dbb magazin 1-2/2025

JAHRESTAGUNG Vortrag und Diskussion über die Stabilität der Demokratie Sanierungsplan für die Schlechtwetterphase Prof. Dr. Dr. Udo Di Fabio, Richter des Bundesverfassungsgerichts a. D., sprach bei der dbb Jahrestagung am 6. Januar 2025 in Köln über die Herausforderungen des Rechtsstaates und die Zukunft der Demokratie. Expertinnen und Experten diskutierten, wie eine wehrhafte Verwaltung die Demokratie schützt. Die Beamtentreue zur Verfassung ist Voraussetzung, um in das Amt berufen zu werden. Mit der Treue zum Dienstherrn geht auch die Treue zur freiheitlichdemokratischen Grundordnung einher“, erklärte Di Fabio in seinem Impuls. Es falle jedoch sehr schwer, einem AfD- oder BSW-Anhänger nachzuweisen, dass er seine Treuepflicht verletzt. Allerdings: „Eine Partei, die eine deutliche Nähe zu Wladimir Putin aufweist, findet sein politisches System – eine Autokratie – vielleicht auch wünschenswert. Bei jemandem, der das unterstützt, ist die Verfassungstreue fraglich.“ In den starken Demokratien des Westens sei ein Strukturwandel der demokratischen Landschaft sichtbar. Di Fabio bezeichnete dieses Phänomen als „Verfeindlichung der politischen Lager“. Auch in Deutschland habe sich das Parteienspektrum verändert: „Es bekommt radikalere Ränder, insbesondere im rechtspopulistischen Bereich.“ Das Selbstbewusstsein der demokratischen Mitte schwächele. „Das Ansehen der Demokratie leidet. Und dieses Ansehen hängt mit der Handlungsfähigkeit des Staates zusammen.“ Es bedürfe Beschäftigter, die engagiert die Gesetze des Staates vollstrecken. Di Fabio lobte die Änderung des Grundgesetzes zu mehr Schutz für das Bundesverfassungsgericht: „Damit wird dem Blockadepotenzial der radikalen Parteien ein Riegel vorgeschoben.“ Doch das sei in verschachtelten Systemen wie in Deutschland nicht einfach, Stichwort „Gesetzesflut“: „Wenn die Komplexität so hoch wie der Handlungsweg unklar ist, dann ist das ein Problem.“ Der Staat müsse transparenter und kommunikativer sein, sonst entstehe Unruhe. „Wir brauchen den Rechtsstaat, damit Demokratie funktioniert. Umgekehrt kann es keinen Rechtsstaat ohne Demokratie geben. Das ist eine Gelingensvoraussetzung.“ Die Stabilität der Demokratie hänge an der Urteilskraft der Bürgerinnen und Bürger und der Wirkungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes. „Wir hatten eine Schönwetterphase, jetzt brauchen wir Antworten auf das aktuell schlechte Wetter.“ Die nächste Bundesregierung müsse deshalb einen Sanierungsplan für Deutschland vorlegen. Dazu gehöre auch, dass der Rechtsstaat Probleme beim Vollzug besser angehen könne: „Der Vollzug des Gesetzes trägt elementar zum Gerechtigkeitsempfinden bei.“ In der anschließenden Diskussion ging es um den Schutz der Demokratie durch eine wehrhafte Verwaltung „in der Schlechtwetterphase“, wie es Anke Plättner in ihrer Moderation ausdrückte. Diskussion mit Heiko Teggatz, Volker Kronenberg, Andrea Römmele, Jörg Hopfe und Udo Di Fabio, moderiert von Anke Plättner (von links). © Marco Urban (3) 10 AKTUELL dbb magazin | Januar/Februar 2025

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