Bund und Kommunen
Zweimalige Verringerung der Arbeitszeit während der Elternzeit
Einvernehmliche Elternteilzeitregelungen sind nicht auf den Anspruch auf zweimalige Verringerung der Arbeitszeit nach § 15 Abs. 7 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) anzurechnen (BAG, Urteil vom 19. Februar 2013, Aktenzeichen 9 AZR 461/11).
Der Fall
Die Klägerin ist seit 2006 bei der Beklagten in Vollzeit beschäftigt. Sie brachte am 5. Juni 2008 ein Kind zur Welt und nahm zunächst für die Dauer von zwei Jahren bis zum 4. Juni 2010 Elternzeit in Anspruch. Am 3. Dezember 2008 vereinbarten die Parteien die Verringerung der Arbeitszeit für den Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Mai 2009 auf wöchentlich 15 Stunden und für die Zeit vom 1. Juni 2009 bis zum Ende der Elternzeit am 4. Juni 2010 auf wöchentlich 20 Stunden. Mit Schreiben vom 7. April 2010 nahm die Klägerin ab dem 5. Juni 2010 bis zur Vollendung des dritten Lebensjahrs ihres Kindes erneut Elternzeit in Anspruch und beantragte gleichzeitig, wie bisher 20 Stunden wöchentlich zu arbeiten. Die Beklagte lehnte dies ab und erklärte, dass für das Unternehmen nur noch eine Vollzeittätigkeit oder eine Reduzierung der Arbeitszeit während der Elternzeit auf Null in Betracht käme. Dies begründete die Beklagte unter anderem damit, dass aufgrund einer bevorstehenden Umstrukturierung weitere Aufgaben auf die Klägerin zukämen. Das Arbeitsgericht hat die Beklagte verurteilt, das Angebot der Klägerin auf entsprechende Vertragsänderung anzunehmen. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Hiergegen legte die Klägerin Revision vor dem BAG ein.
Die Entscheidung
Das BAG gab der Klägerin recht. Dem Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit steht die einvernehmliche Vereinbarung der Parteien vom 3. Dezember 2008 nicht entgegen. Der Anspruch auf Arbeitszeitverringerung während der Elternzeit ergibt sich aus § 15 BEEG. Danach besteht bei einer Betriebsgröße von mehr als 15 Arbeitnehmern und nach einer Beschäftigungszeit von mehr als sechs Monaten ein Anspruch auf Teilzeitarbeit, der nur ausgeschlossen ist, wenn "dringende betriebliche Gründe" entgegenstehen. Während der Elternzeit kann man gemäß § 15 Abs. 5 Satz 1 BEEG beim Arbeitgeber eine Verringerung der Arbeitszeit beantragen. Über einen solchen Antrag sollen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer innerhalb von vier Wochen einigen. Soweit eine Einigung über den Arbeitnehmerantrag nicht zustande kommt, können die Arbeitnehmer gemäß § 15 Abs. 6 BEEG unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 7 BEEG während der Gesamtdauer ihrer Elternzeit zweimal eine Verringerung der Arbeitszeit beanspruchen.
Das Fazit
Die Entscheidung des BAG ist zu begrüßen. Sie stärkt den Anspruch von Müttern und Vätern auf zweimalige Arbeitszeitverringerung aus § 15 Abs.6 BEEG, weil dieser Anspruch künftig nicht davon abhängt, ob es vor der beanspruchten Teilzeitvereinbarung bereits einvernehmliche Teilzeitregelungen gab oder nicht. Eltern können ihren Anspruch auf Teilzeitarbeit künftig auch dann noch zweimal gegen den Willen des Arbeitgebers durchsetzen, wenn es zuvor bereits eine einvernehmliche Arbeitszeitreduzierung während der Elternzeit gab. Viele Eltern sind in den ersten drei Lebensjahren des Kindes oftmals gezwungen, flexibel auf gewisse Umstände wie zum Beispiel Betreuungssituation oder Entwicklung des Kindes zu reagieren. Nicht alle Fragen können schon bei der Geburt des Kindes beziehungsweise zu dem Zeitpunkt beantwortet werden, wenn man sich mit seinem Arbeitgeber über eine Teilzeittätigkeit innerhalb der Elternzeit einigt.