DBB AKADEMIE ONBOARDING – die unterschätzte Managementaufgabe Geht ein Seemann an Bord, ist er (oder sie) Teil einer Mannschaft, die Hand in Hand und mit Blick aufs Ganze für den Erfolg arbeitet. Auch Beschäftigte im öffentlichen Dienst brauchen eine kluges „an Bord kommen“ für ein erfolgreiches Schaffen. Die Entscheidung ist gefallen, ein Arbeitsvertrag unterschrieben. Allmählich stellt sich die Gewissheit ein, der Auswahlprozess ist erfolgreich gemeistert. Vielleicht macht sich auch Freude breit, endlich den Absprung aus einem alten Arbeitsverhältnis geschafft zu haben. Etwas Neues kann beginnen. Noch dauert es vielleicht einige Wochen oder Monate, bis es losgeht. Da sind Projekte abzuschließen, Aufgaben zu übergeben und langsam sickert ins Bewusstsein, dass es heißt, sich von Kollegen und Kolleginnen zu verabschieden, gewohnte Abläufe aufzugeben und die vertraute Umgebung zu verlassen. Unter die anfängliche Freude und Euphorie mischen sich dann vielleicht auch Skepsis, Verunsicherung oder Zweifel: War es wirklich die richtige Entscheidung? Wie werde ich eingearbeitet? Kann ich die an mich gestellten Erwartungen erfüllen? Werde ich ein nettes Team vorfinden? Was kommt auf mich zu? Sorgfältige Vorbereitung Während es bei dem oder der Auserwählten zu einer emotionalen Gemengelage kommt, in der freudigen Erwartung und verunsichernde Zweifel nah beieinander liegen, sollten auf Arbeitgeberseite die Vorbereitungen anlaufen, denn der Einarbeitungsprozess beginnt bereits in dieser Phase, die sorgfältig geplant und vorbereitet werden sollte. Die Art und Weise der Einführung und Einarbeitung ist für neue Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen prägend und stellt häufig die Weichen für den weiteren Weg. Wie der/die „Neue“ von Vorgesetzten und Kollegen aufgenommen wird, spielt ebenso eine Rolle wie auch der Empfang am ersten Tag. Gibt es eine Willkommenskultur im Unternehmen? Ist der Arbeitsplatz vorbereitet, sind Zugänge zu Räumen, Technik, Software et cetera eingerichtet? Oder wird hektisch ein Eckchen am Schreibtisch freigeräumt und ein Bürostuhl organisiert, weil „vergessen“ wurde, dass jemand Neues kommt? Oder überlässt man den Neuling seinem Schicksal und verweist auf den Einkauf, der das entsprechende Equipment beschaffen kann, ohne zu sagen, welche Formulare zuvor ausgefüllt werden müssen? Kostenintensive Anfangsfehler Auch wenn das Thema Onboarding mehr und mehr an Bedeutung gewinnt, gibt es immer noch 36 Prozent der Kündigungen vor dem ersten Arbeitstag! Laut der aktuellen Haufe-Umfrage1 führen zu 56 Prozent falsche Erwartungen zur Frühfluktuation. Eine „Funkstille“ in der Phase zwischen Vertragsunterzeichnung und Arbeitsantritt zahlt ebenfalls auf das Minuskonto ein. Wenn Bewerber in der Zwischenzeit ein besseres Angebot bekommen, können Arbeitgeber wenig machen. Doch an der Stellschraube der „Pre-Boarding-Phase“ kann gedreht werden. Denn das Onboarding beginnt nicht erst mit dem ersten Arbeitstag, sondern viel früher. Und das hat auch Vorteile. In der Vorphase Kontakt zu halten, ist nicht nur ein Zeichen des Willkommenheißens, sondern bietet auch die Gelegenheit, erste allgemeine Informationen zum Unternehmen zu vermitteln. Mit Neugier und Vorfreude sind Neulinge aufnahmebereit und interessiert, fühlen sich abgeholt und einbezogen. 1 Zu wenig Strukturen beim Onboarding“, Haufe HR Services, Januar 2024 Auf diese Weise kann auch die Informationsflut, die sonst in den ersten Tagen auf neue Mitarbeiter einströmt, reduziert werden. Onboarding – mehr als Einarbeitung Die Praxis zeigt, dass häufig bei der Einarbeitung rein fachliche Komponenten im Blickfeld sind; allenfalls werden noch die organisatorischen Dinge beachtet, die ebenfalls zu bedenken sind (und oftmals nicht zur Zufriedenheit aller umgesetzt werden). Laut der Haufe-Umfrage zum Onboarding (a. a. O.) legen 93 Prozent der von ihnen befragten Unternehmen und Organisationen tatsächlich den Fokus immer noch auf die fachliche Einarbeitung und nur 78 Prozent haben auch Aspekte sozialer und kultureller Integration im Blick. Beim Onboarding geht es also um ein umfassendes Konzept, das fachliche, organisatorische, soziale und psychologische Aspekte berücksichtigt, und darüber hinaus um Maßnahmen, die sich auf innere Strukturen beziehen, denn jeder Wechsel bringt Veränderung. © melita/stock.adobe.com 38 SERVICE dbb magazin | April 2024
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