Diese Maxime werden wohl die
meisten unterschreiben. Ihre
Umsetzung geschieht in vielen
Fällen aber nicht ohne den Ein-
satz öffentlicher Finanzmittel
in Form von Subventionen, Bei-
hilfen und Zuschüssen. Wann
und wie diese Beihilfen von der
öffentlichen Hand gewährt
werden dürfen, war und ist im-
mer wieder Gegenstand euro-
parechtlicher Fragestellungen
und institutioneller Klärungen
durch die EU-Kommission oder
die Landesrechnungshöfe, den
Bundesrechnungshof und den
Europäischen Rechnungshof.
Diese sind nicht einfach, geht
es doch um nicht weniger als
ihre Zulässigkeit in einem prin-
zipiell freien Markt zu klären
und damit darum, das Gleich-
gewicht der Kräfte imWettbe-
werb zu wahren und zugleich
Rechtssicherheit für die An-
wender zu erreichen, die in
vielen Fällen Kommunen sind.
Eine öffentliche Beihilfe kann
viele Formen haben. Es geht
nicht nur um direkte Transfer-
zahlungen der öffentlichen
Hand, sondern um jede Ge-
währung eines (geldwerten)
Vorteils an einen Begünstigten
als potenziellen Marktteilneh-
mer. Verursacht die Beihilfe
eine Wettbewerbsverfäl-
schung oder Handelsbeein-
trächtigung, so kann sie im
Bereich der Daseinsvorsorge
gerechtfertigt sein, wenn sie
ein Ausgleich für die Erbrin-
gung der bereits erwähnten
Gemeinwohlverpflichtung
ist. Anwendungsfälle für EU-
beihilfenrechtliche Fragestel-
lungen in der kommunalen
Praxis gibt es einige. Sie betref-
fen zum Beispiel öffentliche
Dienstleistungen, die kommu-
nale Wirtschaftsförderung,
möglicherweise aber auch die
Kultur- oder Sportförderung.
Das kann schwierige Abgren-
zungsfragen erzeugen. Eine
grundlegende Entscheidung
des Europäischen Gerichtshofes
zur Zulässigkeit dieser Beihilfen
erfolgte im sogenannten Alt-
mark-Trans-Urteil des EuGH.
Nach diesen sogenannten Alt-
mark-Trans-Kriterien des EuGHs
stellt der Ausgleich für eine
Daseinsvorsorgeleistung keine
verbotene Beihilfe dar, wenn:
Das Unternehmen mit der Er
füllung einer klar definierten
DAWI betraut ist. Die Aus-
gleichsparameter für die Erfül-
lung der Gemeinwohlverpflich-
tung müssen zuvor objektiv und
transparent aufgestellt werden.
Der Ausgleich darf nicht über
das hinausgehen, was erfor
derlich ist, um die Kosten der
Erfüllung der gemeinwirtschaft-
lichen Verpflichtungen zu de-
cken, bei einem zulässigen an-
gemessenen Gewinn. Erfolgte
die Betrauung nicht imWege
einer öffentlichen Auftrags
vergabe, ist die Höhe des Aus-
gleichs auf der Grundlage einer
Analyse der Kosten zu bestim-
men, die ein durchschnittliches,
gut geführtes Unternehmen bei
der Erfüllung der Aufgaben hät-
te. Das Unternehmen darf aus
der DAWI keinen wirtschaftli-
chen Vorteil haben. Die Über-
kompensation für die Erfüllung
des Gemeinwohlauftrags muss
anhand klarer Kriterien aus
geschlossen sein.
Die EU leistet bei Anwen-
dungsfragen selbst Unter
stützung. Zum Beispiel durch
den Leitfaden zur Anwendung
der Vorschriften der EU über
staatliche Beihilfen, öffentliche
Aufträge und den Binnenmarkt
auf Dienstleistungen von all
gemeinem wirtschaftlichem
Interesse und insbesondere
auf Sozialdienstleistungen von
allgemeinem Interesse.
Treten Zweifelsfragen auf, liegt
die Entscheidung letztlich auf
der Ebene der EU, das heißt in
den Händen der EU-Kommis
sion als Wettbewerbshüterin
und beim Europäischen Ge-
richtshof als Judikative. Beihil-
fen zu gewähren kann sich für
die Kommunen als schwierige
rechtliche Frage erweisen und
in vielen Fällen auch zu einer
Genehmigungspflicht, der so-
genannten Notifizierung, durch
die EU-Kommission führen.
Diesen Aufwand für die Kom-
munen so gering wie möglich
zu halten ist ein Spannungs-
feld, dem die EU-Kommission
aber auch nationale Regelungs-
geber (Stichwort „gold plating“)
bislang noch zu wenig Augen-
merk entgegengebracht haben.
Hier gilt es für die Zukunft, Lö-
sungen zu finden, die den Be-
dürfnissen auf beiden Seiten
entsprechen.
<<
Zweifelsfragen bei der
Finanzierung klärt die EU
Öffentliche und kommunale
Daseinsvorsorgeleistungen
haben ihre Stellung und ihren
anerkannten Wert im Binnen-
markt der EU im Sinne einer
sozialen Marktwirtschaft. Die
Europäische Union anerkennt
die Hoheit der Mitgliedstaaten,
diese zu regeln und auszuge-
stalten. Die Klärung von Zwei-
felsfragen, vor allemmit Blick
auf zulässige öffentliche Sub-
ventionen zur Finanzierung
von Daseinsvorsorgeleistungen
liegt allerdings in der Hand der
EU. Diese konnte durch Recht-
sprechung des EuGHs und eu-
ropäische Rechtsetzung nach
und nach weiter konkretisiert
und für die Anwender hand-
habbarer gemacht werden. Die
Komplexität EU-beihilfenrecht-
licher Fragestellungen kann
aber gerade kleinere Kommu-
nen immer noch vor schwieri-
ge Herausforderungen stellen.
Daher ist es wichtig, die Auf
gaben der Daseinsvorsorge in
einer starken Europäischen
Union dort anzusiedeln und
so auszugestalten, wo bezie-
hungsweise dass sie sinnvoll,
nachhaltig und effizient reali-
sierbar, umsetzbar sind. Keine
Lösung ist es dagegen, wegen
etwaiger „Reibungsverluste“
an der europäischen Idee zu
rütteln.
Claudia Conen,
Uwe Zimmermann
<<
Die Autoren
Claudia Conen ist promovier-
te Juristin und seit 2017 Di-
rektorin und Bereichsleiterin
für Fördergeschäft einschließ-
lich Kommunalfinanzierung
im Bundesverband öffentli-
cher Banken. Seit 2013 ist sie
Mitglied im Präsidium der Eu-
ropa-Union Deutschland und
seit 2019 Landesvorsitzende
des Europa-Union-Landesver-
bands Thüringen.
Uwe Zimmermann ist seit
2012 stellvertretender
Hauptgeschäftsführer des
Deutschen Städte- und Ge-
meindebundes. Zudem ist er
stellvertretender Pressespre-
cher und stellvertretender
Direktor des Europabüros
des Deutschen Städte- und
Gemeindebundes.
Der Beitrag in voller Länge
online in den dbb europa-
themen Ausgabe 4/2019.
europa
© Colourbox.de/Paulo Vítor Martins
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dbb magazin | Juni 2019