dbb magazin 6/2019 - page 29

standpunkt
Zeitaufwand als auch von
den Anforderungen her der
des Pressesprechers oder
der Pressesprecherin immer
mehr an.
<<
Wie besetzt man
solche Stellen?
Viele Behörden setzen sys­
tembedingt auf interne Kräfte.
Das kann klappen: Möglicher­
weise haben Sie intern Männer
und Frauen, die schon Social-
Media-Kenntnisse und Erfah­
rungen in behördlicher Öffent­
lichkeitsarbeit mitbringen.
Fortbildungen helfen, wenn
die nötige Begeisterung für das
Medium und ausreichende Un­
terstützung von oben da ist.
Doch was ist, wenn Ihnen in­
tern die Expertise fehlt und Sie
jemanden von extern einstel­
len möchten? Oder wenn Sie
von vornherein meiner Emp­
fehlung folgen, für die Aufgabe
gemischte Teams zusammen­
zustellen? Dann sollten Sie sich
unbedingt ein paar Dinge be­
achten. Denn: Social-Media-
Expertinnen und -Experten, die
sich einerseits mit politischen
und gesellschaftlichen Themen
auskennen, andererseits aber
auch Kommunikationsprofis
sind, sind rar und werden der­
zeit überall gesucht.
<<
Als Behörde gute
Leute bekommen
Beim Gehalt können Behörden
durchaus mit Parteien und
Verbänden konkurrieren. Doch
„Digital Natives“ legen auch
auf andere Faktoren Wert. Mit
einem sicheren Job allein kann
man sie nicht locken.
<<
Externe Bewerbersuche:
drei wichtige Tipps
1.
Vermeiden Sie in der Stellen­
ausschreibung Jobbezeichnun­
gen wie „Sachbearbeiter(in) für
Social Media“. Ja, der Begriff
beschreibt die Laufbahn und
muss daher genannt werden.
Er klingt für diejenigen, die Sie
suchen, aber maximal unsexy
und gehört daher ins Kleinge­
druckte. Im Social-Media-Be­
reich spricht man vom/von der
Social-Media-Manager(in), So­
cial-Media-Redakteur(in) oder
auch Social-Media-Verantwort­
lichem(r). Formulieren Sie den
Titel der Stellenanzeige in die­
sem Sinne. In Bundes- und Lan­
desbehörden wiederum sollten
die Stellen im höheren Dienst
angesiedelt sein.
2.
Um soziale Netzwerke
betreuen zu können, wird
Infrastruktur benötigt, die
in Behörden nicht unbedingt
zur Standardausstattung für
jede(n) Mitarbeiter(in) gehört:
Smartphone, Tablet, Kamera,
Grafiktools. Außerdemmuss
nicht nur der Internetzugang
vom Arbeitsplatz aus uneinge­
schränkt möglich sein, sondern
es ist auch diverse spezielle
Software nötig. Zeigen Sie
unbedingt Bereitschaft, den
Arbeitsplatz adäquat auszu­
statten – Sie werden Kommu­
nikationsprofis sonst entweder
gar nicht erst bekommen oder
verzweifelt dazu treiben, ihre
eigenen Geräte mitzubringen.
In meinen Beratungen und
Schulungen treffe ich oft auf
Social-Media-Verantwortliche
in Behörden, die diesen Punkt
bemängeln. Auch eine aktuelle
McKinsey-Studie hat ergeben,
dass Absolventinnen und Ab­
solventen den öffentlichen
Dienst oftmals deshalb mei­
den, weil sie dort kein innova­
tives Arbeitsumfeld vorfinden.
Idealerweise sollten Sie auch
auf Kernzeiten verzichten und
mobiles Arbeiten/Homeoffice
anbieten – „Digital Natives“
haben in ihren vorherigen Jobs
oftmals schon so gearbeitet
und mögen keine starre Prä­
senzkultur.
3.
Stellen Sie sicher, dass der/
die Social Media-Verantwortli­
che Ihrer Behörde in der inter­
nen Hierarchie den gleichen
Stellenwert wie der/die Pres­
sesprecher(in) bekommt – das
betrifft die Besoldungsgruppe
ebenso wie den Zugang zu In­
formationen, gegebenenfalls
eine Führungsposition und die
Funktion, die Leitung in Social-
Media-Fragen zu beraten. In
Zeitungsredaktionen wurden
die „Onliner“ früher belächelt,
heute arbeiten sie mit den
Print-Kolleginnen und -Kolle­
gen auf Augenhöhe zusam­
men. Auch Behörden müssen
diese innerhierarchische Be­
vorzugung von „Print“ über­
winden, die viele qualifizierte
Kommunikatorinnen und
Kommunikatoren im Online-
Bereich der Behörden unzu­
frieden macht. Die Schaffung
der richtigen Strukturen si­
chert Ihnen auf lange Sicht
professionelle Kommunikati­
on „mit einer Stimme“ und
unabhängig von Kanälen.
Werben Sie bei Ihrer Bewerbe­
rin oder Ihrem Bewerber aktiv
damit, dass Sie dies verstan­
den haben.
Wenn Sie diese Punkte beach­
ten, können Sie mit der oben
genannten Konkurrenz mithal­
ten. Das Gute ist: Sie kosten
kein beziehungsweise wenig
Geld, sondern „nur“ ein Um­
denken. Packen Sie es an und
lassen Sie mich in Zukunft kei­
ne Social-Media-Stellenanzei­
gen mehr sehen, die mir die
Tränen in die Augen treiben.
Christiane Germann
<<
Die Autorin ...
... ist Social-Media-Beraterin
für Behörden und Institutio­
nen. Sie arbeitete rund 15
Jahre im öffentlichen Dienst
und baute in mehreren Bun­
desbehörden die Social-Me­
dia-Kommunikation mit auf.
2018 gründete sie die Amt
2.0 Akademie, die Behörden
und ihre Führungskräfte im
richtigen Umgang mit sozia­
len Netzwerken schult.
© Henning Schacht
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