STUDIE eGovernment MONITOR 2024 Der Staat muss Vertrauen zurückgewinnen Eine nutzerorientierte Digitalisierung der Verwaltung hat das Potenzial, das Vertrauen der Bevölkerung in den Staat nachhaltig zu stärken. Aktuell nehmen allerdings nur wenige den Staat als leistungsfähig wahr, besonders im Vergleich zur Privatwirtschaft. Das ist eines der zentralen Ergebnisse des eGovernment MONITOR 2024 der Initiative D21. Der eGovernment MONITOR ist eine Studie der Initiative D21 und der Technischen Universität München (TUM) unter Schirmherrschaft der Bundesministerin des Innern und für Heimat, Nancy Faeser. Durchgeführt wird die Studie von Kantar, einem Unternehmen für Marketingdaten und -analysen. Den aktuellen Ergebnissen zufolge glauben nur 19 Prozent der Befragten (+6 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahreswert), dass Behörden und Ämter so effizient arbeiten wie Wirtschaftsunternehmen. Gleichzeitig erwarten 70 Prozent (+7 Prozentpunkte), dass sie die Angebote der Verwaltung im 21. Jahrhundert genauso einfach und bequem online nutzen können, wie sie es aus ihrem Alltag gewohnt sind. Die Studie zeigt aber auch: Für rund die Hälfte der Bürgerinnen und Bürger sind einfach und schnell nutzbare digitale Angebote ein Grund, dem Staat (wieder) mehr zu vertrauen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser ist zuversichtlich: „Digitale Verwaltungsleistungen können entscheidend dazu beitragen, das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Staat zu steigern. Umso erfreulicher ist es, dass immer mehr Menschen sie nutzen. Das ist in diesem Jahr insbesondere beim Online-Ausweis zu sehen, der die Grundlage für viele weitere staatliche digitale Services bildet. Auch die Möglichkeit, sich einheitlich per Smartphone ausweisen zu können, stößt auf großes Interesse.“ Diese Zuversicht teilt dbb Chef Ulrich Silberbach nur bedingt: „Die Ergebnisse decken sich mit den Ergebnissen aus der vergangenen dbb Bürgerbefragung. Eine große Mehrheit der Menschen hält den Staat für überfordert und nicht mehr leistungsfähig. Substanzielle Fortschritte bei der Digitalisierung der Verwaltung sind dringend nötig, um die Leistungsfähigkeit des Staates zu erhöhen und damit das Vertrauen der Menschen in den Staat zurückzugewinnen.“ Der dbb habe die Notwendigkeit einer effizienten Verwaltungsdigitalisierung stets betont, unterstreicht der Bundesvorsitzende. Trotz schwieriger Haushaltslage müsse das Thema ganz oben auf der Agenda stehen: „Wenn wir bei der Digitalisierung nicht vorankommen, fürchte ich, dass das Ansehen des Staates weiter abnimmt. Die Menschen nehmen die Zettelwirtschaft doch nicht mehr ernst. Sie erwarten berechtigterweise digitale Lösungen und zeitgemäße Standards. Die Politik darf nicht an der Zukunft sparen!“ Online-Ausweis ohne Schlüsselfunktion In diesem Zusammenhang sollte der elektronisch nutzbare Personalausweis schon längst eine Schlüsselrolle bei der Digitalisierung spielen. Seit 2010 können sich die Bürgerinnen und Bürger bereits digital ausweisen, aber erst im Jahr 2024 nimmt die Nutzung des OnlineAusweises in Deutschland deutlich zu: Der Anteil der Personalausweisinhaber, die den Online-Ausweis nutzen, steigt von 14 Prozent im Vorjahr auf aktuell 22 Prozent. Dieser Anstieg ist in allen Bevölkerungsgruppen messbar und vor allem darauf zurückzuführen, dass mehr Menschen Anwendungsfälle für sich entdeckt haben. Dennoch nutzen immer noch drei von vier Personen den Online-Ausweis nicht. Zu oft fehlen Nutzen und alltagsrelevante Anwendungsmöglichkeiten; außerdem erscheint vielen die Einrichtung der OnlineFunktion zu kompliziert oder sie wissen gar nicht, wie das geht. Trotz eines deutlichen Anstiegs der Nutzung ist der Online-Ausweis aktuell noch weit davon entfernt, eine zentrale Schlüsselfunktion für E-Government zu übernehmen. „Bei aller berechtigten Kritik: Deutschland ist an vielen Stellen besser, als man gemeinhin denkt“, kommentiert D21-Präsident Marc Reinhardt die Ergebnisse. „Die Verwaltungsdigitalisierung hat sich in den vergangenen Jahren messbar beschleunigt, was jetzt langsam auch bei den Bürgern ankommt. Angesichts des dennoch gesunkenen Vertrauens in den Staat und seine Leistungsfähigkeit im vergangenen Jahr können wir uns damit aber © CC BY 4.0/eGovernment MONITOR 2024 (4) 24 FOKUS dbb magazin | November 2024
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