Bund und Kommunen
Ablehnung eines Altersteilzeitantrags
Die Beschränkung der Möglichkeit zur Ablehnung von Altersteilzeitanträgen auf „dringende dienstliche beziehungsweise betriebliche Gründe“ in Absatz 3 des § 2 TV ATZ bezieht sich auf den in Absatz 2 genannten Kreis der Arbeitnehmer ab einem Alter von 60 Jahren, die ansonsten einen Anspruch auf Altersteilzeit haben. Das hat das Landesarbeitsgericht Hamburg mit Urteil vom 26. Juli 2000 klargestellt.
Der Fall
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die 57-jährige Klägerin ist bei der Finanzbehörde der Beklagten beschäftigt. Ihren Antrag auf Vereinbarung eines Altersteilzeitverhältnisses lehnte die Beklagte mit folgender Begründung ab:
Hintergrund hierfür ist, dass der arbeitsmarktpolitische Effekt dieser Regelung, die ausschließlich auf Nachbesetzungen im Tarifbereich abstellt, in der Steuerverwaltung nicht erreicht wird. Nachbesetzungen freiwerdender Stellen im Angestelltenbereich sind im Hinblick auf die Haushaltslage auf längere Sicht nicht geplant. Für die Finanzverwaltung steht die Übernahme der ausgebildeten Nachwuchskräfte im Beamtenbereich im Vordergrund. Daher besteht leider keine Möglichkeit für die Anwendung des Altersteilzeitgesetzes.
Die Klägerin beanstandete, dass die Beklagte bei der Entscheidung über ihren Antrag, in Wahrheit eine Ermessensentscheidung, ihr Ermessen gar nicht ausgeübt habe. Die Beklagte hätte auch gegenüber einer 55 bis 59 Jahre alten Angestellten (sofern die übrigen Voraussetzungen vorliegen) den Antrag auf Altersteilzeit nur ablehnen dürfen, wenn Sie dringende dienstliche beziehungsweise betriebliche Gründe hätte geltend machen können. Als solche aber seien die vorgetragenen Gründe, insbesondere haushaltspolitische Erwägungen, nicht ausreichend.
Die Entscheidung
Dieser Argumentation folgte das Landesarbeitsgericht Hamburg nicht. Nach Ansicht des Gerichts bezieht und beschränkt sich der Anwendungsbereich des § 2 Absatz 3 TV ATZ auf den zweiten Absatz und erstreckt sich nicht auf den ersten Absatz dieser Norm. Das ergebe die Auslegung.
Die auszulegende Norm des § 2 TV ATZ hat folgenden Wortlaut:
(1) Der Arbeitgeber kann mit vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern, die das 55. Lebensjahr und eine Beschäftigungszeit von fünf Jahren vollendet haben und in den letzten fünf Jahren an mindestens 1.080 Kalendertagen mit der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit beschäftigt waren, die Änderung des Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes vereinbaren.
(2) Arbeitnehmer, die das 60. Lebensjahr vollendet haben und die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllen, haben Anspruch auf Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses. Der Arbeitnehmer hat den Arbeitgeber drei Monate vor dem Beginn der Altersteilzeit über die Geltendmachung des Anspruchs zu informieren.
(3) Der Arbeitgeber kann die Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ablehnen, soweit dringende dienstliche beziehungsweise betriebliche Gründe entgegenstehen.
Diese Einschränkung, dass die Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses abgelehnt werden kann, wenn dringende dienstliche beziehungsweise betriebliche Gründe entgegenstehen, ergibt nun nach Ansicht des Landesarbeitsgerichtes Hamburg einen Sinn allein in Bezug auf den im zweiten Absatz normierten Anspruch des Arbeitnehmers. Angewendet auf die Kann-Vorschrift des ersten Absatzes käme man zu dem Ergebnis, dass letztlich doch ein Anspruch auf Altersteilzeit bestünde, sofern nur keine dringenden dienstlichen beziehungsweise betrieblichen Gründe vorlägen oder aber im Rechtsstreit nicht schlüssig vorgetragen oder nicht bewiesen werden könnten. Lägen solche Gründe vor, könnte der Arbeitgeber das Verlangen nach Altersteilzeit zurückweisen. Lägen sie nicht vor, müsste er eine entsprechende Vereinbarung treffen. Dieses Auslegungsergebnis sei mehr als merkwürdig, weil von dem durch eine Kann-Vorschrift eingeräumten Ermessen nichts mehr übrig bliebe. Die zunächst in den beiden ersten Absätzen getroffene Unterscheidung verlöre ihren Sinn, wenn die Kann-Vorschrift des Absatzes 1 durch den Absatz 3 wieder eingeschränkt würde. Nach den oben dargelegten Grundsätzen sei daher allein die von der Beklagten favorisierte Auslegung richtig. Sie sei vor allem vernünftig, zweckorientiert und praktisch brauchbar.
Die nach § 2 Absatz 1 TV ATZ von der Beklagten getroffene Kann-Entscheidung entspreche auch billigem Ermessen. Weil die Beklagte im Bereich der Finanzverwaltung die Vorgabe des TV ATZ nicht erfüllen kann (keine Nachbesetzung freiwerdender Stellen im Angestelltenbereich für steuerlich qualifizierte Aufgaben), wäre es ihr nicht möglich, Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit nach dem Altersteilzeitgesetz zu beanspruchen. Die durch das Ausscheiden der Klägerin verursachten zusätzlichen Kosten würden mithin ausschließlich zu Lasten des Personalkostenbudgets der Oberfinanzdirektion gehen. Dieser Gesichtspunkt stelle in Verbindung mit der Entscheidung, Nachbesetzungen im Bereich der Steuerverwaltung nur mit Beamten vorzunehmen, einen Sachgrund dar. Die Ermessensentscheidung sei auch nicht deshalb fehlerhaft, weil sich die Beklagte dabei auf generelle Gesichtspunkte stützt. Eine Ermessensentscheidung der Verwaltung könne durchaus auch ausschließlich auf generellen Gesichtspunkten beruhen.