rung noch einiges unternehmen, damit die Ankündigungen nicht verhallen. „Die Politik darf das Momentum jetzt nicht vorbeiziehen lassen. Sie muss den dauerhaften Willen aufbringen, den Bürokratieabbau vom Einzel- zum systematischen Regelfall zu machen“, so Goebel. Bürokratieabbau muss Regelfall sein Der Jahresbericht begrüßt die Selbstverpflichtung der Bundesregierung, jedes Jahr ein Bürokratieentlastungsgesetz vorzulegen, damit Bürokratieabbau vom punktuellen Ausnahmefall zum systematischen Regelfall wird. „Die Ankündigung, die Gesamtbelastung beim Erfüllungsaufwand Jahr für Jahr unter den Vorjahreswert zu drücken, muss mit der Festlegung eines konkret messbaren Abbauziels sowie der Verschärfung der ,One in, one out‘-Regel verbunden werden. Ziel sollte es sein, den Erfüllungsaufwand als auch die Bürokratiekosten innerhalb von vier Jahren um 25 Prozent abzubauen“, heißt es in dem Bericht. Bürokratieabbau werde dann spürbar, wenn Gesetze die beabsichtigten Ziele wirksam und zügig erreichen und wenn sie einfach und digital vollzogen werden können. Dazu trügen der flächendeckende Digitalcheck und der punktuelle Praxischeck bei. Der NKR empfiehlt darüber hinaus, Praxischecks auch schon während eines Gesetzgebungsverfahrens einzusetzen, um frühzeitig Lösungen zu finden und Alternativen abzuwägen. Dabei sollten Praxis- und Digitalcheck zusammen gedacht und systematisch auf Basis von Visualisierungen und Prozessmodellen durchgeführt werden. Das grundsätzliche Ziel von Politik und Verwaltung sollte sein, Vereinfachungspotenziale zu erschließen. „Jede Ministerin, jeder Minister ist aufgerufen, nicht nur immer neue Regeln hinzuzufügen, sondern den Rechtsbestand zu evaluieren, zu konsolidieren und zu optimieren“, so die Studienautoren. Aufgabenverteilung überdenken, Digitalisierung forcieren Einen großen Hebel, um bessere Leistungen anzubieten und Effizienzreserven zu heben, sieht der NKR in der Standardisierung von Prozessen und Schnittstellen sowie der Bündelung von Serviceangeboten. Bislang fehle jedoch gerade im Bereich der Digitalisierung eine allgemeine Strategie. So sei das Onlinezugangsgesetz zwar novelliert worden, schrecke aber genauso wie die Registermodernisierung vor weitergehenden Eingriffen in das Kompetenzgefüge von Bund und Ländern zurück. Aus Sicht des NKR wäre der im Koalitionsvertrag vorgesehene Föderalismusdialog der richtige Rahmen für notwendige Reformen. Weiterhin kritisiert der NKR fehlendes Tempo für die Digitalisierung in Deutschland. Auch sei die dafür erforderliche Ressourcenlage ungenügend oder habe sich sogar verschlechtert. „Weder im federführenden BMI noch beim föderal zuständigen IT-Planungsrat sind ausreichend Personal und Finanzmittel vorhanden. Bestehende Minimalbudgets wurden weiter gekürzt, etablierte Services mussten abgeschaltet werden. Eine Priorisierung sieht anders aus“, so der Jahresbericht. Auf europäischer Ebene setzt sich der NKR für eine Verschnaufpause bei der Regulierung ein: „Ob Lieferkettenrichtlinie oder Nachhaltigkeitsberichterstattung – Deutschland kaut noch lange an den Regulierungsbrocken der vergangenen Jahre. Deshalb ist es richtig, wenn die Bundespolitik mit Forderungen an die Kommission herantritt, um die EU-Regulierung zurückhaltender, bürokratieärmer und zielgenauer zu gestalten.“ Zur Wahrheit gehöre auch, dass Deutschland seiner eigenen Verantwortung bei den Verhandlungen in Brüssel gerecht werden und aktiver als bisher auf die Vermeidung unverhältnismäßiger Bürokratie drängen müsse. Im Europäischen Rat stünden der Bundesregierung dafür alle Wege offen. Dazu müsse die Bundesregierung mit einer Stimme sprechen und bei den Verhandlungen von Anfang an die Kostenfolgen für Deutschland einbeziehen. Silberbach: Bürokratiekosten runter, Zukunftsinvestitionen rauf Der dbb unterstützt die Empfehlungen des NKR für Bürokratieabbau und Kostenkontrolle und fordert weitere Investitionen in den öffentlichen Dienst. „Wir kommen von einem sehr hohen Bürokratiekostenniveau, und das muss weiter und vor allem schneller heruntergeschraubt werden“, sagte dbb Chef Ulrich Silberbach in Berlin. „Der Knackpunkt ist, dass die Wirtschaft zwar erstmals seit 2019 von Bürokratiekosten entlastet wird, die Verwaltung aber weiter viel Zeit und Geld für die Erfüllung neuer und bestehender gesetzlicher Vorgaben investieren muss.“ Das sei in Zeiten angespannter Haushalte und fehlender Fachkräfte inakzeptabel und bremse zudem die dringend erforderliche Verwaltungsmodernisierung: „Der dbb unterstützt deshalb die Forderung des NKR, nicht nur Aufwuchs zu vermeiden, sondern das Bestandsrecht zu vereinfachen.“ Um die vom NKR anvisierten 25 Prozent weniger Bürokratiekosten und Erfüllungsaufwand in vier Jahren auch nur annähernd zu erreichen, müsse sich die Bundesregierung konsequenter als bisher ins Zeug legen. „Das kann nur gelingen, wenn die daraus resultierenden Einsparungen in Milliardenhöhe mindestens teilweise als Investitionen in die Verwaltungen zurückfließen, um Personal aufzubauen, die Digitalisierung voranzutreiben und die Strukturen des öffentlichen Dienstes zukunftsfest zu machen.“ br „Die Politik muss den Willen aufbringen, den Bürokratieabbau vom Einzel- zum systematischen Regelfall zu machen.“ Lutz Goebel „Einsparungen in Milliardenhöhe müssen mindestens teilweise als Investitionen in die Verwaltungen zurückfließen.“ Ulrich Silberbach Als unabhängiges Kontroll- und Beratungsgremium zieht der NKR im Jahresbericht Bilanz zum Stand des Bürokratieabbaus und den Bemühungen der Bundesregierung, die Gesetzgebung zu verbessern und die Verwaltung zu digitalisieren. Betrachtet wird der Berichtszeitraum Juli 2023 bis Juni 2024. Der komplette Jahresbericht zum Download: t1p.de/ NKR_Jahresbericht Der NKR-Jahresbericht im Netz FOKUS 15 dbb magazin | November 2024
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