Hinterbliebenenversorgung für eingetragene Lebenspartner

Die Ungleichbehandlung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft bei der betrieblichen Hinterbliebenenversorgung im Öffentlichen Dienst ist verfassungswidrig. (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 7. Juli 2009 - 1 BvR 1164/07)

Der Fall

Der Beschwerdeführer ist seit 1977 im Öffentlichen Dienst beschäftigt. Er ist bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) zusatzversichert. Die Satzung der VBL, die auf dem Altersversorgungstarifvertrag für den Öffentlichen Dienst (ATV) beruht, sieht eine Hinterbliebenenversorgung nur für den Fall vor, dass der Versicherte in einer Ehe gelebt hat. Seit dem Jahr 2001 lebt der Beschwerdeführer in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Im Wege einer Klage verfolgte er das Ziel, dass seinem eingetragenen Lebenspartner im Falle seines Ablebens eine Hinterbliebenenrente wie eine Witwer- und Witwenrente gewährt wird. Die Klage hatte auch in letzter Instanz vor dem BGH keinen Erfolg. Der Beschwerdeführer legte daraufhin bei dem Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde ein und machte geltend, durch die ablehnenden Gerichtsentscheidungen in seinen Grundrechten verletzt zu sein.

Die Entscheidung

Die Verfassungsbeschwerde hatte Erfolg. Die Ungleichbehandlung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft im Bereich der betrieblichen Hinterbliebenenversorgung stellt einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG dar. Eine Ungleichbehandlung lässt sich nicht mit einem Hinweis auf das im Grundgesetz verankerte Schutzgebot der Ehe rechtfertigen. Aus diesem Schutzgebot lässt sich nicht das Gebot herleiten, andere Lebensformen zu benachteiligen. Eine Hinterbliebenenversorgung ist darauf ausgerichtet, die Versorgungslücke zu schließen, die im Falle des Ablebens des Versicherten bei den Personen entsteht, die von dem Versicherten versorgt oder mitversorgt wurden. Eine solche Versorgungslücke kann sowohl bei Ehen als auch bei eingetragenen Lebenspartnerschaften auftreten. Des Weiteren geht die Argumentation des BGH, dass bei einer Ehe ein erhöhter Versorgungsbedarf aufgrund von Kindererziehungszeiten bestehe, an der Lebenswirklichkeit vorbei. Denn nicht in jeder Ehe sind Kinder vorhanden und nicht jede Ehe ist auf Kinder ausgerichtet. Andererseits wachsen mittlerweile in mehr als einem Sechstel aller eingetragenen Lebenspartnerschaften in Deutschland Kinder auf. Ein erhöhter Versorgungsbedarf aufgrund von Kindererziehungszeiten kann daher bei Ehen und eingetragenen Lebenspartnerschaften gleichermaßen auftreten. Die der Ungleichbehandlung zugrunde liegende Satzungsregelung der VBL ist verfassungswidrig und daher unwirksam.

Das Fazit

Im Rahmen der Tarifverhandlungen über die Altersversorgungstarifverträge im Öffentlichen Dienst hatten die Gewerkschaften wiederholt darauf hinzuwirken versucht, eingetragene Lebenspartnerschaften in die Hinterbliebenenversorgung einzubeziehen, um eine Ungleichbehandlung in diesem Bereich zu vermeiden. Diese Forderung konnte jedoch im Rahmen der notwendigen Kompromissfindung nicht durchgesetzt werden. Die vorliegende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts könnte nun zum Anlass genommen werden, verfassungsgemäße Neuregelungen für die Hinterbliebenenversorgung zu finden. Die Entscheidung geht zudem in eine ähnliche Richtung wie die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts, die in Bezug auf die Versorgungsanstalt der deutschen Bühnen entschieden hatten, dass die Nichtgewährung von Hinterbliebenenversorgung im Rahmen eines berufsständischen Versorgungssystems an eingetragene Lebenspartner, deren rechtliche Situation in Deutschland inzwischen mit der von Ehepartnern vergleichbar ist, eine unmittelbare Diskriminierung wegen der sexuellen Identität darstellt und damit gegen europäisches Recht und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verstößt.

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