JUGEND Beleidigungen und Übergriffe Wie der Arbeitsplatz sicherer wird Der Trend ist besorgniserregend. Was tun, um Beschäftigte im öffentlichen Dienst zu schützen? Darüber hat die dbb jugend beim Bundesjugendausschuss am 20. September 2024 in Kiel unter anderem mit Sabine Sütterlin-Waack (CDU), Innenministerin von Schleswig-Holstein, diskutiert. Eltern und Kinder, die gegenüber Lehrkräften ausfallend werden. Öffentliche Diffamierungen in den sozialen Medien. Der Tacker auf dem Schreibtisch, der im Arbeitsamt plötzlich zur Waffe wird. Der Mann in der Behörde, der einen Sachbearbeiter sucht, mit einer Glasscherbe in der Hand. Der Messerangriff in Mannheim, bei dem ein Polizist starb. Das sind nur einige Beispiele für Übergriffe und Angriffe, mit denen Beschäftigte des öffentlichen Dienstes konfrontiert sind. Bekannt ist lediglich die Spitze des Eisbergs. Laut einer Studie des Bundesinnenministeriums kommen lediglich drei von zehn Übergriffen zur Anzeige. Angesicht der Tatsache, dass jede vierte Person im öffentlichen Dienst bereits Gewalt am Arbeitsplatz erlebt hat, ist das viel zu wenig, unterstreicht die AG Sicherheit der dbb jugend. Deshalb haben die jungen Gewerkschafter beim Bundesjugendausschuss, der am 20. und 21. September in Kiel tagte, eine Podiumsdiskussion zum Thema organisiert. Alexander Seeger moderierte den Austausch. Aufruf für mehr Respekt und Selbstkritik Sabine Sütterlin-Waack, Innenministerin von Schleswig-Holstein, stellte gleich zu Beginn klar: „Was Polizei und Feuerwehr durchmachen müssen, dürfen wir nicht hinnehmen. Gewalt gegen Rettungskräfte geht gar nicht!“ Entscheidend sei, die Betroffenen nach belastenden Einsätzen aufzufangen. Wer Bedarf hat, soll niedrigschwellige Hilfe in Anspruch nehmen können – etwa durch Psychologen oder geschulte Beamtinnen und Beamte. Ob schärfere Gesetze dazu beitragen können, für mehr Sicherheit zu sorgen? Die Ministerin äußerte Zweifel: „Die Leute, die übergriffig werden, schauen nicht vorher ins Gesetzbuch, deshalb sind schärfere Gesetze aus meiner Sicht nicht zielführend.“ Vielmehr komme es darauf an, die bestehenden Gesetze anzuwenden und die rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen. „Egal ob haupt- oder ehrenamtlich – wer sich für die Gesellschaft einsetzt, hat Respekt verdient. Wir müssen eng zusammenstehen und allen, die Übergriffe erleben, den Rücken stärken.“ „Laut einer aktuellen Umfrage des dbb halten 70 Prozent der Menschen den Staat für überfordert.” Um Vertrauen wiederherzustellen, rief die CDU-Politikerin die Beschäftigten im öffentlichen Dienst auch zur Selbstkritik auf. Wenn ein wütender Bürger aufs Amt kommt, sei das auch immer ein Anlass, um zu schauen, ob im Einzelfall alles richtig gelaufen ist. Kommunikation auf Augenhöhe sei ein Muss. „Das Ober- und Unterordnungsverhältnis zwischen Verwaltung und Menschen muss dort, wo es noch besteht, endlich ein Ende haben.“ Mehr Know-how durch Vernetzung Was ist überhaupt ein Übergriff? „Wir unterscheiden zwischen psychischer und physischer Gewalt“, erklärte Iris Bilek, Sprecherin der AG Sicherheit der dbb jugend. Am einen Ende der Skala steht die Beleidigung, am anderen Gewalt, die schlimmstenfalls zu Verletzungen oder gar Todesfällen führt. Bilek ist Polizistin, im Dienst müssen die Beamtinnen und Beamten einiges erdulden. „Klar, das gehört irgendwo zum Job. Vieles richtet sich gegen die Polizei als InstituIris Bilek Sabine Sütterlin-Waack, Innenministerin von Schleswig-Holstein, und Moderator Alexander Seeger 32 INTERN dbb magazin | November 2024
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