dbb magazin 6/2024

ONLINE Verwaltungsdigitalisierung Deutsche Ware eher soft Word, Outlook, PowerPoint und Excel: Die Programme von Microsoft sind im Büro allgegenwärtig. Laut einer Analyse des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI) aus dem Jahr 2019 haben 96 Prozent der Rechner in der deutschen Verwaltung die Software von Bill Gates installiert. Bei der Ausrüstung von Behördenrechnern führt an „made in USA“ scheinbar kein Weg vorbei. Dabei gibt es gerade bei Windows mittlerweile gute Gründe, auf alternative Produkte zu wechseln. Grund Nummer eins: Unabhängigkeit. Das BMI kritisierte in seiner Bestandsaufnahme zur digitalen Souveränität der öffentlichen Verwaltung aus dem Jahr 2019: „Die Bundesverwaltung ist in allen Schichten des Softwarestacks von wenigen Softwareanbietern stark abhängig.“ Ein Softwarestack besteht aus einem „Stapel“ von Komponenten, wie Betriebssystem, Webserver oder Bibliotheken. Grund Nummer zwei: Sicherheit. Im Sommer 2023 fanden chinesische Hacker eine Schwachstelle bei der Nutzerverifikation von Microsoft und konnten dadurch auf die Konten privater Nutzer, Unternehmen und Organisationen zugreifen. Einige Monate später kam bei Recherchen von heise online und c’t heraus, „dass das neue Outlook Zugangsdaten an Microsoft überträgt und tatsächlich E-Mails auf seine Cloud-Server kopiert.“ Nicht der beste Umgang für sensible Behördendaten. Auch das BMI identifizierte in seiner Analyse „… durch Abhängigkeiten verursachte kritische Schmerzpunkte, insbesondere in der Informationssicherheit und der Gewährleistung datenschutzrechtlicher Vorgaben“. Zum Jahreswechsel verschaffte sich eine russische Hackergruppe Zugang zu Teilen des Quellcodes der Microsoft-Anwendungen. Nach Angaben des Konzerns hatte dies allerdings keine Auswirkungen auf die Programme. Dennoch zeigen diese Fälle, dass die Programme von Microsoft ein beliebtes Ziel böswilliger Mächte sind und der Tech-Gigant verwundbar ist. Last, but not least Grund Nummer drei: Kosten. Nach Recherchen der Wirtschaftswoche gaben die Bundesministerien und ihre Behörden im Jahr 2022 209 Millionen Euro für Programme und Leistungen der Firma Microsoft aus – Tendenz steigend. Zusammen mit den Programmen anderer Anbieter ergibt das eine Summe von 771 Millionen Euro pro Jahr. Open everything Die BMI-Analyse war der Stein des Anstoßes, das Thema digitale Souveränität endlich ernst zu nehmen. Zwei Jahre später verpflichtete sich die frisch geformte Ampelregierung in ihrem Koalitionsvertrag dazu, Open Source zum neuen Standard für Entwicklungsaufträge zu machen. Open Source bedeutet, dass jeder den Programmiercode einsehen und Änderungsvorschläge einbringen kann. Das soll die Programme effizienter, nutzerfreundlicher und sicherer machen, da Sicherheitslücken schneller erkannt werden. 2022 rief das BMI das Zendis ins Leben. Das zentrale Projekt von Zendis heißt „openDesk“. openDesk ist analog zur Microsoft Office Suite eine Sammlung von Programmen, die miteinander kompatibel sind. Die einzelnen Programme Windows made in Germany: Das Zentrum für digitale Souveränität (Zendis) will den US-Giganten mit eigenen Produkten die Stirn bieten. Kann das funktionieren? Model Foto: Colourbox.de 28 FOKUS dbb magazin | Juni 2024

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