaften sind für die Bekämpfung von Straftaten zuständig, wobei die Polizeibehörden des Bundes gesondert geregelte Zuständigkeiten haben. „Diese Aufstellung hat sich bewährt“, sagt Wendt. „Deutschland ist eines der weltweit sichersten Länder.“ Für die DPolG ist es eine dringende Notwendigkeit, die von der Financial Action Task Force (FATF) beklagten Defizite zu beheben. Die Schaffung einer neuen Behörde sei allerdings mitnichten der richtige Weg. „Defiziten bei der Zusammenarbeit von Behörden durch Schaffung einer neuen Behörde und neuer Parallelstrukturen zu begegnen, ist schon ein Stück aus dem Tollhaus!“, kommentiert Wendt. Bereits der Grundansatz sei falsch, wenn ein Finanzministerium „seine eigene Polizei“ gründe und sich gleichzeitig weigere, die vorhandenen Strukturen in den Polizeien des Bundes durch auskömmliche Finanzmittel zu stärken. Allein im Haushalt der Bundespolizei fehlten in diesem Jahr rund 500 Millionen Euro für dringend notwendige Beschaffungen, insbesondere zur Stärkung der IT-Infrastruktur. Fachliche Kompetenz und Erfahrung im Kampf gegen Finanzkriminalität seien laut DPolG in den Polizeibehörden des Bundes ausreichend vorhanden. Entscheidend sei, diese weiter zu stärken und Reibungsverluste zwischen Behörden durch klare dienstliche Vorgaben zu vermeiden. Wendt: „Herr Lindner soll sich keinen Sheriffstern anheften, sondern als Finanzminister für eine ausreichende Ausstattung der Polizei des Bundes sorgen, die es gibt und die hervorragende Arbeit leistet!“ cdi FOKUS 21 dbb magazin | April 2024
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