dbb magazin 5/2019 - page 25

leserbrief
zum Beitrag „Digitaler Zahlungsverkehr — Der schwere Abschied von klingender
Münze“ aus dbb magazin 3-2019, Seite 40/41
Sehr geehrte Redaktion,
in Ihrem Beitrag vomMärz
2019, „Digitaler Zahlungsver­
kehr — Der schwere Abschied
von klingender Münze“, der sich
mit dem Zahlungsmittelange­
bot in Deutschland beschäftigt,
zeigen Sie exemplarisch auf,
dass durch die Durchsetzung
des digitalen Bezahlens sowohl
die Einzelhändler als auch die
Verbraucher profitieren wür­
den, da so die Ausgaben der
Einzelhändler für Verwaltung,
Transport und Schutz von
Bargeld reduziert und die Zah­
lungen an Kassen oder Fahr­
kartenautomaten schneller
abgewickelt werden könnten.
Als Leiter des Zentralbereichs
Bargeld der Deutschen Bun­
desbank kann ich diese Aussa­
gen aus meiner langjährigen
Erfahrung nicht bestätigen
und erachte sie als nicht
korrekt.
Erstens: Das Zahlungsmittel
Bargeld ist für den deutschen
Einzelhändler derzeit transak­
tionsbezogen am günstigsten.
Laut einer aktuellen Studie
der Deutschen Bundesbank –
durchgeführt in Kooperation
mit dem wissenschaftlichen
Institut des Handels, EHI Retail
Institute, kostet eine Barzah­
lung pro Transaktion knapp
24 Cent und ist somit um rund
10 Cent günstiger als Zahlun­
gen mit Karte, sowohl bei
Eingabe einer PIN als auch ei­
ner Unterschrift. Dabei sind in
den 24 Cent die Kosten für Ent­
sorgung von Bargeld, für das
Wechselgeld sowie für die Auf­
wendungen, die im Kassenhin­
tergrund stattfinden, bereits
berücksichtigt worden. Aus
Sicht des Einzelhandels treiben
also nicht die Verwaltung, der
Transport oder gar der Schutz
von Bargeld die Kosten bei Zah­
lungen nach oben, sondern die
Transaktionskosten, die im
Falle von unbaren Zahlungen
anfallen.
Zweitens: Zahlungen mit Bar­
geld werden zurzeit im Durch­
schnitt am schnellsten getä­
tigt. Laut der Studie dauert
eine Bezahlung mit Bargeld am
POS im Durchschnitt 22,3 Se­
kunden und ist somit um rund
sieben Sekunden schneller als
eine Kartenzahlung mit PIN-
Eingabe und knapp 16 Sekun­
den schneller als eine Karten­
zahlung mit Unterschrift.
In der jüngeren Vergangenheit
erfahren kontaktlose Karten­
zahlungen im Einzelhandel
aber eine spürbare Zunahme.
Im Gegensatz zu einer kontakt­
behafteten Zahlung entfällt
bei einer kontaktlosen Zahlung
generell die Einführung der
Karte in das Lesegerät. Zusätz­
lich ist bei einer kontaktlosen
Zahlung bis zu einer bestimm­
ten Betragsgrenze (in Deutsch­
land aktuell 25 Euro) grund­
sätzlich keine Autorisierung,
etwa durch PIN-Eingabe, erfor­
derlich. Bisherige Untersuchun­
gen deuten darauf hin, dass
— eine korrekte Bedienung
vorausgesetzt — durchschnitt­
liche Bezahlzeiten zwischen
zehn und 15 Sekunden zu er­
warten sind, sofern keine Au­
torisierung erforderlich ist. Mir
ist bislang jedoch keine Studie
bekannt, die Auskunft darüber
geben würde, welche Zahlun­
gen — ob mit Bargeld oder
Karte — und in welchen Be­
tragshöhen durch kontaktlose
Zahlungen ersetzt werden.
Es ist somit nicht das Bargeld
„die harte Nuss, die es zu kna­
cken gilt“ (Artikel, Seite 41).
Bargeld ist das meist genutzte
Zahlungsmittel der Deutschen
und das trotz der Vielfalt an
Zahlungsinstrumenten, die
heutzutage den Verbrauche­
rinnen und Verbrauchern zur
Verfügung steht.
In drei von vier Fällen entschei­
det sich der Kunde an der Kasse
für eine Zahlung mit Bargeld.
Und warum? In der Zahlungs­
verhaltensstudie der Deut­
schen Bundesbank aus dem
Jahr 2018 wurden Eigenschaf­
ten, die für die Menschen bei
der Wahl ihrer bevorzugten
Zahlungsmittel unverzichtbar
oder ziemlich wichtig sind,
abgefragt. Dabei stechen Si­
cherheit vor Verlust, ein guter
Überblick über die Ausgaben,
einfache Nutzung und Ver­
trautheit ebenso wie die Wah­
rung der Privatsphäre hervor.
Und fast alle diese Kriterien er­
füllt Bargeld nach wie vor mit
großem Abstand am besten.
88 Prozent der Bevölkerung
möchten auch in Zukunft un­
verändert die Möglichkeit ha­
ben, mit Bargeld zu zahlen.
Daher ist Bargeld ein unver­
zichtbarer Bestandteil des
Portfolios an Zahlungsinstru­
menten.
Stefan Hardt,
Leiter des Zentralbereichs
Bargeld, Deutsche Bundesbank
Frankfurt am Main
© Colourbox.de / Pressmaster
Quellenverzeichnis:
Deutsche Bundesbank (2018).
„Zahlungsverhalten in
Deutschland (2017). Vierte
Studie über die Verwendung
von Bargeld und unbaren
Zahlungsinstrumenten“
Deutsche Bundesbank (2019).
„Kosten der Bargeldzahlung
im Einzelhandel – Studie zur
Ermittlung und Bewertung
der Kosten, die durch die Bar-
geldzahlung im Einzelhandel
verursacht werden.“
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