dbb magazin 6/2019 - page 20

wissenschaftsjahr 2019
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Webtipp
Weitere Informationen
über die KI-Ausstellung auf
der „MS Wissenschaft“:
Fahrtverlauf mit allen wichtige
Verkehrsvorkommnissen mit
einer freundlichen Frauenstim-
me kommentiert und ihre
Entscheidungen zum Lang­
samer- oder Schnellerfahren
begründet.
„Nur dann, wenn eine KI in der
Lage ist, genauso wie es ein
Mensch tut, zu erklären, war-
um Entscheidungen getroffen
werden, sind wir als Nutzer
und Nutzerinnen oder als Teil
der Gesellschaft in der Lage,
Entscheidungen zu bewerten,
und gewinnen so Vertrauen in
die Systeme“, erklärt Prof. Pipa.
Um genau dieses Vertrauen
gehe es im Ausstellungsexpo-
nat. Besucherinnen und Besu-
cher können auf der „MS Wis-
senschaft“ in einer virtuellen
Realität ihre eigene Erfahrung
machen: Wie es sich anfühlt,
wenn selbstfahrende Autos
ihre Entscheidungen erklären.
„Wir arbeiten sozusagen an der
nächsten KI-Generation. Wirk-
lich intelligente Systeme, die
den Menschen Vertrauen bei-
spielsweise in die Sicherheit
selbstfahrender Autos einflö-
ßen, müssen in der Lage sein,
die ihnen eingegebenen Lö-
sungsmöglichkeiten neu zu-
sammenzufügen. Wir machen
beinahe täglich die Erfahrung,
dass das Lernen-Lassen von
KI langwierig und manchmal
auch ziemlich frustrierend sein
kann“, berichtet Gordon Pipa
aus seinemWissenschftlerall-
tag. „Von der oft befürchteten
Ausbildung eines KI-Bewusst-
seins sind wir Lichtjahre ent-
fernt. Wir wissen ja bis heute
noch nicht einmal genau, was
menschliches Bewusstsein ei-
gentlich ist“, sagt der Biologe
und Neuroinformatiker.
Neben der Uni Osnabrück, des-
sen Exponat durch die Deut-
sche Forschungsgemeinschaft
(DFG) aus vielen Bewerbern
ausgewählt wurde, können die
Besucher der „MS Wissen-
schaft“ Exponate der Fraun­
hofer- und Max-Planck-Gesell-
schaft sowie Universitäten,
wie zum Beispiel der TU Berlin
oder der Uni Heidelberg erle-
ben. Schulen und Gruppen
können sich für Führungen an-
melden und Künstliche Intelli-
genz gemeinsam live erfahren.
Unterstützt werden sie dabei
von den Ausstellungslotsen:
Studierende und junge Wissen-
schaftlerinnen und Wissen-
schaftlern aus allen an der
KI-Forschung beteiligten Dis­
ziplinen, die die Intentionen
der Exponate erklären und zum
Mitmachen einladen.
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Körperliche Intelligenz
imitieren
Ein weiteres Faszinosum der
Ausstellung ist die pneumati-
sche Hand, mit deren Hilfe die
Forschungsgruppe „Informati-
onstheorie kognitiver Syste-
me“ vomMax-Planck-Institut
für Mathematik in den Natur-
wissenschaften in Leipzig und
das „Robotics and Biology Labo-
ratory“ der TU Berlin Robotern
auf lange Sicht menschliche
Greiffähigkeit zu vermitteln
versucht. „Wir versuchen, die
körperliche Intelligenz, mit der
unsere Hände jeden Gegen-
stand richtig ergreifen und
damit hantieren, in Rechen­
prozesse zu übertragen“, er-
kärt Prof. Nihat Ay vomMax-
Planck-Institut. Um die Berech-
nungen in Bewegung umzu­
setzen, nutzt das Forscher-
team eine an der TU Berlin ent-
wickelte weiche RBO-Hand, die
sich deutlich von den verwen-
deten herkömmlichen Roboter-
greifern unterscheidet. Wäh-
rend diese auf immer gleiche,
bestimmte Anwendungen pro-
grammiert sind, um zum Bei-
spiel ein spezielles Bauteil für
die Autoproduktion mit vorher
definierter Kraft zu greifen und
ins Auto einsetzen, soll die KI
der Leipziger Hand lernen,
Gegenstände mit unterschied-
licher Struktur und Lage zu
greifen und zu bewegen, ohne
sie zu zerquetschen.
Dass derartige „weiche Hände“
ganz konkret Anwendung
etwa in der industriellen Ferti-
gung finden könnten, sei eine
Art wissenschftliches Neben-
produkt ihrer Forschungen,
verrät Professor Ay. „Uns geht
es vor allem darum zu verste-
hen, wie die Psychobiologie ei-
ner Hand funktioniert und wie
die Unangestrengtheit, mit der
unser Gehirn den Greifvorgang
zwar steuert, ihn aber der Er-
fahrungsintelligenz unserer
Hand anvertraut, so auf die KI
übertragen werden kann, dass
auch dort nur eine geringe
Rechnenleistung abgefordert
wird“, erläutert der Mathema-
tiker.
br/cri
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Die pneumatische Hand ist das Exponat, das vom Leipziger Max-Planck-
Institut für Mathematik in den Naturwissenschaften in der Wissen-
schaftsausstellung präsentiert wird. Prof Nihad Ay forscht mit seinem
Team, wie sich menschliche Körperintelligenz auf KI übertragen lässt.
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