dbb magazin 7-8/2024

Lösungsvielfalt erarbeiten. Dafür stehen wir als dbb bereit und das werden wir von den Arbeitgebenden auch einfordern.“ Fundierte Fachvorträge Um die Diskussion über Arbeitszeitmodelle auf einer soliden Faktenbasis zu diskutieren, hatte der dbb für wissenschaftliche Expertise gesorgt. Über „Gesundheitliche Anforderungen an moderne Arbeitszeitregelungen aus wissenschaftlicher Sicht“ referierte Johanna Nold von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA). Sie untermauerte unter anderem die Tatsache, dass es bei Arbeitszeitmodellen je nach Jobprofil unterschiedliche Ansätze brauche. „Arbeitsabläufe und Arbeitszeiten sind immer unter Berücksichtigung der mit der Tätigkeit verbundenen physischen und psychischen Belastung zu beurteilen“, so die wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Gruppe „Arbeitszeit und Flexibilisierung“ der BAuA. Dr. Norbert Huchler, Arbeitssoziologe beim Institut für sozialwissenschaftliche Forschung München, machte in seinem Vortrag unter anderem deutlich, dass der bestehende Arbeits- und Fachkräftemangel einer Arbeitsverkürzung nicht entgegenstehe und widersprach damit einem beliebten Argument der Arbeitgebendenseite. Vielmehr sei es notwendig, Arbeit zu gestalten, um etwa neuen Belastungskonstellationen gerecht zu werden. So gesehen sei eine Arbeitszeitverkürzung auch eine Chance für eine Humanisierung der Arbeit. Auf die Publikumsfrage, ob eine solche Arbeitsgestaltung denn in allen Bereichen etwa des öffentlichen Dienstes möglich sei, stellte Huchler klar: „In jeder Arbeit liegen Potenziale!“ Länder und Kommunen zögern noch Als Ausdruck der gelebten Sozialpartnerschaft auch abseits von Tarifverhandlungen hatte der dbb zudem die Arbeitgebendenseite eingeladen, damit diese ihre Position in die Debatte einbringen kann. Markus Geyer, Geschäftsführer der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL), sieht angesichts des grundsätzlichen Arbeits- und Fachkräftemangels einen problematischen Wettbewerb zwischen Privatwirtschaft und öffentlichem Dienst: „Arbeitszeitreduzierungen in einzelnen Branchen führen immer zu einer Art der Kannibalisierung, weil die Betriebe sich das Personal gegenseitig abwerben.“ Diskutierten unter der Moderation von Juliane Hielscher: Volker Geyer, Markus Geyer und Niklas Benrath (von links). Dr. Norbert Huchler: In jeder Arbeit liegen Potenziale! Hermann-Josef Siebigteroth: Mehr Mut wagen. Denkbar sei dies etwas im Gesundheitssektor bei Krankenhäusern einerseits und der freien Pflege andererseits. Niklas Benrath, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA), sieht durch Arbeitszeitverkürzungen mindestens kurzfristig die Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes gefährdet: „Nach Arbeitszeitreduzierung leidet als Erstes die Qualität der Daseinsfürsorge.“ Als Beispiel nannte er ausgedünnte beziehungsweise eingestellte Buslinien im ländlichen Raum nach einer Arbeitszeitverkürzung für die Busfahrerinnen und Busfahrer. Bei der anschließenden Diskussion gab es aus dem Publikum viel Widerspruch gegen die Positionen der Arbeitgebendenseite. Neben vielen Beispielen aus der Praxis wurden auch grundsätzliche Erwartungen der Beschäftigten formuliert. „Wir müssen mutiger sein und einfach mal Dinge ausprobieren“, fasste Hermann-Josef Siebigteroth als stellvertretender Vorsitzender der dbb Bundestarifkommission und Bundesvorsitzender der VDStra. – Fachgewerkschaft der Straßen- und Verkehrsbeschäftigten ebenfalls im Publikum, die Positionen zusammen. Diesen Mut und den Schwung der Diskussion will dbb Tarifchef Volker Geyer auch mit in die Diskussionen vor der Einkommensrunde 2025 mit Bund und Kommunen nehmen. Die endgültige Forderung soll dann im Oktober 2024 präsentiert werden. Für Geyer steht unabhängig davon bereits fest: „Wir brauchen intelligente Lösungen, bei denen die Beschäftigten selbstbestimmt entscheiden können.“ _ FOKUS 15 dbb magazin | Juli/August 2024

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