MEDIEN In Deutschland gebe es eine Wahlpflicht. Mit einer Unterschrift auf dem Stimmzettel könnten Wahlberechtigte erwirken, dass ihre Stimme doppelt zählt. Die Wahlbeobachtung finde nur bei der Urnenwahl im Wahllokal statt, deshalb sei es möglich, die Briefwahl unbeobachtet zu manipulieren. So lauten Falschinformationen, die sich über die sozialen Medien verbreiten, berichtet die Bundeswahlleiterin auf ihrer Website. Und sie stellt klar: Eine Wahlpflicht gibt es in Deutschland nicht. Allen Wahlberechtigten steht es frei, ihre Stimme abzugeben oder der Wahl fernzubleiben. Zudem zählt keine Stimme doppelt. Wer auf dem Stimmzettel unterschreibt, macht seine Stimme wegen Gefährdung des Wahlgeheimnisses ungültig. Und die Ermittlung des Briefwahlergebnisses vollzieht sich öffentlich. Alle haben das Recht, dem Vorgang als Wahlbeobachterin beziehungsweise Wahlbeobachter beizuwohnen. In den vergangenen Jahren hat die Desinformation in Deutschland zugenommen. Mit Blick auf die kommende Bundestagswahl warnt das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) vor Desinformation. Dabei handelt es sich um „die Verbreitung falscher oder irreführender Informationen, um Einzelpersonen, Gruppen oder die öffentliche Meinung als Ganzes zu beeinflussen“, so das Bundesamt. Eine Desinformation liege vor, wenn sie nach „objektiven Maßstäben inhaltlich unzutreffend ist, der Urheber dies weiß und sie dennoch mit dem Ziel der Beeinflussung verwendet“. Es sind fremde Staaten, die hinter Desinformationskampagnen stecken. Vor dem Hintergrund des Angriffskriegs auf die Ukraine benennt das BfV Russland als zentralen Akteur. Ziel sei es, auf „das Vertrauen der Bevölkerung in die Integrität der Institutionen“ einzuwirken und so „die Mechanismen des demokratischen Verfassungsstaates“ infrage zu stellen. Hierfür sind die Falschinformationen, welche die Bundeswahlleiterin widerlegt, ein Beispiel. Social Bots verbreiten Desinformation Facebook, X, Instagram, TikTok – in sozialen Netzwerken verbreiten sich Falschinformationen rasend schnell. Aber wie gelingt das? Wer Falschinformationen verbreiten möchte, setzt in der Regel auf Inhalte, die stark emotionalisieren. Laut Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) kommen dabei sogenannte „Social Bots“ zum Einsatz. Das sind Computerprogramme, die automatisch im Internet agieren können – etwa als Profil in einem sozialen Netzwerk, von dem Posts, Kommentare oder Likes ausgehen. Für Außenstehende ist es oft nicht ersichtlich, dass sich hinter dem Profil kein Mensch, sondern eine Maschine verbirgt. Dies könne „gerade im Hinblick auf gezielte Manipulationen von öffentlichen Meinungsbildern im Netz durch Fake News zum Problem werden“, schreibt das BSI. Social Bots suggerieren den Eindruck, dass eine Mehrheit bestimmte Meinungen vertritt, beispielsweise mit Blick auf die Glaubwürdigkeit des Staates oder Migration. In dieser Gemengelage spielt der sogenannte Third-Person-Effekt eine Schlüsselrolle, den der Soziologe W. Phillips Davison erstmals beschrieben hat. Wenn Menschen – nach Davisons Theorie die ersten Personen – den Eindruck haben, dass das unmittelbare Umfeld (die zweiten Personen) oder die anonyme Allgemeinheit (die dritten Personen) eine bestimmte Meinung vertreten, neigen sie dazu, sich dieser Meinung anzupassen. Social Bots nutzen dieses Phänomen, dessen Existenz zahlreiche Experimente belegen, und erzeugen eine künstliche Gruppendynamik, indem sie Desinformationen verbreiten, die sich gegen die Demokratie und ihre Institutionen wenden. Was ist Fake und was ist Fakt? Was tun, wenn Unsicherheit besteht? Zunächst ist es hilfreich, sich nicht von seinen Emotionen leiten zu lassen und kurz innezuhalten. Wer fragwürdige Inhalte direkt weiterverbreitet, macht sich zum Multiplikator von Desinformation. Stattdessen gilt es, kritisch zu hinterfragen und die Fakten zu überprüfen. Was ist die Quelle? Ist diese glaubwürdig? Gibt es noch andere unabhängige Quellen, die dasselbe berichten? Im Zweifelsfall war es bislang immer eine Option, mutmaßliche Desinformationen in sozialen Netzwerken zu melden. Doch mit dem Argument, der Meinungsfreiheit mehr Raum bieten zu wollen, hat Elon Musk, Inhaber von X, von jeglicher Faktenprüfung Abstand genommen. Selbiges gilt für Mark Zuckerberg, Inhaber von Meta (Facebook, Instagram). Deshalb wird es in Zukunft noch stärker auf die Verantwortung des Einzelnen ankommen. cdi Das Bundesamt für Verfassungsschutz warnt vor Desinformation im Bundestagswahlkampf. Zur Wahl kursieren bereits einige Mythen in den sozialen Netzwerken. © Pham Nhât/Unsplash.com Desinformationskampagnen im Umfeld der Bundestagswahl Was ist Fake und was ist Fakt? 18 AKTUELL dbb magazin | Januar/Februar 2025
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