bereits gute Erfahrungen gemacht. „Ich hoffe sehr, dass wir die Gesundheitskioske in die Regelversorgung bekommen. Es wäre fatal, ein funktionierendes System jetzt einfach aufzugeben.“ Doch das könnte passieren – wenn es so kommt, will die AOK Rheinland/Hamburg die bestehenden Gesundheitskioske dennoch weiter finanzieren. Aktuell befindet sich das sogenannte Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) im parlamentarischen Verfahren. Die Gesundheitskioske waren Teil des Entwurfs, sind es derzeit aber nicht mehr. Das hat verschiedene Gründe: Gesundheitsminister Karl Lauterbach, grundsätzlich Sympathisant des Konzepts, hatte medienwirksam verkündet, in ganz Deutschland 1 000 Gesundheitskioske eröffnen zu wollen. „Das hat der Sache nicht genützt“, erklärt Mohrmann. Der Minister habe das Projekt in eine finanzielle Dimension gehoben, in die es gar nicht gehört. Bei jährlichen Kosten in Höhe von 400 000 Euro pro Kiosk ergebe sich eine enorme Summe. „Dabei sind nach unserer Einschätzung bundesweit 50 bis 100 Gesundheitskioske ausreichend“, so der AOK-Vorstand. Zwar hatte Lauterbach die Zahl zwischenzeitlich wieder nach unten korrigiert; das konnte die FDP Medienberichten zufolge allerdings nicht überzeugen. Die Liberalen halten das Konzept für zu teuer und ineffizient. „Das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz liegt vor allem bei den Punkten richtig, die nicht mehr erwähnt werden – und auch nicht mehr reinverhandelt werden. Namentlich die Gesundheitskioske, für die weder Geld noch Bedarf ist“, wird Andrew Ullmann, gesundheitspolitischer Sprecher der FDP, in einer Pressemitteilung zitiert. „Anstelle der Gesundheitskioske wäre es angebracht, die Apotheken im Bereich der Erstversorgung zu stärken.“ Noch lässt sich die Idee retten Dass der GVSG-Entwurf endgültig ist, sieht Mohrmann – im Gegensatz zu FDP-Politiker Ullmann – anders: „Theoretisch besteht durchaus die Möglichkeit, dass wir die Gesundheitskioske im parlamentarischen Verfahren wieder ins Gesetz bekommen, dafür ist es ja da“, sagt er. Ähnlich hat sich auch Gesundheitsminister Lauterbach geäußert. Offene Fragen bestehen auch im Hinblick auf die Finanzierung. Laut Entwurf – der nun vorerst vom Tisch ist – sollten die gesetzlichen Krankenkassen 74,5 Prozent der Kosten zahlen, die privaten 5,5 und die Kommunen 20 Prozent. Dazu hatte der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) erklärt: „Die mit den Gesundheitskiosken verbundene Zielsetzung, die gesundheitliche Chancengleichheit zu stärken, ist auch ein wichtiges Anliegen der Krankenkassen, die sich bereits heute umfassend um ihre Versicherten kümmern“ – die zum damaligen Zeitpunkt geplante Ausgestaltung der Gesundheitskioske sei hingegen im Kern kommunale Sozialarbeit, heißt es. Deshalb müssten sie primär von den Kommunen und nicht, wie ursprünglich vorgesehen, primär aus den Krankenkassenbeiträgen der gesetzlich Versicherten und ihrer Arbeitgebenden bezahlt werden. „An der Kostenverteilung ließe sich sicher noch schrauben“, sagt AOK-Vorstand Mohrmann. Im Fall der beiden Essener Gesundheitskioske sei es bereits so, dass die Kommune 50 Prozent der Kosten trage. Insgesamt wäre der Optimalfall, dass die Politik die Gesundheitskioske und gleichzeitig eine Kostenbeteiligung der anderen Sozialleistungsträger im Sozialgesetzbuch verankert. Dann wären alle Krankenkassen im Boot, die Finanzierung gesichert und ein klarer gesetzlicher Auftrag gegeben. Mohrmann mit Blick auf das parlamentarische Verfahren: „Hoffen wir das Beste!“ Das hofft auch Cagla Kurtcu, die auf weitere Erfolge des Gesundheitskiosks blickt: Da gibt es den übergewichtigen Jugendlichen, der kurz davor war, Medikamente zu schlucken, um abzunehmen, es dann aber nach der Beratung doch nicht musste. Die Mittdreißigerin, die Blutdruckdrucksenker nahm, sie aber nach einer Ernährungsumstellung wieder absetzen konnte. Und nicht zuletzt die junge, alleinerziehende Mutter, ihr Kind am Rande der Unterernährung. Auch für sie hat der Gesundheitskiosk diverse Hilfen in die Wege leiten können. Als Dank habe die junge Frau gesagt: „Ich bete jeden Abend für den Gesundheitskiosk.“ cdi Alexander Fischer, Geschäftsführer der Trägergesellschaft der Gesundheitskioske, sieht in dem Konzept viele Vorteile. Mittendrin: Der Gesundheitskiosk befindet sich im Basement des Einkaufszentrums. © Jan Brenner (7) FOKUS 15 dbb magazin | September 2024
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