dbb magazin 10/2024

fällig orange gestalteten Boxen, in die man sich zur diskreten Beratung zurückziehen kann, an zehn Standorten, weitere werden folgen. Fragen zum digitalen ZLB-Angebot insgesamt werden in allen Zweigstellen vom Bibliothekspersonal beantwortet. Und zwar „in einer sehr entspannten Atmosphäre“, wie Ralf Stockmann, Direktor Digitale Entwicklung und Verbundangelegenheiten der ZLB, betont. Bibliotheken haben sich längst zum sogenannten Dritten Ort als Zwischenwelt zwischen Arbeit und Zuhause entwickelt, einem Ort, an dem sich zufällige glückliche Begegnungen ebenso ereignen wie Veranstaltungen zu den unterschiedlichsten Themen. Lässt sich dies auch in die digitale Sphäre, in digitale dritte Räume erweitern? Im nächsten Jahr werden dazu erste Experimente in einzelnen Stadtteilbibliotheken stattfinden. Stockmann zeichnet dafür das Bild eines Schwungrads: „Leute mit ähnlichen Interessen und Problemen finden sich in der digitalen Welt, kommen dann analog in der Bibliothek zusammen, holen vielleicht noch Freunde und Bekannte dazu, und dann geht das Ganze wieder von vorn los.“ Bibliotheken seien als digitale Heimat, etwa für Stadtteilinitiativen, gerade deswegen prädestiniert, „weil wir eine besondere Vertrauensstellung genießen. Wir verkaufen unsere Daten nicht, unsere Server stehen nicht in den USA.“ Mit der Vielzahl an Bibliotheksstandorten im gesamten Stadtgebiet sei Berlin natürlich privilegiert; aber eben deshalb wolle man hier erproben, ob man auch auf diesem Weg in die Stadtgesellschaft wirken könne. Ermöglichungs- und Ermächtigungsmaschine Eine andere Idee ist bereits weiter gediehen: Als erste Bibliothek weltweit setzt die ZLB einen Chatbot ein, mit dessen Hilfe „man sich mit dem Katalog unterhalten kann“. Durch die Verbindung von „unseren hochstrukturierten Bibliotheksdaten mit der sprachlichen und Allgemeinwissen-Intelligenz von Chat-GPT“ fügt die ZLB ihrem Katalog eine weitere Ebene hinzu. Das System lässt sich in leichter Sprache bedienen, ungenau und mit Tippfehlern, und zwar in 86 Sprachen. Mit Chat-GPT habe die Welt, so Stockmann, „aus dem Stand ein unerwartet mächtiges Werkzeug in die Hand bekommen, und wir versuchen in Bibliotheken, es möglichst sinnstiftend für die Allgemeinheit einzusetzen“. Deswegen hat die ZLB das Prompt Engineering mit all seinen Alliterationen auf GitHUB publiziert, damit andere die Entwicklung nachvollziehen und das Werkzeug nachbauen können, je nach den eigenen Bedürfnissen. Das geht auch mit einem einfachen und daher kostengünstigen Chat-GPT-Modell. Noch sind die Buchempfehlungen des Chatbots nicht alle treffsicher, er erfordert ständiges Finetuning. Doch die KI, auf der er fußt, ist für Stockmann eine „Ermöglichungs- und Ermächtigungsmaschine“, und zwar eine, die Nutzer durch die leichte Bedienbarkeit zur Selbstermächtigung einlädt. Und vielleicht, so Stockmanns Hoffnung, komme man in fünf Jahren „auf eine Struktur, dass man so etwas zentralisiert anbietet und andere öffentliche Bibliotheken nur ihren Datenbestand bereitstellen müssen“. Das sei schließlich die Mitverantwortung der durch ihre Größe privilegierten ZLB: niedrigschwellige Hilfe bei der digitalen Transformation zu leisten. Und die ist im Bibliotheksbereich in vollem Gange. „Gerade im digitalen Bereich machen sich die Bibliotheken gerade mächtig auf die Reise.“ Die Nutzerinnen und Nutzer danken es ihnen durch steten Zustrom – analog und digital. Nicht nur in Wuppertal, Alzenau und Berlin. Andrea Böltken In Berlin wird diskutiert, die Zentral- und Landesbibliothek, für die seit längerer Zeit ein neuer Standort gesucht wird, im ehemaligen Luxuskaufhaus Galeries Lafayette in der Friedrichstraße umzusiedeln. Wie das aussehen könnte, zeigt ein Rendering. © Render Vision FOKUS 21 dbb magazin | Oktober 2024

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