dbb magazin 9/2024

© Erdacht mit KI (3) Das führt zu großer Verunsicherung bei den Bürgerinnen und Bürgern. Zudem darf das Personal keinesfalls zum Spielball von Rationalisierungen durch die Förderung von Klinikzusammenlegungen werden. Denn das verunsichert wiederum die Beschäftigten und ist für die Maßnahmen gegen Fachkräftemangel absolut kontraproduktiv“, sagte dbb Chef Ulrich Silberbach am 29. April 2024. Der dbb habe sich zwar positiv zu den vorgesehenen Spezialisierungen einzelner Krankenhäuser geäußert, da sie die Versorgungsqualität erhöhen. Wichtig sei aber, den Spielraum für Ausnahmen zu reduzieren, beispielsweise für die nachzuweisenden Mindestfallzahlen bei komplexen Eingriffen. „Das würde sonst dem ursprünglichen Qualitätsversprechen zuwiderlaufen“, so Silberbach. „Wir sind froh, dass die fallzahlunabhängige Finanzierung nun endlich kommt, damit ausreichend Betten und Leistungen zur Verfügung stehen. Das nimmt wirtschaftlichen Druck von den Kliniken, der bisher häufig auf den Rücken der Patienten und des Personals abgeladen wurde“, erklärte Silberbach. Ein großer Erfolg für den dbb sei die Ausweitung der vollständigen Refinanzierung der tarifvertraglichen Entgeltsteigerungen auf alle Krankenhausbeschäftigten. Der dbb hatte das lange gefordert. „Damit ist endlich auch die Problematik der Definition der ‚Pflege am Bett‘ vom Tisch“, unterstrich Silberbach. Unausgewogene Maßnahmen Gleichwohl seien die zur Finanzierung des Strukturwandels vorgesehene Maßnahmen unausgewogen und die Finanzierung überwiegend zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) aus Sicht des dbb der falsche Weg. Bei einer so grundlegenden Reform der medizinischen Versorgung müssten alle Akteure angemessen finanziell beteiligt werden. In diesem Zusammenhang kritisiert der dbb, dass sich die Ausgestaltung der individuellen Vorhaltebudgets der Krankenhäuser jeweils an Leistungskomponenten, aber weder an der regionalen Versorgungssituation noch an der Bevölkerungsstruktur oder medizinisch-technischen Kriterien orientiert. Die ebenfalls im Gesetzentwurf vorgesehenen Neuregelungen zur Förderung von Konzentrationsprozessen in der stationären Versorgung bewertet der dbb ebenfalls nicht nur positiv. Zwar ermöglichen die Vereinbarungen über künftige Ausrichtung und Tausch oder Verlagerung von Leistungsgruppen Spezialisierungen, die dem Patientenwohl dienen. Kritisch sei jedoch die Addition der Fallzahlen der betroffenen Träger, weil die eigentlich für die Zusicherung der entsprechenden Leistungsgruppe vorgesehene Mindestfallzahl nicht durch Addition erreicht wird, sondern jeweils im eigenen Haus erfolgen muss. „Hier wird also eigentlich sinnvolle Effizienz im Sinne von Verschlankung der Versorgungsinfrastruktur auf Kosten möglicher Qualitätsrisiken billigend in Kauf genommen“, heißt es in der Stellungnahme. Im Hinblick auf die flächendeckende Versorgungsinfrastruktur sieht der dbb künftig gesetzlich vorgegebene Maximalentfernungen oder -fahrzeiten zum nächstgelegenen Grundversorger kritisch: „Unabhängig vom Eingriff des Bundes in die Verantwortlichkeiten der Länder können pauschale Vorgaben nicht den regionalen Gegebenheiten Rechnung tragen und laufen der ursprünglich intendierten besseren Versorgung in der Fläche entgegen.“ Auch dürfe nicht die GKV allein mit den Zuschlägen für bedarfsnotwendige Kliniken im ländlichen Raum belastet werden, denn auch dort würden Privatversicherte behandelt. „Gesundheitsinfrastruktur ist Teil der Daseinsvorsorge und somit eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.“ Aus Sicht des dbb muss die Finanzierung der Neuordnung der Krankenhauslandschaft auf starke Schultern verteilt werden. So heißt es in der Stellungnahme: „Der Bund darf sich trotz Haushaltsmisere nicht um seinen Beitrag drücken. Neben Steuermitteln für den Gesundheitsfonds müssen auch die privaten Krankenversicherungen ihren Beitrag leisten, schließlich profitieren auch ihre Versicherten von einer künftig besseren Versorgungslandschaft.“ Weiter kritisiert der dbb, dass bei vielen positiven Vorhaben wie der vollständigen Tarifrefinanzierung, der Einführung von Vorhaltepauschalen und Leistungsgruppen sowie der Einbindung der Kurzzeitpflege in die sektorübergreifende Versorgung viele Fragen ungeklärt blieben. Es bestehe die Gefahr einer Zentrierung der Versorgung in großen Krankenhäusern und damit verbunden einem weiter wachsenden Versorgungsgefälle zwischen Stadt und Land. Die Finanzierung der Reform zum großen Teil aus Mitteln des Gesundheitsfonds sei unausgewogen und werde mit ziemlicher Sicherheit Auswirkungen auf die Beitragssätze haben. br/krz 12 FOKUS dbb magazin | September 2024

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