dbb magazin 1-2/2025

FRAUEN, JUGEND UND SENIOREN Bundestagswahl 2025 Ein Pflichtenheft für die Bundesregierung Die Mitglieder der Querschnittsorganisationen des dbb – bundesfrauenvertretung, dbb jugend und bundesseniorenvertretung – haben klare Vorstellungen vom bevorstehenden politischen Neuanfang in Deutschland. Von der kommenden Bundesregierung erwarten sie eine sachorientierte Politik, die die Interessen aller gesellschaftlichen Gruppen wahrt. Geschlechtergerechtigkeit ist kein Nice-to-have, sondern essenziell“, stellt die Vorsitzende der dbb bundesfrauenvertretung, Milanie Kreutz, klar. „Kriege und Wirtschaftskrisen haben die vergangene Legislaturperiode geprägt. Viele politische Akteure rücken nun wirtschafts-, innen- und sicherheitspolitische Themen in den Vordergrund. Dadurch geraten in den Wahlprogrammen viele gleichstellungspolitische Themen in den Hintergrund. Die nächste Regierung muss Frauen voranbringen.“ Dabei verschlimmere Ignoranz gegenüber der Gleichstellung die Auswirkungen von Krisen. „Dieser Fehler darf sich nicht wiederholen. Gleichstellung ist integraler Bestandteil der Krisenbewältigung.“ Bestes Beispiel dafür, wie Frauenthemen zurückgehalten werden, sei der Schutz vor Gewalt: Die scheidende Regierung und die Union hätten jeweils einen Gesetzesentwurf ins Rollen gebracht, der von Gewalt betroffene Frauen besser schützen soll – das rot-grüne Gewalthilfegesetz und das Gewaltschutzgesetz von CDU und CSU. „Beide Entwürfe meinen es gut, fallen jetzt aber dem Wahlkampf zum Opfer“, erklärt Kreutz. Das Gebot der Stunde sei ein klares Nulltoleranzprinzip, das im Bereich des öffentlichen Dienstes in Dienstvereinbarungen zu sexueller Belästigung, Gewalt und Mobbing münden müsse. Weiter sei Gleichstellung auch für eine wettbewerbsfähige Wirtschaft wichtig. „Wenn Frauen stärker in den Arbeitsmarkt integriert werden, können enorme wirtschaftliche Potenziale freigesetzt werden“, erklärt Kreutz. Laut einer Studie des Weltwirtschaftsforums könnte die globale Wirtschaft um bis zu 26 Prozent wachsen, wenn die Lücke zwischen Männern und Frauen auf dem Arbeitsmarkt geschlossen wird. Außer Acht gelassen werde der Beitrag, den Frauen durch unbezahlte Sorgearbeit leisten: „Ohne die unsichtbare Arbeit der Frauen würde unsere Wirtschaft kollabieren. Gleichzeitig ist es diese Care-­ Arbeit, die sie auf dem Weg zu echter Gleichstellung zurückhält. Die nächste Regierung muss bessere Anreize dafür schaffen, unbezahlte Sorgearbeit partnerschaftlich aufzuteilen – beispielsweise durch die Umsetzung der Familienstartzeit – und qualitativ hochwertige Kinderbetreuungsangebote und Pflegeinfrastruktur ausbauen.“ Frauen wollen mitgestalten Den aktuellen Umfragen zufolge werden Parteien mit hohem Frauenanteil Stimmen verlieren, dafür wachsen die Parteien mit geringem Frauenanteil. „Der ohnehin niedrige und nicht repräsentative Frauenanteil von zurzeit 35,7 Prozent wird dadurch noch weiter schrumpfen“, kritisiert Kreutz. „Wir ermutigen daher alle Frauen, die sich politisch engagieren, ihren Einsatz fortzusetzen, und alle Interessierten, die Politik in Deutschland aktiv mitzugestalten. In der Politik braucht es Paritätsgesetze für Wahllisten und politische Ämter. Auch Mentoring-Programme und gezielte Trainings haben sich als bewährte Methoden für Frauen erwiesen.“ Im öffentlichen Dienst seien zwar knapp die Hälfte der Beschäftigten Frauen, dafür sei nur ein Bruchteil der Führungspositionen mit Frauen besetzt: „Führungstätigkeiten und Familie in Einklang zu bringen, ist eine große Herausforderung“, so Kreutz. „Wir brauchen daher eine Förderung von Führung in Teilzeit sowie den Ausbau von flexiblen Arbeitszeitmodellen.“ Eine weitere Hürde auf dem Weg zu Führungspositionen sei die Beurteilungspraxis, die sich zu oft auf Präsenz fokussiert und von Geschlechterklischees durchzogen sei. „Wenn Frauen stärker in den Arbeitsmarkt integriert werden, können enorme wirtschaftliche Potenziale freigesetzt werden.“ Milanie Kreutz, Vorsitzende der dbb bundesfrauenvertretung © Inga Haar INTERN 33 dbb magazin | Januar/Februar 2025

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