In den saarländischen Landesverwaltungen und Schulen herrscht große Unzufriedenheit mit den Arbeitsbedingungen. Das ist das Ergebnis einer anonymen Online-Kurzbefragung des dbb saar, an der sich rund 3 000 Beschäftigte sowie Beamtinnen und Beamten beteiligt haben. Über 85 Prozent der Befragten nehmen ihre aktuelle Arbeitsbelastung als hoch oder sehr hoch wahr. Auch sind 72 Prozent mit dem Stand der Digitalisierung in ihrem Bereich wenig oder gar nicht zufrieden, ebenso wie 83 Prozent mit der Wertschätzung ihrer Arbeit unzufrieden sind. 74 Prozent gaben an, mit der aktuellen Bezahlung nicht zufrieden zu sein, und 67 Prozent wissen aktuell nicht, ob sie sich nochmals für ihren Beruf entscheiden würden. „Fachkräftemangel, demografischer Wandel sowie die Digitalisierung von Verwaltungsvorgängen und Bürgerdiensten bleiben Herausforderungen, für die Politik, Dienst- und Arbeitgebende bislang unzureichende Lösungen liefern“, kommentierte dbb Landeschef Ewald Linn die Ergebnisse. Zudem hätte der Personalabbau als Teil der Umsetzung der Schuldenbremse in den zurückliegenden Jahren dazu geführt, dass der öffentliche Dienst im Saarland „auf Kante genäht“ ist. Im Saarland seien seit 2013 rund 1 800 Stellen abgebaut worden. So belaste die steigende Arbeitsbelastung, die schleppende IT-Unterstützung und die abgehängte Bezahlung weiter den Berufsalltag. Erschwerend komme hinzu, dass in den nächsten zehn Jahren rund 27 Prozent des Personals durch Ruhestand und Verrentung ausscheiden – eine Lücke, die nicht allein durch Digitalisierung und KI gefüllt werden könne. Der dbb saar fordert die Politik dazu auf, die Schuldenbremse flexibler zu gestalten, damit der Staat seine Aufgaben der Daseinsvorsorge erfüllen kann, ohne das bestehende Personal dauerhaft zu überlasten. Für die Weiterentwicklung eines leistungsfähigen und modernen öffentlichen Dienstes sind aus Sicht des dbb saar und der Personalvertretungen folgende Punkte unerlässlich: Stärkung der Daseinsvorsorge und eine Überprüfung des strukturellen Personalmangels, kontinuierliche Aufgabenanalyse, keine neuen Aufgaben ohne zusätzliches Personal, ein Masterplan zur Gewinnung von Fachkräften und Nachwuchs sowie die beschleunigte flächendeckende Digitalisierung in Verwaltungen und Schulen. Ferner erwarten die Beamtinnen und Beamten eine angemessene Besoldung, die sich nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) richtet und nicht nach der Haushaltslage des Landes. Die Gewerkschaft der Sozialversicherung (GdS) hat Kritik an den Plänen der Bundesregierung für eine sogenannte Rentenaufschubprämie geäußert, mit der Beschäftigten, die über das Renteneintrittsalter hinaus arbeiten, eine steuer- und abgabenfreie Einmalzahlung gewährt werden soll. Die Maßnahme zielt darauf ab, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, und ist Teil der im Juli beschlossenen Wachstumsinitiative der Regierungskoalition. Sie wurde am 4. September 2024 vom Bundeskabinett verabschiedet, bedarf aber noch der Beratung im Bundestag. Maik Wagner, Bundesvorsitzender der GdS und dbb Vize, glaubt, dass die Prämie Fehlanreize setzen könnte: „Unsere Befürchtung ist, dass sie nur denjenigen hilft, die ohnehin vorhatten, über ihre Renteneintrittsgrenze hinaus zu arbeiten. Für Beschäftigte, die dafür noch fit genug sind, gibt es allerdings schon einen Anreiz innerhalb des Rentensystems, denn die Rente wird für jedes zusätzlich gearbeitete Jahr um sechs Prozent erhöht.“ Wagner kritisierte auch die finanzielle Belastung für die Rentenversicherung: „Der Rentenversicherung stehen keine unerschöpflichen Mittel zur Verfügung. Diese zusätzlichen Gelder müssten an anderer Stelle gekürzt oder die Beiträge weiter erhöht werden. Die Rentenversicherung geriete so unter dem Postulat der Fachkräftesicherung in weitere Schieflage.“ Besonders problematisch seien die Auswirkungen auf die Kranken- und Pflegeversicherung, so Wagner: „Die aufgeschobene Rente wäre durch die Prämie abgabenfrei, was bedeutet, dass der Kranken- und Pflegeversicherung die Beiträge entgehen, die bei einem regulären Rentenbezug anfallen würden. Auch die vorgesehene Regelung, Arbeitgeberbeiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung als Bruttolohn an ältere Beschäftigte weiterzugeben, ist problematisch, denn auch dies führt zu erheblichen Einnahmeverlusten bei der Sozialversicherung.“ Der GdS-Bundesvorsitzende forderte die Bundesregierung auf, den sozialen Zusammenhalt nicht zu gefährden. Die Sozialversicherung stehe unter massivem finanziellen Druck. dbb saar Negative Stimmung fordert Konsequenzen GdS Rentenaufschubprämie belastet die Sozialversicherung Ewald Linn, Vorsitzender des dbb saar Maik Wagner, Bundesvorsitzender der GdS 46 KOMPAKT dbb magazin | Oktober 2024
RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==