dbb magazin 5/2019 - page 32

reportage
brandgefahr – das war und ist
alles absolut spannend“, be­
richtet der Gärtner.
Kollegin Kimberly Lausch, Aus­
zubildende zur Verwaltungs­
fachangestellten, hat ihren
nächsten, dann privaten Be­
such im österreichischen Graz
auch schon fest im Blick: „Da
gibt es viel zu viel, was ich mir
noch anschauen und erleben
muss“, sagt sie lachend, die
zwei Wochen im Rathaus fand
sie viel zu kurz. Ausreichend
allerdings um festzustellen,
„dass die Grazer in Sachen
E-Akte und E-Rechnung schon
deutlich weiter sind als wir“,
nickt Lausch anerkennend. Ei­
niges vermitteln konnte sie
den österreichischen Kollegin­
nen und Kollegen indes in
Sachen Ausbildung. „Ich habe
ihnen unsere Nachwuchskam­
pagne ‚Bonn macht Karriere‘
vorgestellt, die die Kolleginnen
und Kollegen scheinbar sehr
überzeugt hat, sie wollen jetzt
etwas hnliches andenken“,
berichtet die junge Auszubil­
dende.
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Dienst-„Du“, Fika und
reichlich Bewegung
Ende gut, alles gut, hieß es bei
Lara Krahnkes Praktikum im
schwedischen Götene 2017.
Sechs Wochen lang versuchte
sie in ihrer Freizeit, einen Elch
in freier Wildbahn zu sehen.
Gemeinsammit ihrer Gastfa­
milie machte sie sich sogar
nachts auf die Pirsch nach dem
Nationaltier – erfolglos. Doch
am letzten Tag, als ihr Gastva­
ter sie frühmorgens um fünf
Uhr zum Bahnhof fuhr, „lag er
auf einmal da auf der Wiese,
direkt an der Straße“, erinnert
sich die Verwaltungsfachange­
stellte lächelnd. „Das war ein
toller Abschluss einer tollen
Reise“, erklärt sie schmunzelnd.
Besonders beeindruckt hat
Krahnke die Zufriedenheit der
schwedischen Kolleginnen und
Kollegen: „Sie gehen durchweg
alle gerne zur Arbeit, habe ich
in einer Umfrage ermittelt.
Viele von ihnen fanden schon
die Frage danach sehr seltsam
– es ist selbstverständlich für
sie, dass sie gerne in ihrem
Team sind und zusammen
arbeiten.“
Auch jenseits der Arbeit war
Lara Krahnke viel mit ihren
schwedischen Kolleginnen und
Kollegen unterwegs, oft hatte
sie sogar mehrere Einladungen
gleichzeitig. „Das war einfach
toll, als wäre ich schon immer
da und Teil des Teams gewe­
sen“, berichtet Krahnke. „Das
ist dann zwar auf dem Papier
Arbeit 24/7, fühlt sich aber bei
Weitem nicht so an.“ Daher
war die Freude groß, als fünf
Kolleginnen und Kollegen aus
Schweden zum Gegenbesuch
in der Bonner Stadtverwaltung
anreisten – und dafür sorgten,
dass dort mittlerweile auch je­
der weiß, was „Fika“ ist: Die
schwedische Tradition des Kaf­
feetrinkens, eine soziale Institu­
tion, die für keinen Schweden
wegzudenken ist, ausdrücklich
auch nicht vom Arbeitsplatz.
Lara Krahnke: „Das ist jetzt
nicht so, dass da Dauerpause
gemacht wird. Im Gegenteil:
Dabei werden genauso Aufga­
ben erledigt und Probleme ge­
löst wie am Schreibtisch, aber
eben in einer anderen, locke­
reren Atmosphäre.“ Zwischen­
zeitlich war Lara Krahnke übri­
gens erneut, diesmal privat, in
Schweden, um gemeinsammit
ihren „Zweit-Kollegen“ Mitsom­
mer zu feiern.
Beste Erinnerungen an Europas
hohen Norden hat auch Jana
Deigraf, die während ihrer
Ausbildung ein Praktikum in
Islands Hauptstadt Reykjavik
absolvierte. Auch hier geht es
„ausgesprochen locker“ zu, wie
in Schweden herrscht striktes
Dienst-„Du“, und als die Kolle­
ginnen und Kollegen in Jana
Deigrafs Team zum ersten Mal
alle aufsprangen und losturn­
ten, als einer sagte „Kommt,
wir bewegen uns mal!“, staunte
die damalige Bonner Auszubil­
dende Bauklötze: „Wahnsinn,
wie die das mit dem bewegten
Arbeitsplatz verinnerlicht ha­
ben und umsetzen! Da geniert
sich keiner, alle machen sofort
anstandslos mit.“ Mit völlig
neuen Augen sieht Jana Deigraf
seit ihrem Island-Aufenthalt
das Ausbildungssystem des
deutschen öffentlichen Diens­
tes: „Das ist schon gut und
professionell, wie wir das hier
machen, Spezialisten für den
Staatsdienst – darum beneiden
uns die Isländer“, weiß Deigraf
heute. Dort sei es gängige Pra­
xis, dass man zunächst „irgend­
was“ studiere und anschließend
in den öffentlichen Dienst gehe.
„Da muss man sich dann natür­
lich in Sachen Verwaltungs­
funktionalitäten und -recht
noch einiges draufpacken, was
wir bereits während der Ausbil­
dung lernen.“ Auch die Mitbe­
stimmungsregelungen seien in
Deutschland viel ausgeprägter
und beschäftigtenfreundlicher
als in Island, weiß Deigraf zu
berichten, „von wegen, dass da
in Bewerbungsgesprächen im­
mer ein Personalvertreter sitzt,
dass Betriebs- oder Personalrat
einer Einstellung oder Kündi­
gung zustimmen müssen –
da haben wir hier bedeutend
mehr Rechte.“ Jederzeit würde
Deigraf wieder ein Europa-Prak­
tikummachen: „Es ist unbe­
zahlbar, was man da an Begeg­
nungen und Aha-Effekten hat.“
<<
Von Mensch zu Mensch:
„Wir alle sind Europa“
Um sprachlich warm zu wer­
den, brauchte Kirsten Bülles
bei ihrem ersten Europa-Prak­
tikum in der Steiermark schon
ein wenig, erinnert sie sich
schmunzelnd, gleichwohl sei
<<
„Als Fremder gekommen, als Freund gegangen”: Stadtgärtner Jörg Dah­
men hospitierte einen Monat lang bei den Kolleginnen und Kollegen auf
Madeira.
<<
„Metborgarkontor“ heißt Bürgeramt: Lara Krahnke arbeitete im schwedi­
schen Götene und war vor allem von der dortigen Teamkultur sehr angetan.
© Britta Ibald
© Britta Ibald
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