dbb magazin 9/2024

Aktuell gibt es bundesweit insgesamt sieben Gesundheitskioske; zwei in Essen, jeweils einen in Aachen, Köln und Solingen sowie zwei Hauptstandorte in Hamburg: in Billstedt – und eben hier in Bramfeld. „Die medizinische Versorgung geht meist dorthin, wo das Geld ist“, sagt Alexander Fischer, Geschäftsführer der Trägergesellschaft der Hamburger Gesundheitskioske. Mit anderen Worten: in wohlhabendere Bezirke. Dies führe dazu, dass es in den ärmeren Bezirken lediglich eine ausgedünnte Versorgungsstruktur gibt, wo die Arztpraxen im Hinblick auf Sprache und Kultur komplexeren einem Patientenklientel gegenüberstehen. „Eine Folge sind sehr lange Wartezeiten“, erklärt Fischer. „Und daraus folgt wiederum, dass Patienten Krankheiten verschleppen, in die Notaufnahme gehen und stationär abwandern.“ Letzteres ist mit hohen Kosten verbunden und nicht im Sinne einer guten medizinischen Versorgung. Vor diesem Hintergrund hat die in der Region ansässige Ärzteschaft die Initiative ergriffen und 2017 im Hamburger Stadtteil Billstedt den ersten Gesundheitskiosk ins Leben gerufen. Die AOK Rheinland/Hamburg war von Anfang an mit im Boot, außerdem weitere Krankenkassen und die Stadt Hamburg. Die Finanzierung erfolgte zunächst über den Innovationsfonds des Bundes. Nach der dreijährigen Förderphase zog der verantwortliche Innovationsausschuss ein positives Fazit – und empfahl, das Konzept des Gesundheitskiosks in die Regelversorgung zu übertragen. Heißt: es in einen gesetzlichen Rahmen zu gießen. Doch das ist bis heute nicht passiert. Von ursprünglich fünf beteiligten Krankenkassen ist außer der AOK nur noch eine weitere dabei. Warum ist die AOK noch an Bord und übernimmt aktuell die Finanzierung? „Schlicht und einfach, weil wir von dem Konzept überzeugt sind“, sagt Matthias Mohrmann, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der AOK Rheinland/Hamburg. Es sei leider so, dass nicht alle Menschen dieselben Gesundheitschancen haben. Wer sozioökonomisch benachteiligt ist, leide öfter unter chronischen Erkrankungen und habe eine geringere Lebenserwartung. „Als gesetzliche Krankenkasse sehen wir es als unseren Auftrag, Versorgung gerechter zu gestalten und damit für mehr Chancengleichheit zu sorgen“ – es gehe darum, dass alle Patientinnen und Patienten mit ihrer Erkrankung den richtigen Weg finden. Das System sinnvoll ergänzen Im Gesundheitskiosk können sich die Mitarbeitenden Zeit nehmen, sie vermitteln zu den geeigneten Stellen. Mohrmann: „Das ist sinnvoll, bevor jemand wie eine Flipperkugel durchs Gesundheitssystem irrt und schlimmstenfalls niemals ankommt.“ Die regionale Ärzteschaft sei für diese Form der Entlastung sehr dankbar. Ist die Behandlung erfolgt, koordiniert der Gesundheitskiosk gegebenenfalls die Nachsorge und steht bei Fragen als Ansprechpartner zur Verfügung. Dinge, für die im stressigen Praxisbetrieb oft keine Zeit bleibt. „Der Gesundheitskiosk ist keine Parallelstruktur, sondern eine sinnvolle Ergänzung des bestehenden Systems“, betont Alexander Fischer. Alle Ärztinnen und Ärzte könnten mit dem Gesundheitskiosk zusammenarbeiten, darauf liege der Fokus; es gehe nicht darum, Patientinnen und Patienten abzuwerben. Auch andere Länder, unter anderem Skandinavien, hätten mit dem Konzept Praktikantin Morsal Hosseini und die ausgebildete Pflegefachkraft Frida Schindler empfangen die Patienten. AOK-Vorstand Matthias Mohrmann wünscht sich die Verankerung der Gesundheitskioske im Sozialgesetzbuch. Raum ist in der kleinsten Hütte: Das Ambiente präsentiert sich offen und modern. 14 FOKUS dbb magazin | September 2024

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