dbb magazin 5/2023

Rechtlicher Rahmen für den Erholungsurlaub Konfliktfrei in die Sommerferien Der Sommer kommt, und für viele Beschäftigte geht es an die Planung der schönsten Zeit des Jahres. Dabei kommt es in Betrieben und Dienststellen regelmäßig zu Konflikten – sei es, weil alle in denselben Sommerwochen verreisen wollen, oder weil Arbeitgebende sich mit der Geneh- migung von Urlaubswünschen Zeit lassen. Einige Arbeitgebende verlangen, dass der Jahresurlaub bereits Anfang des Jahres geplant wird. Die Beschäftigten dazu aufzufordern, ist zwar in Ordnung, und es darf auch eine Frist gesetzt werden. Wird jedoch innerhalb der Frist kein Urlaub beantragt, hat das lediglich zur Folge, dass andere Kolleginnen und Kollegen unter Umständen schneller waren und Urlaubswünsche in besonders beliebten Zeitfenstern nicht mehr berücksichtigt werden können. Es gibt weder im Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) noch im TVöD oder TV-L eine feste Frist, innerhalb derer Arbeitgebende über den Urlaub entscheiden müssen. Trotzdem müssen sie das in einem angemessenen Zeitraum tun. Das Arbeitsgericht Chemnitz hält dabei einen Monat für angemessen (Urteil vom 29. Januar 2018, Az.: 11 Ca 1751/17). Bleiben Arbeitgebende untätig, können Arbeitnehmende im Notfall die Urlaubsgewährung im einstweiligen Rechtsschutz erstreiten. Bei der Urlaubsplanung gilt nicht schlicht das Prinzip: „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.“ In § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG steht, dass die Urlaubswünsche der Beschäftigten zu berücksichtigen sind, „es sei denn, dass ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswüsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen“. So können sich zum Beispiel Eltern schulpflichtiger Kinder bei Urlaubswünschen während der Schulferien durchsetzen. Denkbar ist auch, dass Lebenspartner nur während eines gewissen Zeitraums Urlaub bekommen. Auch die Dauer der Betriebszugehörigkeit und die Urlaubsplanung der vergangenen Jahre können eine Rolle spielen. Es gilt aber: Niemand kann automatisch einen Anspruch auf Vorrang bei der Urlaubsplanung geltend machen, Arbeitgebende sollten hier eine für alle akzeptable Lösung finden. Nur in einem Fall können Arbeitgebende einen Urlaubsantrag nicht ablehnen: Wenn Arbeitnehmende Urlaub im Anschluss an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder eine Reha beantragen (§ 7 Abs. 1 Satz 2 BUrlG). Auch entgegenstehende betriebliche Gründe können ein Grund sein, dass Urlaub nicht genehmigt wird, zum Beispiel, wenn ein wichtiges Projekt ansteht oder viele im Kollegium krankheitsbedingt ausfallen. Allerdings genügt dafür nicht jede Störung des Betriebsablaufs, denn damit ist bei jeder Abwesenheit von Arbeitnehmenden zu rechnen. Arbeitgebende können Arbeitnehmenden auch ohne Urlaubsantrag Urlaub erteilen. Wirksam ist das aber nur, wenn Arbeitnehmende dem so festgelegten Urlaubszeitraum nicht widersprechen. Eine Ausnahme bilden Betriebsferien: Hier dürfen Arbeitgebende anordnen, dass alle Beschäftigten für einen bestimmten Zeitraum in den Urlaub gehen. Dabei darf aber nicht der gesamte Urlaub verplant werden. Fallen drei Fünftel des Jahresurlaubs in die Betriebsferien, ist das laut Bundesarbeitsgericht (Grundsatzbeschluss vom 28. Juli 1981, Az.: 1 ABR 79/79) jedoch in der Regel angemessen. Besteht ein Betriebsrat, hat dieser bei der Festlegung der Betriebsferien ein Mitbestimmungsrecht. Ist der Urlaub erst einmal genehmigt und angetreten, können Arbeitgebende ihre Beschäftigten in der Regel nicht aus dem Urlaub zurückrufen. Ob das ausnahmsweise möglich ist, wenn die Existenz des Betriebs bedroht und eine andere Möglichkeit ausgeschlossen ist, ist bisher nicht höchstrichterlich geklärt. Im Normalfall gilt: Ein Zurückholen aus dem Urlaub ist nicht möglich. Gleiches gilt, wenn der Urlaub zwar schon genehmigt, aber noch nicht angetreten wurde. Auch wenn Arbeitgebende die Genehmigung von Urlaubsanträgen zu Unrecht verweigern oder schlicht nicht reagieren: Einfach während der Zeit des beantragten Urlaubs nicht zur Arbeit zu erscheinen, ist keine gute Idee und kann zur fristlosen Kündigung führen – auch wenn sich später vor Gericht herausstellt, dass der Arbeitgeber den Urlaubsantrag hätte genehmigen müssen. Besser ist es in solchen Fällen, notfalls gewerkschaftlichen Rechtsschutz über die Dienstleistungszentren des dbb in Anspruch zu nehmen. Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 BurlG ist der Urlaub grundsätzlich am Stück zu gewähren. Davon kann zwar bei dringenden betrieblichen Erfordernissen oder wegen in der Person der Arbeitnehmenden liegenden Gründen abgewichen werden – auf jeden Fall muss aber ein Teil des Jahresurlaubs zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen. Weil der Samstag dabei mitgezählt wird, ist das ein Zeitraum von zwei Wochen – dieser Zeitraum findet sich auch in den entsprechenden Regelungen im TVöD und TV-L. In der Praxis wird das allerdings häufig, auch entsprechend den Wünschen der Arbeitnehmenden, nicht so gehandhabt. _ Model Foto: Colourbox.de ARBEITSRECHT FOKUS 29 dbb magazin | Mai 2024

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==