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Girls’Day und Boys’Day 2019
Care-Arbeit aufwerten
Größere Anstrengungen für eine klischeefreie Be
rufswahl und eine Aufwertung der Care-Berufe
hat Helene Wildfeuer, Vorsitzende der dbb bun
desfrauenvertretung, anlässlich des Girls’Day und
Boys’Day am 28. März 2019 gefordert.
Noch immer streben Jungen
eher in gut bezahlte naturwis
senschaftliche und technische
Berufe, während Mädchen sich
weiterhin häufiger für eine
Ausbildung in den niedriger ent
lohnten Pflegeberufen entschei
den. Nur jeder fünfte Ausbil
dungsplatz in der Pflege wurde
laut des Statistischen Bundes
amt (Destatis) im vergangenen
Ausbildungsjahr mit einem
männlichen Bewerber besetzt.
Noch geringer – mit nur 17 Pro
zent – ist der Anteil weiblicher
Auszubildender im Bereich Na
turwissenschaft, Geografie und
Informatik. „Das zeigt doch,
dass wir die Geschlechterkli
schees in der Berufswelt noch
immer nicht überwunden ha
ben. Ein Aktionstag im Jahr al
lein kann dieses Problem nicht
richten. Vielmehr brauchen wir
ein Berufsorientierungspro
gramm, das bundesweit für
vielfältige Ausbildungsmöglich
keiten wirbt und mit den ste
reotypen Berufszuweisungen
bricht. Mädchen und Jungen
sollen alles werden können“,
betonte Wildfeuer.
Dazu gehöre zum einen eine
klischeefreie frühkindliche Bil
dung und ein praxisorientier
ter Schulunterricht, der Mäd
chen und Jungen den Zugang
zu naturwissenschaftlichen
wie sozialen Berufen in glei
chemMaße schmackhaft ma
che. „Die Schulen und auch die
Kindertagesstätten können
hier eine zentrale Lücke in der
Berufsbildung schließen und
müssen bei dieser wichtigen
Aufgabe noch stärker unter
stützt werden“, so Wildfeuer.
Zum anderen müsse sich die
Bundesregierung noch stärker
für die Aufwertung der Pflege
berufe einsetzen. „Menschen
mit Behinderung zu unterstüt
zen, ltere zu pflegen und sich
um Kinder oder Kranke zu küm
mern, muss ein viel positiveres
Image in unserer Gesellschaft
bekommen. Das gelingt vor al
lem dann, wenn die Arbeitsbe
dingungen in den Care-Berufen
stimmen und die Bezahlung den
hohen Anforderungen, die an
die Beschäftigten gestellt wer
den, entspricht. Care-Arbeit
muss attraktiv und lukrativ sein.
Nur so können der Fachkräfte
mangel behoben und das Gen
der Pay Gap im Care-Sektor auf
lange Sicht geschlossen wer
den“, stellte Wildfeuer heraus.
Gewalt gegen Beschäftigte
Staat darf nicht zahnlos sein
Der Zweite Vorsitzende des dbb, Friedhelm Schäfer,
fordert ein konsequentes juristisches Vorgehen
gegen Angriffe auf öffentlich Bedienstete.
Auf der Tagung „Gewalt am
Arbeitsplatz – Schutz unserer
Mitglieder als Arbeitnehmer
und Opfer“, die die europäi
sche Gewerkschafts-Dachorga
nisation CESI am 29. März 2019
im dbb forum berlin durchge
führt hat, betonte Schäfer,
dass dazu auch der Personal
mangel in der Justiz behoben
werden müsse.
Als „verstörend“ bezeichnete
Schäfer sich häufende Nach
richten von gewalttätigen
Übergriffen auf Beschäftigte
des öffentlichen Dienstes und
führte dies auch auf mangeln
den Respekt der Menschen
untereinander zurück. Unter
stützt wurde Schäfer in dieser
Auffassung vom stellvertreten
den dbb Bundesvorsitzenden
Jürgen Böhm, der zudem auf
die wachsende Gewalt an
Schulen und in den sozialen
Medien hinwies. Schäfer: „An
griffe auf öffentlich Bedienste
te sind immer auch Angriffe
auf das Gemeinwesen. Es gibt
dafür nicht den einen Grund
und die eine einfache Lösung.
Man kann und muss aber et
was tun – repressiv, mit den
Mitteln des Strafrechts, wie
präventiv.“
In diesem Zusammenhang sei
die jüngste Verschärfung des
Strafrechts für Angriffe auf
Amtsträger ein richtiger
Schritt. Wenn dann aber
„Staatsanwaltschaften und
Gerichte aus Personalmangel
nicht mehr in der Lage sind,
Verfahren zeitnah zu eröffnen
und mit einem Urteil abzu
schließen“, gehe der Zeitfaktor
verloren, der von entscheiden
der Bedeutung sei, „wenn man
nicht nur bestrafen, sondern
auch Einsicht erreichen will“.
Darüber hinaus müssten „Über
zeugungstäter“ von Rechts,
von Links oder aus den Reihen
der Reichsbürger spüren, „dass
der Staat nicht zahnlos ist, dass
Angriffe Konsequenzen haben“.
Auch hier sei die über Jahre ver
schärfte Personalsituation der
Justiz ein lähmender Faktor.
Prävention mit Augenmaß sei
wichtig. Bei Schutzmaßnah
men für Beschäftigte müsse
allerdings klar sein, dass es
keine 100-prozentige Sicher
heit geben könne und eine
„komplette Abschottung der
Verwaltung durch Hochsicher
heitsmaßnahmen“ ein Aus
druck staatlicher Schwäche
wäre. Letztlich, so der dbb Vize,
entstehe Gewalt nicht aus dem
Nichts. „Wo Jugendzentren aus
Personalmangel geschlossen
werden, wo sinnvolle Möglich
keiten betreuter Freizeitge
staltung fehlen und wo Eltern
ihren Kindern keine oder ego
zentrische Werte vermitteln,
wachsen Generationen heran,
die nicht mehr angemessen
mit Konflikten umgehen kön
nen.“ In diesem Zusammen
hang forderte Jürgen Böhm
größere Freiräume für Lehr
kräfte, um sich im Bereich der
Gewaltprävention engagieren
zu können.
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dbb magazin | Mai 2019