frauen
dbb bundesfrauenvertretung
Gleichstellungsdruck erhöhen
Die Bundesregierung hat sich in ih
rem Koalitionsvertrag ein wichtiges
Ziel gesetzt. Bis 2025 soll die gleich
berechtigte Teilhabe von Frauen und
Männern in Leitungsfunktionen des
öffentlichen Dienstes erreicht sein.
Angesichts des zähen Fortschritts
kann man die Politikschaffenden
nicht oft genug an die Umsetzung
ihrer Zielvereinbarung erinnern. Kurz
vor Ostern hatte die Bundestagsfrak
tion Bündnis 90/Die Grünen dies mit
einer Kleinen Anfrage nachdrücklich
getan. Die Antwort der Bundesregie
rung (19/9204) zeigt die noch offe
nen Baustellen deutlich auf.
Die Fragen der Bundestagsab
geordneten der Fraktion Bünd
nis 90/Die Grünen sind aus
Sicht der dbb bundesfrauenver
tretung wohlüberlegt formu
liert. „Neben der detaillierten
Auflistung der Neubesetzung
von Führungspositionen in den
obersten Bundesbehörden nach
Geschlecht seit dem Amtsan
tritt der Bundesregierung wur
de auch nach konkreten Maß
nahmen zur Verbesserung der
Aufstiegschancen gefragt. Un
sere hartnäckige Forderung
nach mehr Transparenz in die
ser Thematik scheint bei den
handelnden Personen ange
kommen zu sein. Die Antwort
der Bundesregierung ist über
raschend detailliert und legt
offen, woran es bei der Um
setzung der Gleichstellung in
den obersten Bundesbehörden
hakt“, betont Helene Wildfeuer,
Vorsitzende der dbb bundes
frauenvertretung.
Laut den Angaben der Bundes
regierung wurden seit den Bun
destagswahlen 2017 knapp
viermal so viele Männer wie
Frauen ins Amt eines beamte
ten Staatssekretärs befördert.
Auf der Ebene der Abteilungs
leitungen waren es über ein
Drittel mehr Männer als Frau
en, die neu in diese Führungs
ebene aufstiegen. Interessant
ist auch ein Blick auf die Auf
stiegsverfahren nach § 27 der
Bundeslaufbahnverordnung,
der es ermöglicht, besonders
leistungsstarke Beamtinnen
und Beamte abweichend von
§ 17 Abs. 3 bis 5 des Bundesbe
amtengesetzes zu befördern.
So wurden fast doppelt so viele
Männer wie Frauen aufgrund
ihrer besonderen Leistungs
stärke in den Bundesministeri
en befördert. Würden die Ver
fahren der Bundesbank in der
Auswertung berücksichtigt, er
gäbe sich ein dramatisch
schlechteres Bild: Allein im hö
heren Dienst wurden dort 18
Verfahren durchgeführt, bei
denen männliche Beschäftigte
befördert wurden. Lediglich
drei Verfahren betrafen weibli
che Beschäftigte. Auf der Suche
nach den Gründen liefert die
Kleine Anfrage auch hier einen
wichtigen Hinweis. In der letz
ten Beurteilungsrunde in den
obersten Bundesbehörden
(ohne Bundesbank, Bundes
kanzleramt und Bundespräsidi
alamt) erhielten im höheren
Dienst 232 Frauen und 297
Männer die Bestnote.
<<
Behördenkultur behin-
dert Frauenförderung
Auffällig ist, dass die Leistung
von weiblichen Beschäftigten
im höheren Dienst in jenen
obersten Bundesbehörden häu
figer mit der Bestnote bewertet
wurde, in denen der Frauenan
teil höher war als der Männer
anteil. Das lässt Rückschlüsse
zu, dass die Behördenkultur bei
der dienstlichen Beurteilung
eine entscheidende Rolle spielt.
Ein genauer Blick in die Auflis
tung zeigt auch, welche Behör
den einen Kulturwandel anstre
ben beziehungsweise bereits
vollzogen haben. Dies spiegelt
sich vor allem auch in den Anga
ben zummobilen und flexiblen
Arbeiten in den jeweiligen Res
sorts wider.
Die Behörden gehen dabei sehr
unterschiedlich vor. Die Spanne
der Regelungen reicht von der
grundsätzlichen Einführung
des mobilen Arbeitens für alle
Beschäftigten gekoppelt an
individuelle Teamvereinba
rungen (Bundesministerium
für Familie, Senioren, Frauen
und Jugend – BMFSFJ, Bundes-
ministerium für Arbeit und So
ziales – BMAS) über komplexe
Regelungen mit eingeschränk
ten mobilen Arbeitszeitkontin
genten (Bundesministerium
des Innern – BMI, Bundeswirt
schaftsministerium – BMWi)
bis hin zu sehr eingeschränk
tem beziehungsweise an spezi
elle Tätigkeiten oder familiäre
Situationen gebundenemmo
bilen Arbeiten (Bundesverteidi
gungsministerium – BMVg).
Auffällig ist, dass in Bundesmi
nisterien mit höherem Frauen
anteil mobiles und flexibles Ar
beiten teilweise sogar für alle
Beschäftigten möglich ist.
„Leider bleiben die progres
siven Vorreiter bisher in der
Minderheit“, kritisierte Helene
Wildfeuer. Positiv sei jedoch,
dass viele Bundesministerien
sich an den Pionieren orien
tierten und Pilotprojekte zum
generellen mobilen Arbeiten
durchführten. Ein behörden
übergreifendes Grundkonzept
oder gar ein gezielt von der
Bundesregierung gesteuertes
Vorgehen zur Entwicklung ei
ner einheitlichen Behördenkul
tur im Bundesdienst sei jedoch
nicht zu erkennen.
Den Angaben der Bundesregie
rung zufolge arbeite man an
einem Referentenentwurf zur
Umsetzung der im Koalitions
vertrag vereinbarten Maßnah
men für mehr Frauen in Füh
rungspositionen. „Jetzt gilt es,
den Druck zu erhöhen. Nicht
nur muss das angekündigte
Gesetz so schnell wie möglich
vorgelegt und verabschiedet,
sondern auch mit wirksamen,
praxisorientierten Maßnah
men unterlegt werden. Wir
werden hier nicht lockerlas
sen“, so Wildfeuer.
bas
© Colourbox.de
24
dbb
>
dbb magazin | Juni 2019