Form und nicht mehr als riesige Aktenberge erhielten, konnten Sachverhalte in kurzer Zeit geprüft und sogar miteinander verbunden werden. Die Bearbeitungszeit sank, die Prüfintensität des Einzelfalls stieg. Wenn man solche Verfahren betrachtet, dann weiß man, dass sich die Investitionen in Ausstattung und digitale Infrastruktur lohnen. Deshalb: Ja, es gibt gute und mittlerweile auch sehr viele sehr gute Beispiele, wie sich Digitalisierungen in der öffentlichen Verwaltung rechnen. Vom Onlinezugangsgesetz (OZG) habe ich noch gar nicht gesprochen. Hier hat Hessen zum Beispiel den digitalen Führerscheinantrag oder den digitalen Gewerbesteuerbescheid etabliert. Die Umsetzung dieser und weiterer Maßnahmen wird zu einem enormen Schub an Bürgerfreundlichkeit und Verwaltungseffizienz führen – da bin ich mir sicher. Doch wir dürfen uns auch nichts vormachen. Die persönliche Ansprechbarkeit ersetzt solche Möglichkeiten nicht. Was nützt mir der digitale Führerscheinantrag, wenn ich dann über Monate auf einen Termin zum Abholen warten muss? Digitales ersetzt keine Menschen Ein zentrales Anliegen für mich ist es deshalb, den Menschen als ersten Ansprechpartner des Staates nicht zu ersetzen. Der OneStop-Shop, von dem immer gesprochen wird, braucht aus meiner Sicht ein menschliches Antlitz. Erst dann sollen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im weiteren Verfahren auf eine effizientere staatliche Infrastruktur zurückgreifen können. Die Verwaltungsmodernisierung darf gerade nicht zu einer digitalen Abnabelung vom Bürger führen. Die Debatten der Vergangenheit, dass die Digitalisierung personelle Rationalisierungs- beziehungsweise Abbaupotenziale freilege, halte ich im Übrigen für überholt. Denn auch die öffentliche Verwaltung spürt den Fachkräftemangel massiv. Was man heutzutage noch mit einem intensiveren Campaigning bei der Rekrutierung kompensieren kann, wird uns in nur wenigen Jahren nicht mehr helfen. Wir brauchen deshalb jedes erdenkliche Rationalisierungspotenzial durch die Digitalisierung, um nur die Lücken im Personaltableau der öffentlichen Verwaltung zu stopfen. Bürokratieabbau ist eine Teamleistung. Das gilt nicht nur in Bezug auf die Akteure, sondern auch mit Blick auf die materiellen Themen. Digitalisierung und Entbürokratisierung müssen Hand in Hand gehen. Jeder Verwaltungsprozess, der digital abgebildet werden soll, muss zuvor auf seine Effizienz und ebenso auf seine Anwendungsfreundlichkeit für die Bürgerinnen und Bürger geprüft werden. Hier spielt insbesondere auch die Datenerfassung des Staates eine Rolle. Denn das immer wieder neue Abfragen gleicher Daten ist eine der häufigsten und nachvollziehbarsten Beschwerden. Deshalb: Hilft die Digitalisierung bei der Entbürokratisierung? Ja. Ist sie das Zaubermittel der Entbürokratisierung? Nein. Der Staat ist menschengemacht und für die Menschen da. Bürokratieabbau gelingt nur dann, wenn wir zuerst an den Bürger und dann an den Staat denken. _ FOKUS 23 dbb magazin | November 2024
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