dbb magazin 10/2024

JUGEND Cockpitbesatzung Automatisierung kann das Team nicht ersetzen Die Diskussion über die Rolle von Pilotinnen und Piloten im Cockpit von Verkehrsflugzeugen hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Mit dem Fortschritt von Automatisierung und künstlicher Intelligenz (KI) in der Luftfahrt wird die Notwendigkeit von zwei Besatzungsmitgliedern im Cockpit infrage gestellt. Ein professionell trainiertes Team aus zwei Menschen im Cockpit bleibt aus Sicherheitsgründen unverzichtbar. Die in der Luftfahrt eingesetzte Automatisierung hat die Sicherheit und die Effizienz im Luftverkehr in den vergangenen Jahrzehnten verbessert. Moderne Flugzeuge sind mit hoch entwickelten Systemen ausgestattet, die viele Aspekte eines Fluges automatisieren und den Menschen in Bereichen unterstützen, wo er zuvor aufgrund mentaler und physischer Beanspruchung an die Grenzen des Leistungsvermögens gekommen war. So übernehmen Computer heute von der Navigation über die Flugleistungskontrolle bis zur automatischen Landung eine Vielzahl von Aufgaben, die einst ausschließlich und unmittelbar von Pilotinnen und Piloten ausgeführt wurden. Dennoch können Automatisierung und künstliche Intelligenz (KI) die menschliche Komponente im Cockpit nicht ersetzen – der Aspekt der Teamarbeit zweier Besatzungsmitglieder bleibt entscheidend. In der Diskussion um die Bedeutung von zwei Piloten im Cockpit von Verkehrsflugzeugen ist es wichtig, die adaptive Natur des menschlichen Reglers und die Vorteile menschlicher Teams in Notsituationen zu verstehen. In der Regelungstechnik wird ein System als eine Abfolge von Prozessen betrachtet, die darauf abzielt, einen gewünschten Zustand zu erreichen oder zu halten, indem verschiedene Eingangsgrößen verarbeitet werden. Diese Prozesse werden durch sogenannte Übertragungsfunktionen beschrieben, die festlegen, wie Eingangsgrößen zu Ausgangsgrößen führen. Diese Zuordnungen können sehr unterschiedliche Eigenschaften haben, linear oder nicht linear sein und dämpfende oder verstärkende Elemente enthalten. Im Kontext eines Mensch-Maschine-Systems, wie in einem Cockpit, fungiert der Mensch als anpassungsfähiger Regler. Er kann je nach Situation verschiedene Übertragungsfunktionen abrufen und seine Entscheidungen entsprechend anpassen. Diese Anpassungsfähigkeit hängt stark vom Trainingsstand der Person ab, weshalb regelmäßiges Training für das Cockpitpersonal so wichtig ist. In Notsituationen oder bei unerwarteten Ereignissen im Flugzeug reagiert eine Pilotin oder ein Pilot aber nicht nur auf vordefinierte Szenarien, sondern muss die eigenen Handlungen kontinuierlich an sich dynamisch verändernde Bedingungen anpassen. Diese Fähigkeit zur Anpassung ist ein entscheidender Vorteil gegenüber rein automatisierten Systemen, die möglicherweise Schwierigkeiten haben, flexibel auf neue oder unvorhergesehene Situationen zu reagieren, auch wenn es Bestrebungen gibt, genau diese Fähigkeit durch künstliche Intelligenz (KI) zu ermöglichen. KI hat kein Bewusstsein Bei KI-Systemen stellt sich die Frage nach dem sogenannten Black-Box-Verhalten. Im Gegensatz zu der bisher in Verkehrsflugzeugen eingesetzten, rein deterministischen Automatisierung sind hier die Übertragungsfunktionen undurchsichtig. Diese Intransparenz ist jedoch bei der Steuerung komplexer Verkehrssysteme äußerst unerwünscht. Man könnte einwenden, dass auch die Entscheidungsprozesse einer Pilotin oder eines Piloten nicht vollständig mathematisch nachvollziehbar sind. Trotzdem basieren diese auf der durch Training und Wissen erworbenen Erfahrung eines „vernünftigen“ Reglers. Ein solcher Regler kann nicht nur auf erlerntes Wissen und Verfahrensweisen zurückgreifen, sondern ist auch in der Lage, Probleme im Team zu lösen. Entscheidend ist, dass Pilotinnen und Piloten über ein eigenes Situationsbewusstsein verfügen: Sie wissen, dass sie fliegen und berücksichtigen dies in ihren Entscheidungen und Aktionen. Dieses Bewusstsein fehlt bislang jedem auch noch so weit entwickelten © Getty Images/Unsplash.com 34 INTERN dbb magazin | Oktober 2024

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