dbb magazin 10/2024

NACHRICHTEN Personalmangel im öffentlichen Dienst 570 000 Beschäftigte fehlen Dem Staat fehlen nach aktueller Einschätzung des dbb über 570 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Aufgrund ständiger Aufgabenzuwächse sowie neuer Herausforderungen in den Bereichen Bildung, Zuwanderung und innere Sicherheit benötigen vorwiegend Länder und Kommunen zusätzliches Personal, damit sie ihre Aufgaben erfüllen können. „Auch wenn die absolute Beschäftigtenzahl im öffentlichen Dienst seit einigen Jahren wieder leicht ansteigt und aktuell rund 5,26 Millionen beträgt, spitzt sich der Personalmangel weiter zu“, sagt dbb Chef Ulrich Silberbach. Die Angaben zum Personalmangel habe eine Abfrage unter den dbb Mitgliedsgewerkschaften ergeben. Im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ, Ausgabe vom 5. September 2024) konkretisierte Silberbach seine Befürchtungen: „Allerdings hat die Befragung vor dem Anschlag von Solingen stattgefunden. Eigentlich brauchen wir also noch mehr Leute“, so der dbb Bundesvorsitzende mit Blick auf das Sicherheitspaket, das die Bundesregierung als Reaktion auf das Messerattentat in Solingen vom 23. August 2024 auf den Weg gebracht hat. Silberbach übte deutliche Kritik an den Beschlüssen der Bundesregierung: „Das sind Placebobeschlüsse – jedenfalls dann, wenn sich die Personalausstattung von Justiz, Polizei und in den kommunalen Ausländerbehörden nicht verbessert. Dass sich Ausreisepflichtige derzeit so leicht ihrer Abschiebung entziehen können, hat ganz entscheidend damit zu tun, dass vielen Ausländerbehörden die Kapazitäten für wiederholte Abschiebeversuche fehlen, dass Verfahren ‚verfristen‘ oder Abschiebungen an Personalmangel scheitern. Die Politik packt dieses Problem nicht an.“ Dies sei symptomatisch für den Umgang der Politik mit dem öffentlichen Dienst in den vergangenen Jahren: Zwar sei die Zahl der Beschäftigten im öffentlichen Dienst zuletzt gewachsen – aber nie so schnell wie die durch die Politik vorgegebene Aufgabendichte. Silberbach: „Unsere Zahlen sind keine Wunschzahlen, sondern ergeben sich aus den Aufgaben, die die Politik uns stellt. Die Migration, die Alterung der Gesellschaft, die ‚Zeitenwende‘, um nur einige aktuelle Herausforderungen zu nennen, werden wir nur bewältigen, wenn der Staat seinen Auftrag erledigt und dafür entsprechend Personal vorhält. Es stimmt, dass wir so viele Leute niemals bekommen werden. Umso mehr muss die Politik endlich Prioritäten setzen und an anderer Stelle Aufgaben reduzieren.“ Konkret nannte er in diesem Zusammenhang unter anderem bestimmte Dokumentationspflichten in Kitas und im Gesundheitsbereich, sie müssten „reduziert und digitalisiert werden“. Silberbach warnte davor, dass eine längere Lebensarbeitszeit angesichts des Personalmangels höchstens eine freiwillige Übergangslösung sein könne: „Die Politik kann so nicht das Nachwuchsproblem lösen. Ich kann mir aber vorstellen, dass bei Bedarf, Leistung, Eignung und Befähigung sowie Interesse manche Kollegen auch über die gesetzliche Altersgrenze hinaus arbeiten. Warum sollte etwa ein Richter nicht auch mal bis 72 arbeiten – wenn er und der Dienstherr das wollen?“ Model Foto: Colourbox.de 4 AKTUELL dbb magazin | Oktober 2024

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==