dbb magazin 4/2024

Preisgestaltung. Anhand der teilweise sehr vielversprechenden Forschungsergebnisse im Bereich der Alzheimererkrankung, der individualisierten genbasierten Krebstherapie oder der Behandlungsmöglichkeiten für seltene Erkrankungen fällt auf, dass die Behandlungskosten extrem hoch sind. Zwar benötigt die Pharmaindustrie Anreize, auch weiterhin in Forschung und Entwicklung zu investieren, um Innovationen sicherzustellen. Dennoch sind die aktuellen Regelungen zum Patentschutz nicht geeignet, die Kosten nachhaltig in den Griff zu bekommen. Deutschland belegt bei den Arzneimittelpreisen weltweit einen Spitzenplatz. Zwar stehen derzeit keine Rationierungen von Medikamenten zur Debatte. Trotzdem werden künftig nicht mehr alle in den Genuss der individuell passenden Behandlung kommen können, wenn jetzt nicht gegengesteuert wird. Sollen Beitragssatzsteigerungen, erhöhte Steuerzuschüsse oder Leistungskürzungen vermieden oder abgefedert werden, gilt es, Kosten gar nicht erst entstehen zu lassen und in Prävention zu investieren. Das zahlt sich aus, denn der Erhalt der Arbeitsfähigkeit und die Verzögerung von Krankheit oder Pflegebedürftigkeit bedeuten nicht nur einen individuellen Gewinn an Lebensqualität. Prävention spart auch der Kranken- und Pflegeversicherung immense Kosten. Mit dem 2015 umgesetzten Präventionsgesetz, zu dem auch der dbb ausführlich Stellung genommen hatte, waren erste Schritte eingeleitet worden, um die Ausgaben für Prävention zu steigern. In Anbetracht des jährlichen Ausgabenrichtwerts für die GKV-Ausgaben zur Gesundheitsförderung und Prävention von derzeit 8,19 Euro pro Kopf ist in diesem Bereich jedoch definitiv noch „Luft nach oben“, denn bei dem Richtwert handelt es sich um eine dynamische, durch die gesetzlichen Krankenkassen auch überschreitbare Orientierungsgröße. Mit dem Präventionsgesetz wurde unter anderem auch die Grundlage für eine ärztliche Präventionsempfehlung geschaffen, die die Krankenkassen bei der Kostenübernahmeentscheidung zu berücksichtigen haben: Stellt der Hausarzt bei der Gesundheitsuntersuchung einer Patientin oder eines Patienten fest, dass Bedarf an sogenannter Verhaltensprävention besteht, kann er gegenüber der Krankenkasse eine entsprechende Empfehlung aussprechen. In der Praxis wird die Präventionsempfehlung laut einer aktuellen Beschäftigtenbefragung für den DAK-Gesundheitsreport allerdings auch Jahre nach Einführung der Präventionsempfehlung nur selten ausgesprochen. Die Verhaltensprävention setzt beim persönlichen Verhalten der Patienten an. Hier kann es beispielsweise darum gehen, mit dem Rauchen aufzuhören, Ernährungsgewohnheiten umzustellen oder Menschen mit speziellen Kursen zu mehr Bewegung im Alltag zu motivieren. Ebenso gibt es die Verhältnisprävention, die Menschen darin schult, die einzelnen Lebenswelten gesünder zu gestalten und besser miteinander zu vereinbaren. Ein Beispiel dafür ist die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben, um Stress zu reduzieren. Hier kann etwa eine Schulung zu mehr Resilienz führen und so das Stresslevel nachhaltig senken. Prävention beschränkt sich jedoch nicht nur auf Verhaltens- und Verhältnisprävention: Maßnahmen zur Vermeidung von Erkrankungen beispielsweise durch Impfungen (Primärprävention) sowie die unter dem Begriff der Sekundärprävention zusammengefassten Maßnahmen zur Früherkennung von Erkrankungen wie die Mammografie oder die Darmkrebsvorsorge spielen eine wichtige Rolle bei der Gesunderhaltung. Während mittlerweile zahlreiche Vorsorgeuntersuchungen in Abhängigkeit vom Alter des Versicherten von den Krankenkassen bezahlt werden, fehlt vielen Menschen der Mut, eine Früherkennung in Angriff zu nehmen. Gerade Männer hinken bei der Inanspruchnahme entsprechender Leistungen hinterher. Hier können gezielte Aufklärungskampagnen dazu beitragen, die Akzeptanz zu erhöhen. Rehabilitation Eng mit der Prävention verbunden ist die Rehabilitation. Nach einer schweren Erkrankung oder einem Unfall übernimmt die gesetzliche Rentenversicherung in der Regel die Kosten für rehabilitative Maßnahmen, um die Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit zu fördern. Für Menschen, die sich bereits im Ruhestand befinden, fällt die Rentenversicherung als Kostenträger aus. Hier greift die sogenannte geriatrische Rehabilitation, für deren Kostenübernahme die Krankenversicherung der richtige Ansprechpartner ist. Sinnvoller wäre es, wenn die Kosten von der Pflegeversicherung als unmittelbarem Profiteur einer ausbleibenden oder später eintretenden Pflegebedürftigkeit übernommen würden. Der ehemalige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hatte entsprechende Pläne in der Schublade, die der dbb seinerzeit ausdrücklich unterstützt hatte. Zu deren Umsetzung ist es allerdings nicht gekommen. Als Folge haben ältere Menschen, die nicht mehr aktiv im Berufsleben stehen, weiterhin Schwierigkeiten, eine entsprechende Maßnahme bewilligt zu bekommen, weil sich die Krankenkassen bei der Bewilligung schwertun. krz Model Foto: Colourbox.de INTERN 29 dbb magazin | April 2024

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