erfolgreich zu implementieren, braucht es einen strategischen Ansatz. Dieser umfasst die Identifikation geeigneter Anwendungsfälle, den Aufbau erforderlicher GenAI-Fähigkeiten bei den Beschäftigten sowie die Berücksichtigung von GenAI-Risiken und Datenschutz.“ Chatbots für die Bürgerkommunikation Die Anwendungsbereiche von GenAI im öffentlichen Dienst sind vielfältig. Bislang wird die Technologie etwa für bürgerorientierte Kommunikation durch Chatbots eingesetzt, die in ersten Fällen rund die Hälfte der Anfragen übernehmen konnten, die bislang von einem Callcenter bearbeitet werden mussten. Weitere Anwendungsgebiete sind das Erstellen von Zusammenfassungen, die Automatisierung von Änderungsanträgen, die bisher manuell bearbeitet wurden, die Generierung neuer Inhalte wie Broschüren sowie die Softwareentwicklung. Eine noch größere Rolle als bei privaten Unternehmen spielt bei GenAI in der Verwaltung das Thema Sicherheit. Denn vertrauliche Behördendaten könnten an die Öffentlichkeit gelangen oder gestohlen werden, wenn Verwaltungsmitarbeitende diese versehentlich in KI-Modelle eingeben. Ein weiteres Risiko resultiert aus Ergebnissen, die veraltete, unvollständige oder ungenaue Informationen, sogenannte Halluzinationen, enthalten, die das Vertrauen der Öffentlichkeit in staatliche Dienstleistungen gefährden könnten. „Bei der Einführung von GenAI-Anwendungen muss immer auch das Thema Risikominimierung mitgedacht werden. Das gilt nicht nur für rechtliche und technologische Risiken, sondern auch die Stärkung von Risikobewusstsein bei den Beschäftigten“, sagt Julian Kirchherr, Partner bei McKinsey und ebenfalls Co-Autor der Studie. „Grundsätzlich ist GenAI ein vielversprechendes Werkzeug, um die Fachkräftelücke im öffentlichen Dienst in Deutschland zu verkleinern. Dies ist umso wichtiger, da ein starker öffentlicher Sektor ein echter Standortvorteil im internationalen Wettbewerb ist.“ Gebremste Euphorie Auch der dbb ist überzeugt, dass KI einen essenziellen Beitrag im öffentlichen Dienst leisten kann, um das knappe Personal zu entlasten. „Wenn dadurch etwa einfache Routineaufgaben für die Kolleginnen und Kollegen wegfallen, bleibt mehr Zeit für hochwertigere Tätigkeiten oder bessere Serviceleistungen für die Bürgerinnen und Bürger“, sagte Waldemar Dombrowski, zweiter Vorsitzender des dbb, dem Tagesspiegel am 15. Juli 2024 in Reaktion auf die Studienergebnisse. Dadurch würden Genehmigungsfristen kürzer und die Betreuung besser. Außerdem könne die Arbeitsverdichtung sinken und Überstundenberge abgebaut werden. Skeptisch ist Dombrowski jedoch bezüglich der anvisierten Stelleneinsparungen in großem Umfang: „Der akute Personalmangel von über 500 000 Stellen und die anstehenden Verrentungs- und Pensionierungswellen im öffentlichen Dienst sprechen eindeutig dagegen“, so der dbb Vize im Tagesspiegel. Hinzu komme die Vielfältigkeit der Berufe im öffentlichen Dienst: „Der Einsatz von KI hat Grenzen, was die Tätigkeitsbereiche betrifft. Bei Polizei, Schulen sowie Kitas sehen wir wie McKinsey deutlich weniger Potenzial, das liegt in der Natur dieser Berufe.“ Die Zahlen, auf die sich McKinsey im Hinblick auf den Personalmangel beruft, hat der dbb in seiner jährlich erscheinenden Broschüre „Monitor öffentlicher Dienst“ veröffentlicht. Demnach fehlen bei der Bundes- und Landespolizei 51 500 Vollzeitkräfte. In Kitas sind es 98 000, in Schulen 100 000 und in der Alten- und Krankenpflege sogar 110 000. „Zudem braucht es für die Einführung von KI-Systemen wiederum Personal und Kompetenzen, die nicht nur im öffentlichen, sondern auch privaten Sektor händeringend gesucht werden.“ Gegenüber dem dbb magazin machte Dombrowski noch auf einen weiteren Aspekt aufmerksam, der die KI-Euphorie für den öffentlichen Sektor ebenfalls bremsen dürfte: „Bisher sind Bund, Länder und Kommunen noch weit davon entfernt, die Vorgaben des Onlinezugangsgesetzes zu erfüllen, was die flächendeckende Verfügbarkeit digitaler Bürgerdienste betrifft. Weiter ringen viele Verwaltungsbereiche derzeit um einheitliche Standards für die Digitalisierung komplexer Verwaltungsprozesse. Bei diesem ernüchternden Digitalisierungsstand auf die Wunderwirkung künstlicher Intelligenz zu hoffen, verkennt die Ausgangslage.“ Die größte Arbeitsersparnis in der öffentlichen Verwaltung bringe die Automatisierung von Verwaltungsdienstleistungen mit der Hilfe von sogenannter schwacher oder regelbasierter KI. „Konkret geht es dabei um gebundene Verwaltungsentscheidungen, bei denen es keinen Ermessensspielraum gibt, und das geht ohne generative KI“, erläutert Dombrowski. Grundvoraussetzung dafür sei allerdings eine Ende-zu-Ende-Digitalisierung und eine abgeschlossene Registermodernisierung. „Bei beiden Projekten gibt es aber noch erhebliche Probleme und es wird dauern, bis dies überall so implementiert ist, dass der breite Einsatz von KI überhaupt möglich wird.“ br Die McKinsey-Studie im Web: t1p.de/KI_Fachkraefte Webtipp © Thisis Engineering/Unsplash.com (2) FOKUS 15 dbb magazin | Oktober 2024
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