INTERVIEW Ralf Wintergerst, Präsident des Digitalverbandes Bitkom Eine digitale Verwaltung ist kein Nice-to-have Bitkom hat sich zum Ziel gesetzt, Deutschland zu einem führenden Digitalstandort zu machen. Eine Voraussetzung dafür ist die konsequente Digitalisierung der Verwaltung. Wie bewerten Sie in dieser Hinsicht die bisherige Bilanz vom Bund und – Stichwort „Föderalismus“ – von den Ländern? Wir sind bei der Digitalisierung der Verwaltung im weltweiten Vergleich massiv hintendran – und fallen sogar immer weiter zurück. Im vergangenen Jahr hatten gerade einmal 14 Prozent der Bürgerinnen und Bürger eine Verwaltungsleistung online beantragt, das hat eine Bitkom-Befragung ergeben. Und was war die am häufigsten genutzte digitale Verwaltungsleistung? Die Online-Terminvergabe für den persönlichen Besuch auf dem Amt. Das hatten immerhin schon 61 Prozent gemacht. Und diese Bilanz liegt nicht daran, dass die Menschen die digitale Verwaltung ablehnen. Im Gegenteil: 71 Prozent sind überzeugt, dass sich mit digitalen Behördengängen Zeit sparen lässt. Und 70 Prozent glauben, dass die meisten Behördengänge problemlos auch online erledigt werden können. Diese ernüchternde Bilanz liegt auch am Föderalismus. Wir kommen einfach nicht schnell genug vom Fleck, wenn jeder immer wieder das digitale Rad neu erfindet, auch wenn zum Beispiel eine Kommune in einem anderen Bundesland längst eine funktionierende digitale Lösung entwickelt hat. Das ist auch ein Grund, warum wir mit der Smart Country Convention zusammen mit der Messe Berlin einen Ort geschaffen haben, wo genau dieser Austausch von Best Practices eine zentrale Rolle spielt. Wir haben beim Gezerre um das OZGÄnderungsgesetz in den vergangenen Monaten sehr deutlich gesehen, dass Bund und Länder viel stärker als bisher an einem Strang ziehen müssen – und zwar zusammen mit den Kommunen. Und dann bitte auch alle in eine Richtung. Was muss sich bei der Gesetzgebung und den Zuständigkeiten ändern, damit die Digitalisierung der Verwaltung endlich spürbar besser wird – sowohl für Unternehmen als auch für Bürgerinnen und Bürger? Das OZG 2.0 bietet jetzt unter anderem die Chance, dass mit der BundID eine Basiskomponente für die digitale Verwaltung ausgebaut wird. Außerdem erleichtert es die Nutzung gemeinsamer IT-Standards in Ämtern und Behörden, wodurch das Tempo bei weiteren Digitalisierungsvorhaben beschleunigt werden kann. Wir müssen uns von alleinstehenden Insellösungen verabschieden und wir müssen die Verwaltungsprozesse Bund und Länder müssen viel stärker als bisher an einem Strang ziehen – und zwar zusammen mit den Kommunen. Und dann bitte auch alle in eine Richtung. Dr. Ralf Wintergerst © Bitkom 12 FOKUS dbb magazin | Oktober 2024
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