dbb magazin 10/2024

KI-System und es ist fraglich, ob KI jemals in der Lage sein wird, ein eigenes Bewusstsein zu generieren. Insbesondere in Notsituationen trägt die Anwesenheit von zwei Piloten im Cockpit zur Beschleunigung der Situationsanalyse und Problemlösung bei. Die Parallelisierung von Arbeits- und Problemlösungsschritten ermöglicht es, mehrere Aspekte einer Situation gleichzeitig zu erfassen und zu bewerten. Während sich einer der beiden Piloten auf die unmittelbaren Handlungen der Flugführung konzentriert, kann das andere Crewmitglied die Situation analysieren, alternative Lösungen evaluieren und zusätzliche Informationen sammeln. Diese parallelen Aktivitäten ermöglichen eine schnellere und umfassendere Reaktion auf die Krise, speziell dann, wenn beide effizient miteinander kommunizieren, wie es im Rahmen des heute üblichen „Crew Resource Managements“ (CRM) umfassend trainiert wird. Training und Erfahrung Im Gegensatz dazu würde das sequenzielle Bearbeiten von Problemen durch nur einen Piloten oder eine Pilotin in Notsituationen schnell zu einer Überlastung des Einzelnen führen. Die menschliche Kapazität zur Informationsverarbeitung und Entscheidungsfindung ist begrenzt und in Stresssituationen kann die Fähigkeit, angemessen zu reagieren, erheblich beeinträchtigt sein. Das wiederum führt unter Umständen zu mangelhafter Problemanalyse und unzureichender Lösungsfindung, was das Risiko von Fehlentscheidungen mit schwerwiegenden Folgen für die Sicherheit eines Fluges erhöht. Derzeit ist keine Abhilfe durch die Interaktion mit einem KI-gesteuerten virtuellen Co-Piloten absehbar, da die soziale Dimension gemeinschaftlicher menschlicher Problemlösung mehr ist als die rein sprachliche Kommunikation. Sie hängt von vielen sensorischen Faktoren ab, die bisher nur Menschen in ihrer Interaktion aufbringen können. Zudem führt der Abgleich mentaler Modelle und Lösungsansätze nur bei mindestens zwei Besatzungsmitgliedern zu Redundanz und damit zu Fehlerverhinderung. Der Einsatz zweier Piloten im Cockpit von Verkehrsflugzeugen birgt eine weitere Dimension, die in Zeiten fortschreitender Automatisierung an Bedeutung gewinnt. So kann ein hoher Grad an Automatisierung in Flugführung, Flugzeugsystemmanagement sowie Kommunikation insbesondere bei Langstreckenflügen dazu führen, dass Pilotinnen und Piloten in einen Zustand der Langeweile und Unterforderung (Bore-out) geraten. Gerade der Langstrecken-Reiseflug wird von Befürwortern eines Ein-PersonenCockpits fälschlicherweise als bester Anwendungsfall für „Reduced Crew Operations“ (RCO) dargestellt. Damit liegt die optimale Balance zwischen Automatisierung und menschlicher Interaktion im Spannungsfeld zwischen Überlastung und Boreout. Die Problemlösung in kritischen Systemzuständen kann am effizientesten durch die Kooperation zweier menschlicher Operateure sichergestellt werden. Diese Teamwork-Fähigkeit kann nicht von einer KI emuliert werden. Die adaptive Natur des menschlichen Reglers und die Fähigkeit zur Beschleunigung der Situationsanalyse und Problemlösung durch Teamwork im Cockpit bleiben entscheidende Elemente für die Sicherheit und Effizienz des Luftverkehrs. Dr. Daniel Schaad, Leiter Flight Safety, Vereinigung Cockpit e. V. Nicht objektiv messbare Erfahrung Das Verwaltungsgericht Köln hat am 16. August 2024 (15 L 236/24) im Rahmen eines Konkurrentenstreitverfahrens zugunsten eines Mitglieds des Verbandes der Beamten der Bundeswehr (VBB) entschieden. Der Antragsteller hatte gegen die Besetzung eines Referatsleiterpostens im Bundesministerium der Verteidigung geklagt. Das Gericht untersagte der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Verteidigungsministerium, den Posten mit der ausgewählten Mitbewerberin oder einer anderen Person zu besetzen, bis über die Bewerbung des Antragstellers unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden wird. Der Antragsteller hatte eine deutlich bessere dienstliche Beurteilung als die ausgewählte Mitbewerberin, wurde jedoch vom Verteidigungsministerium bereits in der ersten Stufe des Auswahlverfahrens aussortiert. Das Ministerium begründete dies mit einem fehlenden Merkmal: „Erfahrung in der Informationsarbeit der Bundeswehr.“ Das VG Köln stellte jedoch fest, dass dieses Merkmal nicht konstitutiv sein könne, da es eine wertende Betrachtung erfordere. Aufgrund der inhaltlichen Breite der Informationsarbeit sei es schwierig, diese Anforderung eindeutig zu überprüfen. Das Ministerium habe somit das Bewerberfeld unzulässig eingeschränkt. Da das Ministerium den Antragsteller nicht schon in der ersten Auswahlstufe hätte ausschließen dürfen, war die Auswahlentscheidung rechtswidrig. Das Gericht entschied, dass der Antragsteller in einem erneuten Auswahlverfahren möglicherweise gegenüber der Mitbewerberin, die schlechter bewertet wurde, erfolgreich sein könnte. Zudem bestünde ein Anordnungsgrund, da die Stelle zeitnah besetzt werden sollte. Daher wurde die einstweilige Anordnung erlassen, um die Besetzung der Stelle vorläufig zu verhindern. Das Urteil zeigt, dass Auswahlentscheidungen nach Art. 33 Abs. 2 GG ausschließlich anhand der Kriterien Eignung, Befähigung und fachliche Leistung getroffen werden müssen. Konstitutive Anforderungsprofile müssen eindeutig und objektiv überprüfbar sein. Fakultative Merkmale, die weniger klar definiert sind, können nur dann eine Rolle spielen, wenn die Bewerber in den Hauptkriterien gleichauf liegen. Fall des Monats Der dbb gewährt Einzelmitgliedern seiner Mitgliedsgewerkschaften berufsbezogenen Rechtsschutz. Zuständig dafür sind die Juristinnen und Juristen der dbb Dienstleistungszentren in Berlin, Bonn, Hamburg, Nürnberg und Mannheim. Im „Fall des Monats“ gewährt das dbb magazin Einblick in deren Arbeit. dbb Dienstleistungszentren INTERN 35 dbb magazin | Oktober 2024

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