fen. Dafür sind kluge Köpfe nötig und die bekommt der öffentliche Dienst nur mit attraktiven Arbeitsbedingungen. Beschäftigte im öffentlichen Dienst haben einen verlässlichen und sicheren Arbeitgeber. Gleichzeitig müssen wir aber auch attraktive Arbeitsbedingungen bieten. Der Fachkräftemangel macht keinen Halt vor einer Branche und der öffentliche Dienst steht im Wettbewerb mit vielen attraktiven Unternehmen. In seinem Sonderbericht zur Umsetzung der Energiewende kommt der Bundesrechnungshof zu dem Schluss, dass Deutschland seinen Zielen bei der Energiewende hinterherhinkt. Insbesondere die Stromversorgung sei gefährdet, weil der Stromverbrauch künftig parallel zur Umsetzung von Umweltzielen stark steigen wird. Sie haben das zurückgewiesen. Rechnet der Bundesrechnungshof etwa falsch? Der Bundesrechnungshof zeichnet kein vollständiges Gesamtbild. Wir haben die Energieversorgung nach dem Ende der russischen Gaslieferung zügig stabilisiert. Das war ein enormer, historisch einmaliger Kraftakt. Immerhin ist die Hälfte unserer Gasmenge weggebrochen. Wenn man die enorme Abhängigkeit bedenkt, die Deutschland zuvor vom russischen Gas hatte, haben wir da einen großen Fortschritt hin zu mehr Versorgungssicherheit gemacht. Ich erinnere mich übrigens nicht daran, dass der Bundesrechnungshof in ähnlicher Schärfe zuvor vor dieser Gasabhängigkeit gewarnt hätte, die uns fast an den Abgrund geführt hat. Fakt ist: Deutschland hat ein sichereres Stromsystem als noch vor 10, 15 Jahren. Ein Vergleich mit anderen Ländern mit großen Stromsystemen zeigt das deutlich. Nach Japan hatte Deutschland 2022 die geringsten Stromunterbrechungen. Die Versorgungssicherheit ist genauso wenig in Gefahr. Am 1. April wurden 15 Kohlekraftwerke endgültig abgeschaltet. Es hat eigentlich keiner gemerkt. So etwas findet geplant statt, immer in Anbetracht des aktuellen Versorgungssystems. Ein Kraftwerk wird nicht abgeschaltet, wenn es systemrelevant ist. Dafür hat die Bundesnetzagentur eine klare Vorgehensweise. Wie kann die steigende Grundlast beim Strom künftig stabil und bezahlbar sichergestellt werden? Wir bauen unser Energiesystem grundlegend um. In einem zunehmend von Wind und Sonne dominierten Stromsystem nehmen die Bedeutung und der Einsatz von Grundlastkraftwerken allerdings immer weiter ab. Es geht also nicht nur um einen Energieträger-, sondern auch einen Systemwechsel. Ein Energiesystem, das auf erneuerbaren Energien fußt, wird mehr gesteuert, Energie wird gespeichert, die Energiequellen werden enger aufeinander abgestimmt. Nötig sind also große Speicher und steuerbare Kraftwerke, die insbesondere in Zeiten mit wenig Wind und Sonne zum Einsatz kommen. Sie werden damit im zukünftigen Energiesystem die wichtige Funktion der langfristigen beziehungsweise saisonalen Stromspeicherung übernehmen. Zuerst werden das Gaskraftwerke sein, dann schrittweise Wasserstoffkraftwerke. Um diesen Prozess zu steuern und den Kraftwerkspark zu modernisieren, hat die Bundesregierung die Kraftwerksstrategie verabschiedet. Sie zielt darauf ab, diese substanziell neuen, steuerbaren Erzeugungskapazitäten zu schaffen. Sind unsere Netze fit genug für die Energiewende und welche Vorteile bietet dem Staat in diesem Zusammenhang der Kauf von Stromnetzen? Wir machen unsere Netze gerade fit: für die Energiewende, für die Wärme- und die Verkehrswende. Unsere Stromnetze sind das Fundament einer vollständigen klimaneutralen Energieversorgung, die wir 2045 spätestens erreichen wollen. Der Netzausbau muss also Schritt halten mit der wachsenden Elektrifizierung. Wichtig sind dabei sowohl die großen Übertragungsleitungen aus dem Norden, die Windstrom in den Süden bringen sollen, als auch Verteilernetze vor Ort, um mehr Wärmepumpen und Elektroautos versorgen zu können. Auch die Autobahnen nehmen wir ganz neu in den Blick. Um Schnellladesäulen für Elektroautos und Elektro-Lkw zu errichten, brauchen wir hier ein viel dichteres Stromnetz. Insgesamt sind es rund 13 000 Kilometer an Netz, die wir bis 2045 verstärken oder ausbauen müssen. Das hat höchste Priorität für die Bundesregierung. Die staatliche Beteiligung an großen Übertragungsnetzbetreibern kann da von Vorteil sein. Über das Gebäudeenergiegesetz sollen bis 2030 bis zu 54 Millionen Tonnen CO₂ eingespart werden. Allein China hat 2022 rund 11,4 Milliarden Tonnen CO₂ ausgestoßen – fast 30 Prozent des weltweiten Ausstoßes. Deutschland verursacht nur rund zwei Prozent. Belasten wir Bürger und Industrie im internationalen Vergleich zu stark mit Umweltauflagen? Wir sind mitten im Klimawandel. Extremwetter nehmen zu, wir erleben Fluten in der Wüste, Hitze am Nordpol. Das ist nicht nur Folge des chinesischen CO₂-Ausstoßes, sondern einer historisch gewachsenen Treibhausgas-Halde in der Atmosphäre – gewachsen seit der Industrialisierung. Auch China, Indien oder Indonesien sind aufgefordert, um die Mitte dieses Jahrhunderts treibhausgasneutral zu werden. Beim Pro-Kopf-Ausstoß liegen wir übrigens etwa gleichauf mit China, bei den historischen CO₂-Emissionen auf Platz vier. Die Klimakrise bewältigen wir nur gemeinsam; ein guter Zustand unserer Atmosphäre ist entscheidend für das Überleben der Menschheit, das muss uns alle angehen! Der Umstieg auf erneuerbare Energien erfordert erhebliche Zukunftsinvestitionen. Ist die Schuldenbremse vor diesem Hintergrund noch zeitgemäß? Zunächst ist klar: Die Schuldenbremse gilt. Aber wir sollten über den Tag hinausdenken und überlegen, ob die politischen Regeln, die wir uns gegeben haben, zu den veränderten Zeiten passen. Wenn wir die Zeitenwende ernst nehmen, wenn wir den Investitionsbedarf in die Erneuerung unserer Infrastruktur ehrlich betrachten, dann brauchen wir mehr finanziellen Spielraum. _ „Wir machen unsere Netze gerade fit: für die Energiewende, für die Wärme- und die Verkehrswende.“ „Kluge Köpfe bekommt der öffentliche Dienst nur mit attraktiven Arbeitsbedingungen.“ AKTUELL 13 dbb magazin | Mai 2024
RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==