Konjunktur und Investitionen Der öffentliche Dienst ist ein Wirtschaftsfaktor John Maynard Keynes, einer der bedeutendsten Ökonomen des vergangenen Jahrhunderts, hat den Satz geprägt: „Nichts ist so unheilvoll wie eine rationale Investmentpolitik in einer irrationalen Welt.“ Er meint, dass staatliche Investitionspolitik nicht starr sein darf, sondern immer Bezug auf die aktuelle wirtschaftliche Lage haben soll. Noch heute findet Keynes’ Idee, die Wirtschaft in rauen Zeiten durch eine Ausweitung staatlicher Investitionen anzukurbeln, viel Gehör – insbesondere in einer immer irrationaleren Welt. Konjunkturpakete, Steuersenkungen und staatliche Preissubventionen haben die Weltwirtschaft während der Coronapandemie vor dem Kollaps bewahrt. Nach der Pandemie hat sich die Wirtschaft zwar von diesem Schock erholt. Trotzdem führen der extreme Anstieg der Verbraucherpreise sowie die Unsicherheit über die Nachhaltigkeit politischer Entscheidungen und Vorgaben erneut zu verhaltenen Konjunkturprognosen. Der Streit innerhalb der Bundesregierung um den Haushalt 2025, reduzierte Zuweisungen an einzelne Ressorts und die Uneinigkeit im Umgang mit der sogenannten Schuldenbremse sorgen für zusätzliche Brisanz. Keine guten Voraussetzungen also für eine schwierige Tarifrunde für die Beschäftigten von Bund und Kommunen, die zu Recht eine ordentliche Anhebung der Einkommen erwarten? Infrastrukturinvestitionen haben naturgemäß weniger konsumtiven, sondern vielmehr investiven Charakter. Sie wirken langfristig über das betrachtete Haushaltsjahr hinaus. Das gilt insbesondere für Investitionen in die Zukunft des öffentlichen Dienstes. Sie spielen ebenso eine Schlüsselrolle für das langfristige Funktionieren von Staat und Gesellschaft sowie für die Binnenkonjunktur. Infrastruktur schafft Wohlstand Es ist dringend geboten, das Thema staatlicher und öffentlicher Investitionen zu beleuchten. Spätestens seit dem Einsturz der Carola-Brücke Anfang September 2024 in Dresden sollte jedem bewusst sein, wie unerlässlich (Erhaltungs-)Investitionen sind. Hierbei handelt es sich nicht um bloße Schönheitsreparaturen oder Luxusprojekte, sondern um den Schutz von Menschenleben. Dass die Brücke in den frühen Morgenstunden – nur Minuten, nachdem eine Straßenbahn die Stelle passiert hatte – in die Elbe stürzte, war reines Glück. Die Politik darf sich nicht länger auf das sprichwörtliche „Et hätt noch immer joot jejange“ verlassen, denn dieser Ansatz rheinischer Gelassenheit ist hier völlig fehl am Platz. Zwar blieben in diesem Fall schlimmere Folgen aus, abgesehen von den beträchtlichen Sachschäden und den hohen Kosten für den Wiederaufbau. Doch wäre die Brücke während des Berufsverkehrs eingestürzt, hätte es zu einer echten Tragödie kommen können. Eine leistungsfähige Infrastruktur – hierzu zählen neben Brücken insbesondere Straßen, das Schienennetz, die Energieversorgung sowie der Ausbau digitaler Netze – ist eine zentrale Voraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit und das Wachstumspotenzial einer Industrienation wie Deutschland. Zwar verfügt Deutschland grundsätzlich über eine gut ausgebaute Infrastruktur, doch wurden dringend erforderliche Ersatz- und Erhaltungsinvestitionen über Jahre, teils sogar Jahrzehnte, aufgeschoben. In vielen Bereichen hat sich daher ein erheblicher Sanierungsrückstand aufgebaut. Höhere Investitionen in die Infrastruktur tragen letztlich auch zur Erhöhung des Produktionspotenzials und damit zur allgemeinen Wohlstandssteigerung bei. Zudem können verstärkte staatliche Investitionen ein wirksames Mittel zur Überwindung der gegenwärtigen, ausgeprägten Wachstumsschwäche in Foto: Frank Gärtner/Colourbox.de AKTUELL 7 dbb magazin | November 2024
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