dbb magazin 5/2023

Die Stadt Flensburg, die bereits seit den Sechzigern über ein flächendeckendes Fernwärmenetz verfügt, das über ein Gaskraftwerk betrieben wird, muss nicht nur ihr in die Jahre gekommenes Netz erneuern, sondern auch die Umstellung auf klimaneutrale Energieerzeugung planen. Laut eines Berichts in der Zeit soll in Flensburg das Hafenwasser als Wärmequelle dienen, in drei Jahren soll die erste Großwärmepumpe laufen. Gasnetze Wenn also Städte auf andere Energiequellen umstellen, könnten die Gasnetze doch eigentlich stillgelegt oder gleich ganz rückgebaut werden, vermutete die Frankfurter Allgemeine Zeitung im Januar. Deutschlands Gasnetz besteht aus zwei Teilen: Durch die Verteilernetze strömt auf einer Länge von etwa 555 000 Kilometern das Gas zu den Endkunden. Das sind etwa 19,6 Millionen oder fast 50 Prozent der Wohnungen, die in Deutschland mit Erdgas beheizt werden, sowie 1,8 Millionen Erdgasabnehmer aus Industrie und Gewerbe. Über die Ferngasleitungen, quasi die Erdgasautobahnen, läuft auch der Import von Erdgas. Sie sollen in den kommenden Jahren zum großen Teil auf den Wasserstofftransport umgestellt werden. Die Leitungen werden damit Teil des von der Ampelkoalition initiierten Wasserstoffkernnetzes, das bis 2032 auf etwa 9 700 Kilometern Länge fertiggestellt sein soll. Die Stilllegung des Gasverteilernetzes habe aus Sicht des Bundeswirtschaftsministeriums Priorität gegenüber der Umstellung auf Wasserstoff. Dahinter stecke die Annahme, dass elektrische Wärmepumpen und Wärmenetze in Zukunft die Standardlösung zur Beheizung von Gebäuden darstellen, so versteht zumindest das Handelsblatt das „Green Paper“, ein Diskussionspapier zur Transformation der Gas-/Wasserstoffverteilernetze des Ministeriums. Wasserstoff soll dort eingesetzt werden, wo es keine Alternativen gibt, und würde damit auf wenige Abnehmer in Industrie und Gewerbe begrenzt. Der Verband Kommunaler Unternehmen (VKU), in dem die Stadtwerke zusammengeschlossen sind, hält diesen Ansatz für falsch. VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing betont: „Wir dürfen uns nicht von einzelnen Systemen oder Energieträgern abhängig machen.“ Und auch der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e. V. (BDEW) wehrt sich gegen einen flächendeckenden Rückbau von Gasnetzen. „Es sollte gesetzlich verankert werden, dass stillgelegte Leitungen grundsätzlich im Boden verbleiben können“, fordert der Verband. „Netzbetreiber und die lokal verantwortlichen Stellen brauchen die Freiheit, die vor Ort beste Lösung umzusetzen“, fordert Florian Feller, Vorsitzender von „H2vorOrt“, ein Zusammenschluss diverser regionaler Akteure mit dem Ziel der „Transformation der Gasverteilernetze hin zur Klimaneutralität“. Jürgen Fergg von den Augsburger Stadtwerken meint, dass der Einsatz „grüner Gase“ davon abhängt, wie viel davon für Wohnungsheizungen verfügbar sein werden. In städtischen Räumen mit hoher Dichte an Endverbrauchern liege Fernwärme in doppeltem Sinn näher. Da letztlich niemand vorhersehen könne, wohin die technologische Entwicklung führe, sei die Planung für Städte und Versorger eine „Wette auf die Zukunft“. Deshalb betont Fergg: „Wir sind da technologieoffen.“ Wasserstoff Deutschland will bis 2045 klimaneutral sein und den Anteil an erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch bereits bis 2030 auf 80 Pro22 FOKUS dbb magazin | Mai 2024

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