die sich unter der Region treffen: der Internetknoten von Stockholm nach Paris und der Knoten von Amsterdam nach Frankfurt. Doch so, wie der Kohleabbau Segen und Fluch zugleich war, bergen auch die neuen Rechenzentren große Umweltrisiken. Laut einer Studie der Unternehmensberatung McKinsey produzieren Rechenzentren weltweit zwischen 63 und 75 Megatonnen CO₂ und CO₂-äquivalente Gase pro Jahr. Das entspricht in etwa den Emissionen von Österreich. Auf die etwa 11 000 Rechenzentren weltweit aufgeteilt, ergibt das eine durchschnittliche Bilanz zwischen 5,7 und 6,8 Kilotonnen CO₂ pro Jahr. Der CO₂-Ausstoß hängt von verschiedenen Faktoren ab: dem Stromverbrauch und der Effizienz des Rechenzentrums, dem Anteil an fossilen Energieträgern, den Gesetzen im entsprechenden Land und davon, wie stark die Rechner im Vergleich zur Außentemperatur gekühlt werden müssen. Daher existieren sehr unterschiedliche Zahlen, teilweise ist sogar von 330 Megatonnen CO₂ pro Jahr die Rede. Probleme werden hyperskaliert Die drei rheinischen Hyperscaler sind nur die Spitze des Eisbergs. In Zukunft werden die Menge und Größe der Rechenzentren und damit der benötigte Strom und Emissionen stark zunehmen. Laut der Unternehmensberatung McKinsey wird der Strombedarf europäischer Rechenzentren bis 2030 auf über 150 Terawattstunden (TWh) in die Höhe schießen. Grund dafür ist der rapide Ausbau von KI. Denn eine Google-Anfrage verbraucht nach Angaben von Google selbst 0,3 Wattstunden (Wh), während eine Anfrage bei ChatGPT mit 2,9 Wh fast das Zehnfache verbraucht. In Kombination verbrauchen KI-unterstützte Suchanfragen nach Berechnungen des amerikanischen NGO Electric Power Research Institute (EPRI) zwischen 7 und 9 Wh pro Anfrage. Gerade die Hyperscaler werden laut McKinsey in Zukunft eine größere Rolle spielen und ihren Anteil an den europäischen Rechenzentren von aktuell 48 Prozent auf 65 Prozent im Jahr 2028 erhöhen. Wie prominent die künftige Rolle von KI sein wird, zeigt ebenfalls das Land Nordrhein-Westfalen. Am 29. Oktober 2024 hat die CDU-Landtagsfraktion eine Erklärung verabschiedet, in der sie sich für den großflächigen Einsatz von KI ausspricht. KI soll Medikamente entwickeln, Straftaten aufklären, Kinder betreuen helfen, über Bau- und Asylanträge entscheiden, den Fachkräftemangel lindern und Ernteerträge steigern. Die NRW-CDU sieht KI nicht als „Kann“, sondern als „Muss“: „Überall dort, wo KI-gestützte Verfahren sinnvoll sind, müssen diese zur Anwendung kommen. Insbesondere auch die öffentliche Verwaltung muss davon Gebrauch machen“, heißt es in der Erklärung. Auf der letzten Seite adressiert die CDU auch die möglichen Herausforderungen und Risiken wie Datenschutz und Diskriminierung (für mehr Informationen über diskriminierende KI siehe dbb magazin Ausgabe 9/24, Artikel „Müll rein, Müll raus“). Dass Energieversorgung und Umweltbilanz Herausforderungen sein könnten, bleibt unerwähnt. Wir bauen uns ein Atomkraftwerkchen In den vielen Analysen, in denen es um die Umweltbilanz von KI geht, heißt es, dass KI Prozesse effizienter machen kann und dadurch den Energieverbrauch senkt. Sie soll beim Bau von Wind- und Solarparks helfen und Kraftwerke darin unterstützen, Stromverbrauch und -erzeugung besser in der Waage zu halten. Rechenzentren bieten große Flächen für Solarzellen und produzieren große Mengen an Abwärme, die nutzbar sind. Im Großraum Frankfurt, wo seit Jahren immer mehr Rechenzentren gebaut werden, werden derzeit Neubaugebiete direkt an die Abwärmeleitungen von Rechenzentren angeschlossen. Zum Jahreswechsel 2024/2025 sollen dort zum ersten Mal Wohnungen mit Abwärme beheizt werden. Laut einer von Google in Auftrag gegebenen Studie hat KI das Potenzial, die globalen Treibhausgasemissionen bis 2030 um fünf bis zehn Prozent zu reduzieren. Dem widerspricht ein Report des NGO Climate Action Against Disinformation. Nach deren Berechnungen wird der KI-bedingte Mehrbedarf an Rechenzentren den weltweiten CO₂-Ausstoß sogar um 80 Prozent erhöhen. Am Rechenzentrum-Eisberg zeichnen sich bereits konkrete Formen der zukünftigen Energieversorgung ab. Google hat etwa im Oktober 2024 beim Ingenieurbüro Kairos Power mehrere MiniAtomreaktoren in Auftrag gegeben, mit denen sich der Suchmaschinenriese die Stromversorgung der Zukunft sichern will. Die bestellten Minikraftwerke – sogenannte Flüssigsalzreaktoren – sind umstritten, da sie einerseits zwar die größten Risiken herkömmlicher Reaktoren eindämmen, andererseits jedoch noch wenig erforscht sind und mit Materialkorrosion und der Freisetzung von radioaktivem Tritium, das schwer zu handhaben ist, neue Probleme schaffen. Doch wie denkt eigentlich die KI selbst über ihre Energieversorgung? Auf Anfrage antwortete ChatGPT dem dbb magazin: „Ich würde in naher Zukunft gerne mit erneuerbaren Energien wie Solar-, Wind- oder Wasserkraft betrieben werden. Diese Quellen sind nicht nur nachhaltiger, sondern auch entscheidend, um den CO₂-Ausstoß der globalen IT-Infrastruktur zu minimieren.“ Zur fossilen Energieversorgung, insbesondere der Atomenergie, ist die KI zwiegespalten: „Die Zuverlässigkeit traditioneller Energiequellen wie Kohle, Gas und Atomenergie ist unbestritten, da sie konstante Energie liefern können. Dennoch bieten moderne Technologien wie Batteriespeicher und intelligente Netze zunehmend die Möglichkeit, auch erneuerbare Energien zuverlässig einzusetzen.“ Gerade Atomenergie könne eine Brücke darstellen, da sie CO₂-arm ist und konstante Leistung liefert, allerdings bleiben Entsorgung und Sicherheit problematisch. Diese Unterhaltung hat rund 5,8 Wh verbraucht – genug Energie, um zwei EspressoShots aufzubrühen. dsc © Erdacht mit KI FOKUS 27 dbb magazin | Dezember 2024
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