Bund und Kommunen
Verkürzung der Stufenlaufzeit – Gleichbehandlungsgrundsatz im Arbeitsrecht
§ 17 Abs. 2 Satz 1 TVöD-V gewährt dem Beschäftigten, der erheblich über dem Durchschnitt liegende Leistungen erbracht hat, keinen Anspruch auf einen vorgezogenen Stufenaufstieg, sondern steckt lediglich den Rahmen ab, innerhalb dessen der Arbeitgeber sein ihm tariflich eröffnetes Ermessen wahrnehmen kann (BAG, Urteil vom 9. Juni 2016, Aktenzeichen 6 AZR 321/15).
Der Fall
Die Klägerin ist seit dem 1. Januar 2009 bei dem beklagten Landkreis beschäftigt. Sie wird als Fallmanagerin in einem Jobcenter eingesetzt, das der beklagte Landkreis zur einheitlichen Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende als gemeinsame Einrichtung mit der Bundesagentur für Arbeit gebildet hat. Auf ihr Arbeitsverhältnis findet der TVöD Anwendung. Die Klägerin wurde im Oktober 2013 aufgrund ihrer erheblich über dem Durchschnitt liegenden Leistungen für das vorzeitige Vorrücken in den Stufen vorgeschlagen. Sie war zu diesem Zeitpunkt der Entgeltgruppe 10 Stufe 3 zugeordnet. Der reguläre Stufenaufstieg stand für den 1. Oktober 2014 an. Im Januar 2014 teilte die Geschäftsführerin des Jobcenters der Klägerin mit, beim beklagten Landkreis fehle eine Dienstvereinbarung zur leistungsorientierten Bezahlung. Deshalb sei die Umsetzung der Regelungen des TVöD zur Stufenregelung und zum Leistungsentgelt nicht möglich. Für bei der Bundesagentur für Arbeit angestellte Mitarbeiter des Jobcenters entschied die Geschäftsführerin des Jobcenters dagegen in der Vergangenheit positiv über Stufenlaufzeitverkürzungen.
Die Entscheidung
Das BAG entschied zugunsten des beklagten Landkreises. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Verkürzung der Stufenlaufzeit. § 17 Abs. 2 Satz 1 TVöD gewährt dem Beschäftigten, der erheblich über dem Durchschnitt liegende Leistungen erbracht hat, keinen Anspruch auf einen vorgezogenen Stufenaufstieg. Die Bestimmung steckt nur den Rahmen ab, innerhalb dessen der Arbeitgeber sein ihm tariflich eröffnetes Ermessen und das damit verbundene Leistungsbestimmungsrecht wahrnehmen kann. Zu den durch § 17 Abs. 2 Satz 1 TVöD eröffneten Entscheidungsmöglichkeiten gehört auch die Entscheidung, gänzlich von Laufzeitverkürzungen abzusehen. Nach Auffassung des BAG lag in dem vorliegenden Fall auch keine Diskriminierung vor, wenn die Geschäftsführerin stets positiv bei Beschäftigten der Bundesagentur für Arbeit entschied, da der Grundsatz der Gleichbehandlung lediglich im Rahmen des gleichen Arbeitgebers gilt. Sie war auch nicht verpflichtet, die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten des einen Trägers an den Bedingungen des anderen Trägers auszurichten.
Das Fazit
Auf den ersten Blick erscheint es ungerecht, dass im vorliegenden Fall das Aufrücken in die nächste Stufe bei vergleichbarer über dem Durchschnitt liegender Leistung davon abhängt, ob der Beschäftigte von der Bundesagentur für Arbeit oder von einem kommunalen Träger kommt. Das BAG begründet die unterschiedliche Handhabung beim vorgezogenen Stufenaufstieg innerhalb eines Jobcenters unter anderem damit, dass die Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes im Arbeitsrecht nur im Verhältnis zu demselben Arbeitgeber gilt. Da das Jobcenter keine eigenen Arbeitnehmer hat, sondern ihm diese von den beiden Trägern, der Bundesagentur für Arbeit einerseits und dem kommunalen Träger andererseits, zugewiesen werden, gelten für beide Beschäftigtengruppen unterschiedliche Arbeitsbedingungen. Zudem unterscheiden sich die Regelungen zur Verkürzung der Stufenlaufzeit in § 17 Abs. 2
TVöD und § 19 TV-BA. Die Regelung und das Verfahren der Stufenlaufzeitverkürzung im TV-BA ist detaillierter ausgestaltet und eröffnet eine größere Transparenz im Beurteilungsverfahren. Dass eine Angleichung der Vorschriften beider Träger erforderlich ist, hat der Gesetzgeber von Anfang an gesehen. Bereits in der Gesetzesbegründung zu § 44g Abs. 3 und 4 Sozialgesetzbuch (SGB) II werden die Bundesagentur für Arbeit, die kommunalen Träger sowie die Gewerkschaften aufgefordert, möglichst einen bundesweit einheitlichen Tarifvertrag für die den gemeinsamen Einrichtungen zugewiesenen Beschäftigten auszuhandeln. Ein einheitlicher Tarifvertrag scheitert bislang an dem Widerstand der Kommunen.