Ausgestaltung der mobilen Arbeit auch ohne Betriebsratsbeteiligung?
Der Betriebsrat hat die Ausgestaltung der mobilen Arbeit mitzubestimmen. Das Mitbestimmungsrecht erstreckt sich jedoch nur auf Fragen des „Wie“, nicht auf das „Ob“ der Einführung mobiler Arbeit (LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30. Januar 2024, Aktenzeichen 8 TaBV 748/23).
Der Fall
Der Betriebsrat macht im Beschlussverfahren gegen die Arbeitgebende einen Unterlassungsanspruch geltend. Der Arbeitgebenden soll aufgegeben werden, es zu unterlassen, bestimmte einschränkende Anordnungen bezüglich der Genehmigung mobiler Arbeit im Betrieb zu treffen, solange der Betriebsrat nicht zugestimmt oder die Einigungsstelle die Zustimmung ersetzt hat. Die Beteiligten schlossen bereits im Mai 2021 eine „Betriebsvereinbarung Mobiles Arbeiten“. Mit E-Mail von Januar 2023 wurden die Führungskräfte der Arbeitgebenden mit dem Betreff „Mobiles Arbeiten / Freigabe ab Februar 2023“ über eine Anpassung der Betriebsvereinbarung informiert und zur entsprechenden Umsetzung aufgefordert. Demnach sollte es für Mobile Arbeitstage einer finalen Zustimmung der Geschäftsleitung bedürfen, ein Arbeitstag pro Woche sollte nach Antrag freigegeben werden. Jeder weitere Tag bräuchte aber einer gesonderten Begründung und primär sollte die Anwesenheit im Werk zu gewährleisten sein. Der Vorsitzende des Betriebsrats bat den Arbeitgebenden schriftlich darum, die Anweisung zurückzuziehen. Letztendlich machte der Betriebsrat den Unterlassungsanspruch gerichtlich geltend. Die Arbeitgebende beantragte die Abweisung und argumentierte, dass kein Verstoß gegen die Vereinbarungen vorliege und keine mitbestimmungspflichtige Maßnahme des Betriebsrats gegeben sei. In erster Instanz folgte das Arbeitsgericht Frankfurt (Oder) weitestgehend der Auffassung des Betriebsrats. Gegen diesen Beschluss hat die Arbeitgebende Beschwerde eingelegt.
Die Entscheidung
Die Beschwerde ist nicht begründet. Das LAG Berlin-Brandenburg hat entschieden, dass in erster Instanz zu Recht ein Unterlassungsanspruch des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 14 und § 77 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) in Verbindung mit der „Betriebsvereinbarung Mobiles Arbeiten“ bejaht wurde.
Nach § 77 Absatz 1 Satz 1 BetrVG ist der Arbeitgebende zur Durchführung von Betriebsvereinbarungen verpflichtet. Daraus und aus der ergänzenden Auslegung der Betriebsvereinbarung folgt ein Durchführungsanspruch des Betriebsrats. Die Arbeitgebende hat hier dahingehend betriebsvereinbarungswidrig gehandelt, dass sie einseitig anordnet, Anträgen auf mobile Arbeit erst ab dem zweiten Tag pro Woche nur mit besonderer Begründung stattzugeben und dass primär die Anwesenheit im Werk zu gewährleisten sei. Die einzigen Voraussetzungen für die Gewährung mobiler Arbeit sind nach § 3
der Betriebsvereinbarung die Geeignetheit der Tätigkeit und das Vorhandensein technischer Ausstattung. Dabei handelt es sich um abschließende Voraussetzungen.
Etwas anderes folgt auch nicht aus der Vorschrift bezüglich der Formulierung zur Ermöglichung mobiler Arbeit „sofern die Gegebenheiten dies zulassen“. Die Formulierung „Gegebenheiten“ bezieht sich ebenfalls auf das Vorliegen der beiden Voraussetzungen der Geeignetheit und dem Vorhandensein der technischen Ausstattung. Die von der Arbeitgebenden statuierten weiteren Voraussetzungen und Beschrän-kungen können daher nicht ergänzend in die Betriebsvereinbarung hineingelesen werden.
Zudem ergibt sich für den Betriebsrat ein Anspruch auf Mitbestimmung aus § 87 Absatz 1 Nummer 14 BetrVG. Nach dieser Vorschrift hat der Betriebsrat bei Verstößen einen Unterlassensanspruch gegen den Arbeitgebenden. Der Betriebsrat hat über die Ausgestaltung mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird, mitzubestimmen, soweit eine tarifliche oder gesetzliche Regelung nicht besteht. Unter das Mitbestimmungsrecht fallen auch Regelungen zu konkreten Anwesenheitspflichten sowie zum zeitlichen Umfang der mobilen Arbeit. In dieses Recht hat die Arbeitgebende eingegriffen, indem sie die Betriebsvereinbarung einseitig anpasste und damit auf die Umgestaltung der Rechtslage hinsichtlich des „Wie“ der mobilen Arbeit abzielte.
Das Fazit
Der Mitbestimmungstatbestand nach § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG wurde erst im Jahr 2021 durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz eingeführt. Die Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg steht im Einklang mit der Gesetzesbegründung und ist konsequent. Arbeitgebende sind gleichermaßen zur Beachtung der bestehenden Betriebsvereinbarungen verpflichtet und können diese nicht einseitig ändern oder beschränken.