Bund und Kommunen
Bezahlte Pausenzeiten im Atommülllager bei Arbeit unter Tage
Müssen im Bergbau beschäftigte Arbeitnehmende ihre Pausenzeiten unter Tage verbringen, haben sie Anspruch darauf, dass diese vergütet werden (BAG, Urteil vom 11. Dezember 2019, Aktenzeichen 5 AZR 579/18).
Der Fall
Der Kläger war bei einer Zeitarbeitsfirma beschäftigt und im Wege der Arbeitnehmerüberlassung in der Zeit vom 16. Juni 2014 bis zum 22. Dezember 2017 als schichtführende Aufsichtsperson in einem Atommülllager unter Tage eingesetzt. In der Schachtanlage waren radioaktive Abfälle aus den 70er Jahren eingelagert. Die Anlage sollte stillgelegt und zuvor die radioaktiven Abfälle wieder zurückgeholt werden. Hierfür müssen verschiedene Erkundungen mittels Probebohrungen durchgeführt und radiologisch überwacht sowie Schuttmaterial abtransportiert werden. Der Kläger war für die Organisation und Durchführung von Probeentnahmen und deren Auswertung verantwortlich. Die Pausen verbrachte er unter Tage in einem Container. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangte der Kläger von der Arbeitgeberin die Bezahlung der Pausenzeiten in Höhe von 6.109 Euro für insgesamt 246 Stunden. Er meint, dass sich der Vergütungsanspruch aus § 2 Abs. 1 Satz 2 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) ergibt, wonach im Bergbau unter Tage Ruhepausen zur Arbeitszeit zählen. Denn die in der Anlage zu verrichtenden Arbeiten einschließlich seiner Tätigkeiten unterfielen nach seiner Auffassung dem Begriff Bergbau. Die Beklagte hingegen ist der Ansicht, dass „ohne Arbeit kein Lohn“ zu zahlen und § 2 ArbZG nicht einschlägig sei. Denn Bergbau meint allein das Aufsuchen, Erschließen, Gewinnen und Aufbereiten von Bodenschätzen unter Zuhilfenahme technischer Mittel. Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg und das Bundesarbeitsgericht (BAG) gaben der Klage statt, so dass die Beklagte die beanspruchte Vergütung zahlen musste.
Die Entscheidung
Das BAG führt aus, dass Pausen Unterbrechungen der Arbeit sind, in denen Arbeitnehmende weder Arbeit zu leisten noch sich für sie bereitzuhalten haben und frei über die Nutzung des Zeitraums bestimmen können. Diese Anforderungen erfüllen die Pausen im Bergbau unter Tage aber nicht. Denn der Erholungswert sei hier eingeschränkt, da die Beschäftigten gerade nicht entscheiden können, wo und wie sie ihre Pause verbringen wollen. Zudem gebe es keine frische Luft und kein Tageslicht. Daher ist im ArbZG geregelt, dass im Bergbau Pausen unter Tage ausnahmsweise zur Arbeitszeit zählen, so das BAG. Streitig war auch, ob Atommülllager und die dazugehörigen Tätigkeiten unter den Begriff Bergbau fallen. Das ArbZG definiert den Begriff Bergbau nicht und auch die Rückholung von Atommüllfässern ist im Bundesberggesetz (BBergG) nicht aufgeführt. Allerdings meint das BAG, dass die dort genannten Tätigkeiten nicht abschließend sind. Klar sei jedenfalls, dass man für das Betreiben und die Stilllegung von Untertagedeponien zwingend bergbaurechtliche Fachkenntnisse benötigt, die der Kläger besitzt. Zudem übt er nach Auffassung des Gerichts auch typische Bergbau-Tätigkeiten aus. Insofern sind die Voraussetzungen des § 2 ArbZG erfüllt. Da es keine besonderen Regelungen zur Vergütung durch Arbeits- oder Tarifvertrag gibt, müssen die Pausen als reguläre Arbeitszeit gezahlt werden.
Das Fazit
Es ist richtig, dass im Bergbau Pausenzeiten unter Tage als Arbeitszeit zählen. Denn die Belastungen und Einschränkungen, die damit einhergehen, treten bei Pausen über Tage nicht auf. Insoweit muss der eingeschränkte Erholungswert anderweitig ausgeglichen werden.