FRAUEN Frauen Was die Verwaltungsdigitalisierung für die Gleichstellung bedeutet 58 Prozent der Beschäftigten im öffentlichen Dienst sind Frauen. Fast eine Million arbeiten in der Verwaltung. Die Digitalisierung hat große Auswirkungen auf sie – und will gut durchdacht sein. Mit großer Mehrheit sind es Frauen, die sich zwischen Familie, Beruf und Privatleben entscheiden müssen – oder gezwungen sind, alles unter einen Hut zu bringen. „Vor allem Frauen können daher von einer digitaleren Verwaltung profitieren“, betont Milanie Kreutz, Vorsitzende der dbb bundesfrauenvertretung und stellvertretende dbb Bundesvorsitzende. „Homeoffice, hybrides Arbeiten und flexible Arbeitszeiten ermöglichen es Frauen, Arbeit und Familie besser miteinander zu vereinbaren. Dadurch können viele Frauen erwerbstätig bleiben und müssen nicht ihre Arbeit aufgeben.“ Damit habe die digitale Transformation der Verwaltung auch das Potenzial, den Gender Care Gap – er beschreibt den unterschiedlichen Zeitaufwand für unbezahlte Sorgearbeit von Frauen und Männern – zu schließen und die finanzielle Unabhängigkeit von Frauen zu stärken. Langfristig lässt sich so mehr Gleichstellung erreichen. Kreutz fügt hinzu, dass „eine solide digitale Infrastruktur die Grundlage für Modelle wie Führen auf Distanz und Führen in Teilzeit ist. Diese Modelle erleichtern mehr Frauen den Zugang zu Führungspositionen und machen den öffentlichen Dienst für Frauen attraktiver.“ Ferner verbessert eine digitale Verwaltung, wie die Bürgerinnen und Bürger mit den Ämtern interagieren. „Sie ermöglicht es, die Aufgaben bequem von zu Hause aus zu erledigen. In dem ohnehin straffen Zeitplan zwischen Arbeit und Familie lässt sich so der Gang aufs Amt mit langen Wartezeiten ersparen“, erklärt Kreutz. Über die digitale Transformation der Verwaltung sprach Kreutz auch auf einem Treffen mit der Frauen Union der CDU am 17. Oktober 2024 in Berlin. „Es ist unsere Aufgabe, die Freiheit und Flexibilität von New Work für alle zu ermöglichen und so die Arbeitswelt der Zukunft fair und gerecht zu gestalten“, betonte die dbb frauen Chefin in den Räumen der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft. Mechthild Heil, Vorsitzende der Gruppe der Frauen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, ergänzte, dass die digitale Transformation nicht an der Tür zur Arbeitsstelle haltmachen dürfe. „An vielen Orten sehen wir schon Schritte in die richtige Richtung, es besteht aber noch weitläufiger Ausbaubedarf“, stellte Heil fest. Für Dr. Julia Borggräfe, Associate Partner bei Metaplan und Co und Geschäftsführerin der Metaplan Gesellschaft für Verwaltungsinnovation, ist mehr Initiative nötig: „Wenn die Verwaltung die Veränderungsdynamik ausblendet, dann wird die digitale Transformation in Gesellschaft und Wirtschaft nur schwer Fuß fassen. Eine funktionierende Verwaltung spielt also eine entscheidende Rolle für die Zukunftsfähigkeit dieses Landes“, sagte die Digitalisierungsexpertin auf der 16. Frauenpolitischen Fachtagung der dbb frauen zum Thema „New Work: Chance und Risiko für die Gleichstellung der Geschlechter“ im April 2022 in Berlin. Die Verwaltung brauche auch ein neues Bewusstsein dafür, dass sie die notwendigen Prozesse nicht nur informal diskutieren, sondern tatsächlich auch in die eigenen Strukturen überführen muss. Laut Borggräfe brauche es für eine erfolgreiche digitale Verwaltung vier technische Grundpfeiler: Sie muss datengetrieben, digital vernetzt, interaktiv und automatisiert sein. Damit diese Grundpfeiler aber überhaupt errichtet werden können, müssen die Auswirkungen zuvor bewusst werden, denn Digitalisierung bedeutet auch starke Veränderung für Entscheidungsstrukturen, Führung, Kommunikation und Mikropolitik. Kreutz weist darauf hin, dass die digitale Transformation keine Hauruckaktion werden darf, sondern mit Bedacht angegangen werden müsse. „Sonst geraten Frauen in die Homeoffice-Falle: Ständige Erreichbarkeit und die Überlastung durch Vertrauensarbeitszeit können zu Burn-out führen. Wir fordern daher ein Recht auf Nichterreichbarkeit.“ Zudem sind viele Frauen im ländlichen Raum gezwungen, in Teilzeit zu arbeiten, weil lange Pendelwege eine Vollzeitbeschäftigung erschweren. „Homeoffice und Co-Working-Spaces bieten eine Lösung, um Arbeitsmöglichkeiten auch abseits von Großstädten zu schaffen und auch dort die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern“, gibt Kreutz zu bedenken. dsc Dr. Julia Borggräfe © Inga Haar 34 INTERN dbb magazin | November 2024
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