„Aktuell sind die Bäume im Dauerstress und kommen gar nicht mehr dazu, sich zu erholen.“ Jens Schröder den Boden – ein Zeichen dafür, dass in der Umgebung ausreichend Feuchtigkeit vorhanden ist. Ringsherum sprießen Buchen, Eichen und Eschen aus dem Boden. Stichling begutachtet die Knospen, einige sind verbissen, sie dienen unter anderem Rehen als Nahrung. „Zu viel Wild verhindert, dass sich der Wald regenerieren kann. Deshalb müssen wir es durch Jagd auf ein verträgliches Maß regulieren.“ Die Regeneration des Waldes, die sogenannte Naturverjüngung, passiert in der Regel automatisch. Eichhörnchen und Eichelhäher tragen Saatgut in die Fläche, auch der Wind trägt seinen Teil bei: Er verteilt die Samen von Aspen, Birken und Erlen, die lange im Humus überdauern können. „Ich halte diesen natürlichen Weg für den richtigen“, betont Stichling. „Die Natur soll sich unter angepassten Wildbeständen möglichst selbst entwickeln können.“ Doch manchmal wird auch aktiv gepflanzt – zum Beispiel auf Flächen, auf denen Fichtenmonokulturen standen. Das ist kein einfaches Unterfangen: Die jungen Pflanzen kommen aus der Baumschule und sind durch nährstoffreichen Humus verwöhnt. In der Freifläche folgt oft ein Pflanzschock, weil die Bedingungen deutlich schwieriger sind. Funktionen des Waldes bedroht „Aus verschiedenen Untersuchungen geht hervor, dass Naturverjüngung nicht immer zuverlässig von selbst stattfindet“, sagt Jens Schröder, Professor für Waldökologie und Waldbaugrundlagen an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde. „Deshalb ist es an manchen Orten durchaus sinnvoll, durch aktives Pflanzen nachzuhelfen“ – so bekämen die betroffenen Flächen schneller wieder einen waldähnlichen Charakter. Und der ist wichtig, weil der Wald diverse Funktionen erfüllt. Er beherbergt eine enorme Artenvielfalt, bietet den Menschen Erholungsraum, liefert Holz und sorgt nicht zuletzt für saubere Luft und sauberes Trinkwasser. Außerdem leistet er einen wichtigen Beitrag für den Boden- und Erosionsschutz. Damit der Wald diesen Funktionen auch in Zukunft gerecht werden kann, ist viel mehr Forschung erforderlich, betont Schröder. Gerade mit Blick auf die Herausforderungen, die der Klimawandel mit sich bringt. Doch die Bundesregierung hat die Mittel für den Waldklimafonds mit dem Haushaltsbeschluss 2024 gestrichen. 30 Millionen Euro fehlen. „Es besteht zwar die Option, projektbezogene Forschungsgelder zu beantragen. Aber das reicht nicht und verkennt den Ernst der Lage“ – es könne nicht angehen, dass die Politik die Forstwirtschaft so stiefmütterlich behandelt. Stress hält einen Organismus davon ab, sein optimales Potenzial zu entfalten. „Wenn wir keinen Stress haben, dann geht es uns Dr. Jens Schröder ist Professor für Waldökologie und Waldbaugrundlagen an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde. Das wieder verwässerte Hochmoor Lieper Posse tut dem Wald gut. 24 FOKUS dbb magazin | Januar/Februar 2025
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