dbb magazin 5/2019 - page 19

generationengespräch
sowohl in unserer AG Jugend in
Europa, die regelmäßig zusam­
mentrifft und das Geschehen
auf der EU-Bühne für uns im
Auge behält, als auch durch die
CESI Youth, unsere europäische
Dachorganisation. Dort steht
mit Matthäus Fandrejewski von
der komba jugend sogar einer
von uns an der Spitze.“
Von angeregten Diskussionen
einer ebenfalls nur wenige Tage
zurückliegenden Sitzung weiß
auch Horst Günther Klitzing zu
berichten: „Die Europawahl war
auf der Frühjahrstagung der
dbb bundesseniorenvertretung
selbstverständlich auch Thema,
wenn auch nur eines von vielen.
Sie müssen bedenken, dass der
dbb Bundesseniorenkongress
erst im November vergangenen
Jahres eine neue Geschäftsfüh­
rung gewählt hat. Meine Kolle­
gin Anke Schwitzer sowie die
Kollegen Siegfried Damm,
Max Schindlbeck, Klaus-Dieter
Schulze und ich sind derzeit in­
tensiv damit beschäftigt, die
seniorenpolitische Agenda des
dbb weiterzuentwickeln und
alle Themen, die in den vergan­
genen fünf Jahren von der ers­
ten Seniorengeschäftsführung
in der Geschichte des dbb unter
Wolfgang Speck angepackt
wurden, fest in der Hand zu be­
halten. „Deshalb haben wir uns
ausführlich mit vielen Fragen
und Entwicklungen rund um
die Themen Altersversorgung,
Gesundheit, Pflege und Teilha­
be beschäftigt.“
Was die Europawahlen an­
geht, setze er auf das wache,
rege Interesse, mit denen
die dbb Senioren auch politi­
schen Entwicklungen nach­
spürten. „Wir haben es hier
mit Gewerkschafterinnen und
Gewerkschaftern zu tun, die
sich ihr Berufsleben lang für
Gerechtigkeit eingesetzt ha­
ben. Denen muss ich keine
Unterrichtstunde darüber hal­
ten, wie wichtig es ist, gerade
jetzt europäisch demokratisch
zu wählen, wo überall im EU-
Raum populistische und na­
tionalistische Kräfte auf dem
Vormarsch sind“, sagt der pen­
sionierte Gymnasiallehrer. Zur
Sicherheit und ummöglichen
Europaskeptikern auf die
Sprünge zu helfen, habe er
den Teilnehmerinnen und
Teilnehmern der Frühjahrs­
tagung den Wahlaufruf der
Bundesarbeitsgemeinschaft
der Senioren-Organisationen
(BAGSO) vorgestellt, in der
die dbb bundesseniorenver­
tretung Mitglied ist. „Und wir
machen, wo es geht, Werbung
für die Teilnahme an der Euro­
pawahl. Ich habe allerdings
den Eindruck, dass wir bei den
Seniorinnen und Senioren
offene Türen einrennen.“
Eine hohe Bereitschaft, sich mit
Europa auseinanderzusetzen,
attestiert Karoline Herrmann
überdies der Altersgruppe U-30
– auch, wenn sich häufiger
kritische Untertöne in die Dis­
kussionen mischen. „Nehmen
wir mich als Beispiel. Ich bin
1990 in Mecklenburg-Vorpom­
mern zur Welt gekommen und
habe gerade noch eine DDR-Geburtsurkunde bekommen,
aber bereits als Europäerin lau­
fen gelernt. Für meine Genera­
tion ist es eine Selbstverständ­
lichkeit, Europa als großes
Zuhause zu betrachten, in dem
wir uns frei bewegen, lernen
und arbeiten können. Dazu
zählt auch der Frieden, den die
EU maßgeblich über Jahrzehnte
gesichert hat. All das wird uns
im Zuge der Brexit-Diskussion
eindrucksvoll vor Augen ge­
führt. Insofern ist es gut und
sehr wichtig, dass so intensiv
über den Brexit berichtet wird.
Auch wenn es einemmittler­
weile fast den letzten Nerv
raubt und man wirklich Mühe
hat, Verständnis für dieses The­
ater aufzubringen. Aber wie ge­
sagt: Die Konsequenzen, die
Großbritannien durch den Bre­
xit drohen, zeigen, was wir
ohne die EU alles verlieren
würden. Wenn wir in unseren
Reihen fragen, was mit Blick
auf Europa das Schlimmste
wäre, lautet die Antwort aktu­
ell immer: ,ein Dexit.‘ Das ist
die Lehre, die die meisten jun­
gen Menschen aus dem Brexit
ziehen. Diesen Schwung pro
Europa müssen wir aufgreifen
und mitnehmen.“
„Ich stimme Ihnen zu, möchte
aber noch etwas konkreter
werden, wenn es darum geht,
proeuropäische Lehren aus
diesem Dilemma zu ziehen“,
entgegnet Horst Günther Klit­
zing. „Letzten Endes haben die
Diskussionen rund um den Bre­
xit deutlich gemacht, dass wir
uns europapolitisch dringend
von der übermäßigen Fixie­
rung auf gemeinsame wirt­
schaftliche Interessen verab­
schieden müssen. Wir sollten
zu den Idealen der Französi­
schen Revolution zurückkeh­
ren: Freiheit, Gleichheit, Brü­
derlichkeit – darin stecken aus
meiner Sicht die wirklich trag­
fähigen Werte. Das Europa
von heute ist ein einzigartiger
Kommunikations- und Kultur­
raum, dessen Fortbestehen wir
nicht fahrlässig aufs Spiel set­
zen sollten. Die Annehmlich­
keiten, die er uns bietet, dürfen
wir nicht allzu selbstverständ­
lich hinnehmen.“
„Wenn wir mit Erfolg gegen
solche Europalethargie und so­
gar -skepsis antreten wollen,
müssen wir jede Möglichkeit
nutzen, Europa näher an die
Menschen zu rücken. Wir soll­
ten besser kommunizieren,
was Europa für jede Einzelne
und jeden Einzelnen bedeutet“,
gibt Karoline Herrmann zu be­
denken. „Aktuell versuchen wir
das mit der Videokampagne
zur Europawahl ,Wo begegnet
Dir Europa?‘, in der Menschen
aus dem öffentlichen Dienst in
ganz Deutschland mit ihren ei­
genen Worten erklären, welche
Rolle Europa in ihrem Leben
spielt, ob beruflich oder pri­
vat.“
Das Konzept der dbb jugend-
Kampagne, das komplexe Kon­
strukt Europa in individuellen
Geschichten greifbar zu ma­
chen, hält Horst Günther Klit­
zing für ausbaufähig. „Meine
Generation könnten Sie zum
Beispiel fragen ,Wann sind Sie
wie auf Europa gekommen?‘“
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