Bund und Kommunen
Kein Schadensersatz nach AGG bei offensichtlich fehlender Eignung
Ein Stellenbewerber kann keine Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz wegen diskriminierender Stellenausschreibung geltend machen, wenn er das Anforderungsprofil für die Stelle offensichtlich nicht erfüllt. Eine rechtsmissbräuchliche Bewerbung, die nur dem Zweck der anschließenden Geltendmachung einer Entschädigung nach dem AGG dient, liegt nur dann vor, wenn die Umstände des Einzelfalls dies ergeben. (LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 9. Dezember 2008 - 5 Sa 286/08)
Der Fall
Der im Jahr 1965 geborene Kläger verfügt über eine abgeschlossene Berufsausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann und war seit einigen Jahren arbeitslos. Vor seiner Arbeitslosigkeit führte er als selbstständiger Kaufmann ein Unternehmen bis zu dessen Insolvenz. Er bewarb sich auf eine Stellenanzeige der Beklagten, in der diese ein/e „jüngere/n Buchhalter/in…mit mehrjähriger Berufserfahrung“ suchte. Seine Bewerbung war erfolglos. Mit seiner Klage machte der Kläger eine Entschädigung in Höhe von 40.000 Euro wegen Altersdiskriminierung geltend. Die Beklagte brachte vor, dass der Kläger die Voraussetzungen für die Stelle nicht erfülle und sich außerdem nur deshalb beworben habe, um anschließend eine Entschädigungszahlung geltend machen zu können. Dies sei rechtsmissbräuchlich. Im September 2008 waren mehr als 36 weitere Entschädigungsklagen des Klägers mit teilweise identischer Formulierung bei verschiedenen Gerichten anhängig.
Die Entscheidung
Die Klage hatte keinen Erfolg.
Zwar ist die Stellenausschreibung der Beklagten diskriminierend, da sie nur „jüngere“ Personen anspricht und damit alle Personen ausschließt, die nicht „jünger“ sind. Jedoch hat der Kläger, obwohl er nicht mehr zu den „jüngeren“ Personen zählt, keinen Anspruch auf eine Entschädigungszahlung nach AGG. Denn er ist für die ausgeschriebene Arbeitsstelle objektiv nicht geeignet. Die Beklagte suchte einen Buchhalter beziehungsweise eine Buchhalterin mit mehrjähriger Berufserfahrung. Das Profil des Beklagten stimmt mit diesen Anforderungen nicht überein. Darüber hinaus bestehen Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Bewerbung. Zwar spricht es nicht gegen den Kläger, dass er sich auf eine Vielzahl von Arbeitsstellen beworben hat. Auch die Geltendmachung von Rechten aus dem AGG steht ihm nach dem Gesetz zu. Jedoch deuten die Umstände des Einzelfalls auf eine rechtsmissbräuchliche Geltendmachung dieser Rechte hin. Denn der Kläger hat sich auf eine große Zahl von Stellen mit unterschiedlichem Anforderungsprofil beworben und anschließend mit ähnlich lautenden Schreiben Entschädigungsansprüche geltend gemacht. Im vorliegenden Fall hätte er erkennen können, dass er für die ausgeschriebene Stelle nicht geeignet war. Auch die Höhe der Entschädigungsforderung ist im Hinblick auf die Tatsache, dass der Kläger gar kein Buchhalter ist, als überzogen anzusehen.
Das Fazit
Das AGG hat zum Ziel, Benachteiligungen aus Gründen der „Rasse“, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen. Bei einem Verstoß gegen dieses Benachteiligungsverbot kann der Arbeitgeber zu einer Zahlung von Schadensersatz sowie zu einer Entschädigung für Nichtvermögensschäden verpflichtet sein. Das LAG hat mit der vorliegenden Entscheidung klargestellt, dass im Einzelfall keine Ansprüche bestehen, wenn ein Bewerber objektiv nicht für die Stelle geeignet ist und die Bewerbung mit dem Ziel der anschließenden Geltendmachung von Ansprüchen aus dem AGG erfolgt ist.