dbb magazin 10/2024

JOB-PORTRAIT Job-Portrait: Lebensmittelkontrolle Vergammelte Speisen aus dem Verkehr ziehen Dreck in der Küche, keine Seife auf der Mitarbeitertoilette – so geht’s nicht. Die Lebensmittelkontrolle sorgt dafür, dass der Restaurantbesuch unbedenklich bleibt. Der Koch hat tiefgefrorenes Fleisch in einen Eimer mit heißem Wasser gelegt, damit es schneller auftaut. Und es offenbar vergessen. Florian prüft die Temperatur. Das Einstichthermometer im Fleisch zeigt 25 Grad Celsius. Optimale Bedingungen für Bakterien und sonstige fiese Keime. „Appetitlich ist das natürlich nicht, wenn so etwas weiterverarbeitet wird und auf dem Teller landet“, sagt der 31-Jährige. „Und schlimmstenfalls ist es gesundheitsgefährdend.“ Zum Glück kommen Lebensmittel, die bereits ein Eigenleben entwickelt haben, eher selten vor: Florian Ackens arbeitet als Lebensmittelkontrolleur in Mönchengladbach. Innerhalb seines Bezirks überprüft er sämtliche Betriebe, die mit Lebensmitteln zu tun haben, von der Produktion über die Verarbeitung bis zum Konsum. „Meine Arbeit beginnt, sobald ein Landwirt die Kartoffel aus dem Boden geholt hat, und endet, wenn sie im Restaurant auf dem Teller liegt“, erklärt er. Doch es gibt noch weitere Zuständigkeiten: Unter anderem Tabakwaren und Textilien. Zigarettenpackungen aus dem Ausland, die nicht eindeutig deklariert sind, und Hemden, die Ausschlag auf der Haut verursachen, zieht Florian aus dem Verkehr. „Vereinfacht gesagt kontrolliere ich alles, was man isst, trinkt, inhaliert oder was sonst in irgendeiner Weise mit dem Körper in Kontakt kommt.“ So schreibt es das sogenannte Lebensmittel- und Futtergesetzbuch (LFGB) vor, auf dessen Grundlage die Lebensmittelüberwachungsbehörden handeln. Vom Bierbrauen in den öffentlichen Dienst Nach dem Abitur macht Florian, der im niederrheinischen Viersen aufgewachsen ist, zunächst eine Ausbildung zum Bierbrauer. In Frankfurt am Main arbeitet er als Geselle, in München besucht er die Meisterschule. Darauf folgt die Selbstständigkeit. „Ich habe mich auf Fassbier spezialisiert. Aber die Pandemie hat mir einen Strich durch die Rechnung gemacht, weil alle Feste ausgefallen sind.“ Aufgrund dieser Erfahrung rückt der Wunsch nach beruflicher Sicherheit in den Fokus. Florian entscheidet sich für die Lebensmittelkontrolle. „In Mönchengladbach gibt es viel Getränkeindustrie, da konnte ich mit meinem Vorwissen gut andocken“ – und in die Karten spielt ihm, dass er einen Meister in der Tasche hat und damit die Zugangsvoraussetzung erfüllt. „Der Beruf war für mich von Anfang an sinnstiftend. Niemand will nach dem Restaurantbesuch Bauchschmerzen haben.“ Im Juni 2023 schließt Florian die Ausbildung ab und startet in sein zweites Berufsleben. Der Arbeitstag beginnt morgens um halb sieben. „Das ist jedoch meine eigene Entscheidung, wir haben Gleitzeit“, stellt der Lebensmittelkontrolleur klar. Was tagsüber ansteht, regelt eine Software mithilfe eines Punktesystems. Je mehr Punkte ein Betrieb hat, desto häufiger finden Kontrollen statt. Die Intervalle liegen zwischen wenigen Wochen und zwei Jahren. Grundsätzlich unterscheidet das Amt zwischen leichtem, mittlerem und hohem Risikopotenzial. Bei einem Kiosk, der abgepackte Gummibärchen und Schokoriegel verkauft, ist die Gefährdung gering. Anders verhält es sich bei Betrieben, die sensible Verbrauchergruppen mit Nahrungsmitteln versorgen, etwa Kindergärten und Seniorenheime. Klar ist auch: Wer gegen die Regeln verstößt, muss häufiger mit Kontrollen rechnen. „Ach, Sie schon wieder?“ Oder: „Ich bin gerade im Stress, muss das jetzt sein?“ Manchmal gibt’s schnippische Kommentare zur Begrüßung. „Freuen tut sich wahrscheinlich niemand über unseren Besuch“, sagt Florian. Denn die Kontrolle erfolgt stets unangekündigt und bringt möglicherweise Terminpläne durcheinander. „Aber wir wollen sehen, wie der Betrieb im ganz normalen Alltag geführt wird. Sonst ergibt es keinen Sinn.“ Oft sind die Leute nervös – was aber in vielen Fällen unbegründet ist. Händewaschen oft nicht selbstverständlich Zurück in die Restaurantküche: Bevor er mit der Kontrolle beginnt, zieht sich Florian Schutzkleidung an, um sicherzustellen, dass er keine Verunreinigungen verursacht. Er prüft die Haltbarkeit von Lebensmitteln und deren ordnungsgemäße Lagerung. Das Fleisch im Wassereimer ist ein No-Go. Auch die Hygiene lässt Rückschlüsse auf die Lebensmittelsicherheit zu: Sorgfältig inspiziert der Behördenvertreter die Arbeitsfläche, öffnet stichprobenartig Schubladen. Liegen unter den Schränken Lebensmittelreste? Hat sich © komba jugend 26 INTERN dbb magazin | Oktober 2024

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